Ein eigenes Haus mit grossem Garten. Das wünschen sich die meisten Haustierbesitzer. Hier stört es keinen Nachbarn, wenn der Hund mal bellt. Hier kann die Katze ins Freie, ohne gleich vom Hauswart auf die Strasse gescheucht zu werden. Hier lässt sich für ein paar Meerschweinchen ein schönes Gehege im Freien einrichten. 

Doch nicht jedermann ist solch ein Luxus vergönnt. Die Schweiz ist ein Volk von Mietern. Im Jahr 2017 wohnten laut dem Bundesamt für Statistik 2,2 Millionen Haushalte in einer Mietwohnung. Und für Tierhalter ist die Wohnungssuche nicht ganz einfach. Nicht nur, weil nun einmal einen Garten braucht, wer Hühner halten will. Sondern auch, weil Haustiere in vielen Wohnungen schlicht unerwünscht sind.

Auf homegate.ch, einer der grössten Wohnungsplattformen der Schweiz etwa, fanden sich am Stichtag dieser Recherche, dem 11. März, 427 freie Dreizimmerwohnungen im Kanton Zürich. Bei einer Einschränkung der Suche auf Wohnungen, in denen Haustiere erlaubt sind, blieben gerade noch 121. Im Kanton Aargau ging das Angebot von 251 auf 67 zurück, im Kanton Bern von 297 auf 60. 

Gutes Gefühl, bittere Enttäuschung
Diese Erfahrung hat auch Anne Heiniger* gemacht. Die Lehrerin aus dem Kanton
Luzern sucht seit etwas mehr als zwei Monaten für sich und ihren Border Collie eine neue Wohnung. «Eigentlich möchte ich in der Stadt Luzern wohnen», sagt sie, «aber auf den Portalen habe ich gemerkt, dass das Kriterium ‹Haustiere erlaubt› das Angebot derart einschränkt, dass ich meinen Suchradius vergrös­sern muss.»

Für zwei Wohnungen hat sie sich bisher beworben. Bei der einen bekam sie eine
Absage, die allerdings nichts mit ihrem Hund zu tun hatte. Die andere, erzählt sie, wäre perfekt gewesen – im Erdgeschoss, mit direktem Zugang zu einem grossen Garten. «Das Vermieterehepaar lud mich auf einen Kaffee ein und ich hatte eigentlich ein gutes Gefühl.» 

Doch schon bald drehte sich das Gespräch um den Hund. Darum, dass es «halt schon noch ein grosser» sei – und darum, wie das dann mit der Waschküche laufe. «Ich merkte, dass die Vermieter Angst hatten vor Hundehaaren in der Waschmaschine und im Tumbler», erzählt Heiniger. Trotzdem war sie nach dem Treffen optimistisch: «Wir diskutierten sogar noch die Möglichkeit, dass ich eine eigene Waschmaschine in die Wohnung bekommen würde. Ich rechnete eigentlich mit einer Zusage.»

Umso grösser war ihre Enttäuschung, als sie ein paar Tage später einen negativen Entscheid erhielt. «Die beiden begründeten ihre Absage mit den Hundehaaren in der Waschküche – nicht zuletzt, weil es im Block auch Familien mit Babys gebe», erzählt Heiniger. Sie habe ein gewisses Verständnis dafür, dass Vermieter Vorbehalte hätten gegenüber Haustieren, zum Beispiel weil sie einen bellenden Hund im Haus befürchteten. «Aber insgesamt», sagt sie, «führt das dazu, dass man als Tierhalter sehr eingeschränkt ist bei der Wohnungssuche.»

Das Problem für Heiniger und Tausende anderer Haustierhalterinnen und -halter: Es gibt in der Schweiz keine gesetzliche Regelung, die besagen würde, dass Mieterinnen und Mieter Tiere in die Wohnung bringen dürfen. Das bedeutet: Die Frage ist letztlich dem Vermieter überlassen. Will er zum Beispiel keine Hunde in seinen Wohnungen haben, ist es sein gutes Recht, dies in den Mietverträgen so niederzuschreiben. 

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Ein Schwein im Wohnzimmer?
Allerdings gilt dies nur für grössere Tiere mit einem gewissen Störpotenzial wie Hunde, Katzen mit Auslauf, Papageien oder Schlangen. Unproblematische Kleintiere wie Meerschweinchen, Hamster, Zierfische oder Kanarienvögel sind in jedem Fall erlaubt. Jedenfalls soweit sich ihre Anzahl in Grenzen hält und sie nicht zu Klagen Anlass geben. Wohnungskatzen sind ein Grenzfall: Einige Mietrechtsexperten zählen sie heute zu den unproblematischen, auf jeden Fall erlaubten Kleintieren, andere nicht.

