Nachrichten über Tierquälerei und Gräueltaten an Tieren lösen oft grosse Bestürzung aus. Als im vergangenen Sommer beispielsweise bekannt wurde, dass der wegen Tierquälerei bereits vorbestrafte Pferdehalter aus Hefenhofen TG seine Tiere vernachlässigt und hungern lassen haben soll, war die Anteilnahme im ganzen Land riesig.  

Amerikanische Forscher aus Boston, Massachusetts, und Boulder, Colorado, vermuteten gar, dass das Mitgefühl für Tiere sogar grösser ist, als dasjenige, das wir Menschen entgegenbringen, die in schreckliche Ereignisse verwickelt sind. Jack Levin und seine Kollegen wollten es wissen und führten an einer «bekannten Universität im Nordosten der USA» ein Experiment durch. 240 Studenten bekamen einen von den Autoren verfassten, fiktiven Zeitungsartikel zu lesen. Die «Fake News»-Meldung war immer dieselbe: Ein unbekannter Angreifer schlug ein Opfer brutal mit einem Baseballschläger zusammen. Die Polizei fand das Opfer mit einem gebrochenen Bein, mehreren Platzwunden und bewusstlos vor. Die Forscher verteilten vier verschiedene Versionen des Artikels: Bei einer war das Opfer ein Welpe, bei einer ein sechsjähriger Hund, bei wieder einer ein Baby und bei der letzten ein erwachsener Mensch.  

Die Teilnehmenden bekamen jeweils eine Version des Textes zu lesen und sollten danach angeben, was sie gegenüber dem jeweiligen Opfer empfanden. Das Resultat überraschte die Forscher: Sie hatten damit gerechnet, dass den jüngeren Opfern mehr Empathie entgegengebracht würde als den älteren, unabhängig davon, ob es sich um einen Menschen oder einen Hund handelte. Das Experiment zeigte dann aber: Das Baby, der Welpe und der Hund erhielten alle viel Mitgefühl, der erwachsene Mensch dagegen signifikant weniger. Zwar erzielten das Baby und der Welpe mehr Empathie-Punkte als der erwachsene Hund, der Unterschied war aber sehr gering. «Die Resultate unterstützen die Annahme, dass das Leiden nicht-menschlicher Tiere mehr Mitgefühl auslöst als menschliches Leiden, es sei denn, es ist ein Kind, das leidet», schreiben die Forscher, die ihre Ergebnisse vor Kurzem im Fachjournal «Society & Animals» veröffentlichten.

Hunde sind wie Babys
Hunde, so vermuten die Autoren, werden als verletzlich gesehen, egal in welchem Alter sie sind, weil ihnen ähnliche Eigenschaften wie menschlichen Babys zugeordnet werden. Sie können sich nicht schützen, während erwachsene Menschen die Attacke vielleicht abwehren oder davor flüchten können.  

Um welche Hunderasse es sich bei den erfundenen Opfern handelte oder ob die menschlichen Opfer Männer oder Frauen waren, wurde von den Forschern nicht spezifiziert. Dies könnte die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen lassen, zum Beispiel wenn eine Hunderasse involviert ist, die gemeinhin als aggressiv gilt. Ausserdem weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass es mehr Forschung bedarf um herauszufinden, ob auch andere Haustiere wie Katzen und Vögel oder gar Wildtiere eine solche Reaktion hervorrufen würden. Mehrere Studien deuten bereits darauf hin, dass es dabei auf die Tierart ankommt. Tieren wie Walen oder Delfinen, die generell stark vermenschlicht werden, wird mehr Empathie entgegengebracht als beispielsweise einer Schlange.