Das private Forschungsbüro Econcept hat den Sachkundenachweis (SKN) für Hundehalter unter die Lupe genommen. Die Schlussfolgerungen sind brisant. Ein allfälliger Entscheid zur Weiterführung der Ausbildungspflicht lasse sich mit den Daten nicht begründen, schreiben die Forscher an das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Die Studie hat gezeigt: Beweise für den Nutzen des SKN-Obligatoriums gibt es nicht. Es fehlen in vielen Kantonen zuverlässige Zahlen und Statistiken. Erfasst werden nur Unfälle mit Hunden und Tierschutzfälle, bei beiden ist seit der Einführung des SKN-Obligatoriums für Hundehalter 2010 keine Veränderung erkennbar.

Die Pflicht zum SKN besteht aus zwei Teilen: Wer noch nie einen Hund besass, muss einen Theoriekurs besuchen. Kommt ein neuer Hund ins Haus, muss jeder Besitzer, auch der, der schon Hunde hatte, einen Praxiskurs absolvieren. Der Theoriekurs muss abgeschlossen werden, bevor man einen Hund kauft. Anfängerinnen und Anfänger sollen zuerst ein paar Grundsätze kennenlernen und sich klar werden, was für ein Hund in Frage kommt. In der Praxis funktioniert dies kaum: 59 Prozent der befragten Hundehalter haben den Kurs absolviert, nachdem sie den Hund gekauft hatten. Auf den Rat erfahrener Ausbildner haben sie demnach verzichtet – und sich möglicherweise für die falsche Rasse entschieden. 75 Prozent der Kursbesucherinnen und -besucher finden den Kurs nutzlos für die Hundewahl.

Jeder fünfte Hundehalter drückt sich
Nach dem Kurs beurteilen 90 Prozent der Hundehalter die Qualität positiv. Die Fachleute der kantonalen Veterinärämter sind erheblich kritischer, nur knapp die Hälfte der Befragten finden die Kurse gut oder eher gut. Kritik gibt es vor allem am Praxiskurs. Er sei viel zu kurz (vier Lektionen, in einzelnen Kantonen etwas mehr) und verleite zur Annahme, jetzt sei der Hund erzogen. Immerhin besuchen 40 Prozent der Teilnehmer  freiwillig weitere Kurse. Ein Vorschlag lautet, den Praxiskurs neu zu gestalten. Heute treffen sich hier Anfänger, die noch nie einen Hund hatten, und erfahrene Hündeler, die bloss in den Kurs kommen, weil sie ein neues Tier übernommen haben. Die Bedürfnisse dieser Gruppen sind nicht die gleichen. 

Mindestens 20 Prozent der zum Kursbesuch verpflichteten Personen drücken sich allerdings überhaupt darum. Was dann geschieht, ist vom Kanton und von der Gemeinde abhängig. Echte Sanktionen gibt es selten, den Ämtern ist der Aufwand zu gross, die rechtlichen Handhaben sind dünn, sofern der Hund nicht gerade einen Beissunfall verursacht hat oder ein Tierschutzverfahren läuft.

Qualitätsunterschiede
Noch nicht zu genügen vermögen Ausbildung und Kontrolle der Kursleiter. Rund 2500 davon sind beim BLV registriert, die meisten sind erst im Geschäft, seit es diese obligatorischen Kurse gibt. Die Ausbildungsstätten, welche diese Trainerinnen und Trainer schulen, müssen auf die Qualität und auf die Qualifikation der Referenten hin überprüft werden. Drei Viertel der kantonalen Veterinärämter sind jedoch unzufrieden. Der Inhalt und die Qualität der Kurse seien sehr verschieden. Kontrollen müssten vermehrt durchgeführt werden, am besten durch das Bundesamt. Die Trainer finden das Verfahren zwar in Ordnung, stellen aber ebenfalls sehr grosse Qualitätsunterschiede fest. Begrüsst würde eine einheitliche Prüfung, allenfalls gar eine eidgenössische Berufsprüfung –  Hundeausbildung wäre dann ein richtiger Beruf.

Es gebe jetzt drei Möglichkeiten, heisst es im Bericht. Entweder wird die Pflicht für den SKN beibehalten, aber das System verbessert. Oder man verzichtet mangels nachweisbarem Nutzen auf das aufwendige System. Oder aber man setzt die heutige Praxis fort, die auf einem freien Markt an Kursen basiert und den Aufwand bei den Ämtern in Grenzen hält.

Wenn die Fachleute schon keinen klaren Nutzen des SKN-Obligatoriums nachweisen können, so haben sich die Diskussionen darüber doch in der Öffentlichkeit ausgewirkt. Bei einer Publikumsbefragung äusserten  35 Prozent der Befragten die Meinung, Hundehalter hätten ihre Tiere heute besser im Griff als in den letzten Jahren.