Wohin wir auch gehen, ständig werden wir dazu aufgefordert, irgendetwas zu kaufen. Versicherungen, Autos, Kosmetik – Werbung ist überall. Wir werden so permanent von Werbung berieselt, dass sie uns schon gar nicht mehr auffällt. Dafür fällt es umso mehr auf, wenn sie dann plötzlich einmal fehlt.

Wie in der Londoner U-Bahn-Station Clapham Common. Dort regieren seit anderthalb Wochen Büsis. Das neu gegründete Künstlerkollektiv «Glimpse» hat für zwei Wochen alle 68 Werbeplätze gekauft und mit Plakaten von Katzen ersetzt. 

Glimpse-Gründer James Turner sagt dazu in einer Medienmitteilung: «Wir versuchten uns eine Welt vorzustellen, in der man sich im öffentlichen Raum wohlfühlt. Wir hoffen, dass die Leute es geniessen, in der U-Bahn-Station zu sein und vielleicht anfangen, ein bisschen anders über die Welt um sie herum zu denken. Anstatt dazu aufzufordern, etwas zu kaufen, fordern wir Sie dazu auf, darüber nachzudenken, was wirklich wertvoll ist in Ihrem Leben. Es sind vielleicht nicht Katzen, aber bestimmt ist es etwas, was man nicht in einen Geschäft kaufen kann.»

Geld per Crowdfunding gesammelt
Das Geld für die Aktion haben die Künstler mittels Crowdfunding gesammelt. 23'131 britische Pfund kamen zusammen – das sind umgerechnet 29'426 Franken. Wem das nach ein bisschen wenig vorkommt für eine ganze Tube-Station, vergleiche mit den aktuellen Preisen der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG), die in der Schweiz Werbeplätze verkauft. Die Station Clapham Common befindet sich im Südwesten Londons, ein gutes Stück entfernt vom viel besuchten Zentrum der Stadt. Bei der APG kostet in Zürich, Basel, Bern und anderen Städten ein grosses Plakat in den äusseren Zonen für zwei Wochen 405 bis 507 Franken, ein kleineres, hochformatiges 343 bis 432 Franken. Die Glimpse-Künstler bezahlten in der Clapham Common Station durchschnittlich 433 Franken pro Plakat.

Da diese Aktion also nicht gerade günstig und nur durch Spenden zustande gekommen ist, wollte Glimpse natürlich auch entsprechend Aufmerksamkeit erregen. Deshalb habe man Katzen ausgewählt, wie Gründer James Turner auf seinem Blog zugibt. «Wir wollten diese Sache berühmt machen, also brauchten wir etwas, das das Internet lieben würde. Die Antwort war offensichtlich: Katzen.»

Katzen stammen aus Tierheimen
Einige der abgebildeten Katzen gehören Menschen, die das Projekt mit einer Spende von mehr als 100 Pfund unterstützt hatten. Die meisten Büsis stammen aber aus zwei verschiedenen Londoner Tierheimen und suchen noch ein neues Zuhause. Die Tierheime zeigen sich darüber sehr erfreut. «Wir kümmern uns um über 3000 gerettete Katzen pro Jahr», sagt Lindsay Quinlan vom Battersea Cats & Dogs Home in der Medienmitteilung von Glimpse. «Hoffentlich spornt diese Kampagne mehr Leute dazu an, unsere Zentren zu besuchen und eines unserer Tiere zu adoptieren.»