Armer Samba. Bereits zum dritten Mal in Folge ist das Auge des jungen Katers zur Hälfte mit einer dünnen weissen Schicht überdeckt. Es handelt sich um einen sogenannten «Nickhaut-Vorfall», wie Besitzerin Nicole Siegrist inzwischen weiss – und ist Grund genug für einen Termin beim Tierarzt.

Laut Jürg Bolliger, Tierfacharzt für Augenerkrankungen an der Tierklinik Mittelland in Oftringen haben die meisten Haustiere eine Nickhaut, auch drittes Augenlid genannt. Die Nickhaut, oder Membrana nictitans, ist eine Bindehautfalte am inneren Augenwinkel. Sie beinhaltet eine Tränendrüse und einen Stützknorpel und dient als Schutzmembran. «Ist das Katzenauge wegen einer Hornhautverletzung, einem Fremdkörper oder einer inneren Augenentzündung beeinträchtigt, kann sie vorfallen und die Linse ganz oder teilweise bedecken», erklärt Bolliger. «Zusätzlich kann wässriger, schleimiger oder eitriger Ausfluss aus dem Auge tränen.»

Dass Kater Samba dem Tierarzt vorgestellt wurde, ist laut Bolliger wichtig: «Ein Nickhautvorfall kann schwerwiegende Ursachen haben.» Hinzu kommt, dass der Vierbeiner durch die vorgeschobene Nickhaut in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Selbst ein einmaliger Nickhautvorfall kann sich negativ auf das Sehvermögen einer empfindlichen Katze auswirken.

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Unterschiedliche Auslöser

Eine ungewöhnlich vorgelagerte Nickhaut ist keine Erkrankung, sondern ein Symptom. Auslöser können verschiedene Krankheiten sein. Je nach Ursache kommt ein Nickhautvorfall einseitig oder beidseitig vor. Ist der Vorfall einseitig, stimmt meist etwas mit dem betroffenen Auge nicht. «Dabei handelt es ich häufig um eine Bindehautentzündung als Folge einer Rangelei unter Katzen. Aber auch neurologische Probleme, etwa wegen einer Mittelohrentzündung, sind möglich, das sogenannte Horner-Syndrom», sagt der Facharzt und ergänzt: «In seltenen Fällen sind Tumore im Bereich der Nickhaut oder in der Augenhöhle die Auslöser.» Es kommt auch vor, dass sich keine eindeutige Ursache ermitteln lässt oder der Vorfall spontan wieder abheilt.

Von einem Haw-Syndrom sprechen die Fachleute, wenn ein beidseitiger Nickhautvorfall ohne weitere Krankheitssymptome vorliegt. «Dafür verantwortlich können Magen-Darm-Probleme sein, verursacht etwa durch einen Parasitenbefall.» Ferner kann ein beidseitiger Nickhautvorfall auf einen schlechten Allgemeinzustand der Katze hinweisen, oder es liegt eine Viruserkrankung vor. Psychische Probleme wie Stress und Belastungen gelten neben den organischen Ursachen als Auslöser.

Zunächst untersucht der Veterinär / die Veterinärin die Katze auf eine bestehende Krankheit als Ursache, um dann je nach Diagnose eine Therapie festzulegen. Bolliger ergänzt: «Sehr häufig sind Verletzungen an Horn- und Bindehaut, die eine Antibiotikatherapie erfordern. Ist das Auge entzündet, sind entzündungshemmende Medikamente nötig (siehe Box). Herpesvirusinfektionen behandelt man mit Virostatika, einem antiviralen Medikament.»

Richtig applizierenUnabhängig von der genauen Ursache des Nickhautvorfalles umfasst eine Therapie am Auge der Katze häufig die Abgabe von Tropfen und Salben. Grundsätzlich darf lediglich ein Tropfen pro Auge appliziert werden. Sind verschiedene Augentropfen gleichzeitig nötig, sollte man zwischen der Abgabe fünf Minuten warten.

Achtung: Augentropfen haben immer den Vorrang vor Augensalben. Und: Die Medikamente werden direkt auf die Augenoberfläche appliziert. Zum Einbringen zieht man das Oberlid der Katze behutsam etwas nach oben und hebt den Kopf des Büsis sanft an.

In der Folge kann man die Tropfen oder die Salbe direkt auf das Unterlid geben. Die Flaschen- und Salbenspitze, aber auch die Augenoberfläche der Katze sollte dabei auf keinen Fall mit den Fingern berührt werden.

Schutzimpfung und entwurmen

Und er fügt an: «Liegt ein beidseitiger Nickhautvorfall ohne Augenprobleme oder Krankheitssymptome vor, entwurmen wir den Vierbeiner. In vielen Fällen verschwindet der Nickhautvorfall in wenigen Wochen.» Da ein Nickhautvorfall viele Ursachen haben kann, sind vorbeugende Massnahmen nur begrenzt möglich. Gegen häufige Auslöser empfiehlt Bolliger Folgendes: «Um die Gefahr eines Katzenschnupfens und so eines gängigen Erregers zu verhindern, raten wir zu regelmässigen Schutzimpfungen. Auch wiederholtes Entwurmen, etwa viermal jährlich, und Parasitenbehandlungen beugen gegen eine weitere, häufige Ursache vor.» Wichtig sei überdies darauf zu achten, dass sich die Katze wohlfühlt und sich völlig angst- und stressfrei bewegen könne.

Das Auge von Kater Samba wird aktuell mit Augentropfen behandelt und ist auf dem Weg zur Besserung. Welche Ursachen in seinem Fall vorliegen, ist noch unklar.