Lange waren Katzen die beliebtesten Tiere des Internets. Man konnte sich vor sogenanntem «Cat Content» kaum retten, verschickte Katzen-Memes und schaute Katzenvideos, Grumpy Cat bekam einen Fernsehfilm und eine Wachsfigur bei Madame Tussdauds. In Deutschland fand 2016 ein Katzenvideo-Festival statt.  

2015 haben wir den Büsi daher auch einen Artikel gewidmet und versucht zu eruieren, wo die digitale Obsession mit Katzen herrührt (lesen Sie hier unsere Schlussfolgerungen). Nun ist es Zeit, uns den Hunden zuzuwenden. Denn diese haben in jüngster Zeit die Macht übernommen. Die «Kittehz» und «Lolcats», wie sie im Internet-Slang heissen, wurden von den «Doggos» und den «Puppers» auf den zweiten Platz verdrängt.

Davon zeugt allein schon ein Blick auf die Google-Such-Trends. Waren in den Nullerjahren die «Lolcats» weltweit noch ungemein populär, werden sie heute kaum mehr gegoogelt. Seit 2016 sind dafür die Begriffe «Doggo» und «Pupper» auf dem Vormarsch. 

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  Grafik erstellt mit Google Trends

Auch bei den Videos ist der Fall klar. Während Hundevideos sich schon seit jeher grosser Beliebtheit erfreuen, geht die Schere seit Mitte 2016 deutlich auseinander: Beim Begriff «dog video» zeigt die Kurve nach oben, bei «cat video» dagegen nach unten. 

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  Grafik erstellt mit Google Trends

 

Weitere Indizien für die hündische Machtübernahme liefert die Plattform Reddit. Im dortigen Unterforum «aww» (die englische Entsprechung von «jööh»), das über 20 Millionen Mitglieder zählt, befindet sich auf Platz 1 der beliebtesten Posts aller Zeiten zwar ein kleines Fröschlein. Die Plätze 2 bis 6 gehen aber allesamt an Hunde. Danach folgt ein Mädchen, das ihr neugeborenes Schwesterchen zum ersten Mal hält und eine Schlange, die einen Schlangen-Pullover trägt (ja, das sieht so aus, wie Sie es sich gerade vorstellen). Abgeschlagen auf Platz 9 erscheint die erste Katze. Die Beiträge wurden alle innerhalb des letzten Jahres gepostet. 

Eine klare Sprache spricht auch das Foto-Netzwerk Instagram. So gibt es dort unter dem Hashtag #cat 174 Millionen Posts. Unter dem Hashtag #dog wurden aber ganze 216 Millionen Posts hochgeladen. Dem Hunde-Trend konnte sich auch das amerikanische Wörterbuch Merriam-Webster nicht entziehen: Es widmete dem aufstrebenden Begriff «Doggo» Ende Dezember 2018 einen Blog-Eintrag und kündigte an, dass es die Entwicklung des Wortes genau beobachten werde.

Hunde bieten Trost
Aber nicht nur Merriam-Webster beschäftigt sich mit dem Wechsel. Auch renommierte Medien wie die «New York Times», der «Guardian» und die BBC und viele andere haben schon darüber berichtet. Dass Katzen einst nicht mehr das meistgeliebte Internet-Tier sein würden, damit hat eigentlich niemand gerechnet. Als Erklärung kommen die Berichte alle mehr oder weniger zum gleichen Schluss: In chaotischen Zeiten, wie wir sie gerade erleben, spenden uns Hunde Trost. Da wollen wir keine eigenwilligen Katzen mehr sehen, die sowieso machen, was sie wollen. Wir wollen bedingunslose Liebe, wie nur Hunde sie geben können.

Das sagt zum Beispiel Kate Miltner, amerikanische Doktorandin, die Internet-Memes erforscht, im Online-Magazin «good.is»: «Hunde sind da für uns, um sie zu lieben.» Der Grund, weshalb wir Trost und Liebe brauchen, sehen vor allem die US-Medien in Donald Trump. Es sei kein Zufall, dass der Hunde-Trend im Internet 2016 seinen Anfang nahm, schreibt beispielsweise die News-Website «Salon». Es ist das Jahr, in dem Trump gewählt wurde. Aber auch in anderen Ländern seien nationalistische Bewegungen auf dem Vormarsch. Generell habe sich der Umgangston im Internet verschärft, in den Kommentarspalten dominierten der Hass und die Trolle. War es früher der «charmante Zynismus» (BBC) der Katzen, der uns zu ihnen hinzog, so sind wir heute den Hunden verfallen, weil «sie Unschuld repräsentieren», wie Forscherin Miltner sagt. «Sie sind das Gegenteil von kontrovers.»

Der Twitter-Account «WeRateDogs» gibt allen eingesendeten Hunden eine mehr als gute Note. Mit seinem Spruch «They're good dogs, Brent» (es sind gute Hunde, Brent), traf er im September 2016 einen Nerv und trat einen Hype los (Video: bessyboo):

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Professionelle Posts
Ebenfalls eine Rolle spiele die Professionalisierung des Internets, sagt die Journalistin Amanda Hess in einem Video der «New York Times». «Lange Zeit galt das Internet als eine Art unpolitischer Spielplatz, auf dem verrückte Sachen passieren, komplett losgelöst vom wirklichen Leben.» Wer passt da besser dazu als Katzen, die zwar süss, aber gleichzeitig kleine Anarchisten sind? «Katzen bedeuten Chaos ohne Konsequenzen», sagt Hess – denn obwohl sie mit ihren Pfötchen gerne Sachen herunterschubsen, ernsthaften Schaden anrichten können sie nicht.

Heute allerdings sorgen grosse Firmen für Ordnung im Netz und schöpfen seinen Wert ab. Mit Posts lässt sich Geld machen. Selbst unschuldig scheinende Memes werden oft professionell geplant und umgesetzt. Hunde seien dafür besser geeignet, denn liessen sich trainieren, sie performten vor Publikum und liessen sich in lustige Kostüme stecken. «Katzen machen das nicht mit», sagt Hess.

Im deutschen Sprachraum allerdings scheint der Trend noch nicht angekommen zu sein. Hier erfreuen sich Katzenvideos nach wie vor grosser Beliebtheit, obwohl es im April bei der Google-Suche nach ihnen einen Abfall gab. Allerdings wurde auch nach Hundevideos weniger gesucht.

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Grafik erstellt mit Google Trends

 

Und wie ein Blick auf den Länder-Vergleich zeigt: Vor allem die Schweizer halten den Büsi die Treue – schliesslich sind sie hierzulande mit 1,4 Millionen Exemplaren auch das beliebteste Haustier.

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Grafik erstellt mit Google Trends