Beim Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband gibt es immer wieder mal Anfragen zum Thema «Tiere in Wohnungen». 2019 seien es 40 Anfragen gewesen, 2018 deren 36, sagt Fabian Gloor, Mediensprecher für mietrechtliche Themen beim Mieterverband. Verglichen mit anderen Themen sei dies aber relativ wenig. Ähnlich sieht es beim Schweizerischen Hauseigentümerverband (HEV) aus. HEV-Jurist Thomas Oberle hat zwar keine Zahlen, spricht aber ebenfalls von einem Thema, «das ab und zu wieder mal kommt».

Zu Fragen oder Streitereien Anlass geben laut Oberle am ehesten Hunde. «Ein klassischer Fall ist zum Beispiel, dass ein Mieter seinen Hund allein in der Wohnung zurücklässt und dieser dann mit seinem Gebell die Nachbarn stört. Oder dass Mitmieter Angst vor einem Hund in dem Gebäude haben.» Aber auch Katzen sorgen ab und zu für rote Köpfe: Die eine macht ihr Geschäft dort, wo sie nicht sollte, die andere zerkratzt einen Parkettboden oder die Tapete. Zum Teil gebe es auch kuriose Anliegen, erzählt Oberle. «Ich weiss von einem Fall, in dem ein Mieter fragte, ob er ein Schwein in der Wohnung halten dürfe.»

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Auf der anderen Seite gebe es auch traurige Fälle, sagt Fabian Gloor vom Mieterverband. «Zum Beispiel einen Mieter, der einen Hund kauft, ohne sich viel zu überlegen. Als der Vermieter ihn darauf hinweist, dass er in der Wohnung gar keinen Hund halten darf, fällt er aus allen Wolken – und muss den Hund wieder zurückgeben.» Deshalb, sagt Gloor, sei es als Mieter immer wichtig, vorher abzuklären, was erlaubt sei und was nicht.

Klare Regeln helfen
Helfen dabei können klare Regelungen, die sowohl der Mieterverband als auch der Hauseigentümerverband befürworten. Der HEV empfehle seinen Mitgliedern, in die Mietverträge den Zusatz aufzunehmen, dass Haustiere generell einer Einwilligung bedürften, sagt Thomas Oberle. So gebe es für jedes Tier eine Abmachung und es komme zu weniger Missverständnissen.

Der Mieterverband seinerseits empfiehlt Mitgliedern, mit dem Vermieter einen Vertragszusatz für Haustiere abzuschliessen. Darin verpflichtet sich der Mieter, im Umgang mit seinem Tier die Hausordnung einzuhalten und auf die Mitmieter Rücksicht zu nehmen – also zum Beispiel den Hund in der Überbauung stets zu beaufsichtigen oder sich an der Beseitigung von allfälligem Kot seiner Katze auf dem Kinderspielplatz zu beteiligen. 

Ein wichtiger Punkt sei auch die klare Regelung bei Schäden. «Wir stellen fest, dass Vermieter zum Teil unsicher sind, was gilt, wenn eine Katze die Abnützung eines Teppichs erhöht oder wenn sie an der Türe markiert», sagt Fabian Gloor. «Solche Unsicherheiten kann man mit dem Vertrag ausräumen.»

Thomas Oberle stimmt dem zu. Er gibt aber zu bedenken, dass es trotzdem sein könne, dass ein Teil der Kosten am Vermieter hängen bleibe. «Wenn ein Mieter mit einem Haustier einen 20-jährigen Bodenbelag in miserablem Zustand hinterlässt, muss der Vermieter unter Umständen den Ersatz selber bezahlen, weil der Belag die laut Mietrecht geltende Lebensdauer erreicht hat. Hätte der Mieter mehr Sorge getragen, könnte man den Belag vielleicht noch ein paar Jahre weiternutzen.»

Mietfragen wie jene nach der Lebensdauer von Bodenbelägen sind für Anne Heiniger noch in weiter Ferne. Sie hofft erst einmal auf ihren nächsten Besichtigungstermin: eine Wohnung auf einem Bauernhof ausserhalb Luzerns. In so einer Umgebung, sollte man meinen, müsste ein Haustier willkommen sein.

* Name geändert