Im Jahr 2015 gab es in der Schweiz insgesamt 1998 Tierschutzstrafverfahren. Dies ist der am Donnerstag publizierten Jahresanalyse von Tier im Recht (TIR) zu entnehmen. Die Anzahl der Verfahren hat sich in den vergangenen zehn Jahren somit mehr als verdreifacht.

Dies sei zwar grundsätzlich eine positive Entwicklung, sagte die Co-Autorin der Studie, Nora Flückiger, vor den Medien. Sie zeige, dass die Behörden genauer hinschauen. Dennoch ist TIR ist mit dem Strafvollzug unzufrieden. «Dieser muss konsequenter werden.»

Laut Flückiger setzen sich die Strafbehörden bisweilen nämlich über gesetzliche Bestimmungen hinweg und ignorieren klare Vorgaben der Tierschutzverordnung. Sie begründeten ihr Vorgehen damit, dass die Beeinträchtigung des Tierwohls nicht erheblich sei oder dass die betreffende – gesetzeswidrige — Haltungsform der Praxis entspreche.

Gerichte bagatellisieren bisweilen  
Auch die Abgrenzung zwischen Tierquälereien und übrigen Widerhandlungen bereitet den Strafbehörden gemäss TIR oftmals Mühe. «Delikte werden bisweilen derart bagatellisiert, dass es einer Missachtung der Gesetzesbestimmungen gleichkommt», sagte Flückiger.

Zum ersten Mal mehr als 400 Verfahren waren 2015 im Kanton Zürich zu verzeichnen – wobei Zürich hinsichtlich der Fallzahlen der vergangenen drei Jahre auch im Verhältnis zu der Zahl gehaltener Hunde, Rinder, Pferde, Schweine und Hühner Spitzenwerte vorweist.

Damit solche Fälle nicht mehr vorkommen, verlangt TIR unter anderem die konkrete Schulung und Förderung von Juristen und anderen Vollzugsbeamten im Bereich Tierschutzrecht. Sehr hilfreich seien auch griffige kantonale Strukturen, sagte Flückiger weiter.

Lob für Zürich und St. Gallen
Lobend zu erwähnen seien diesbezüglich die Kantone St. Gallen und Zürich. «Hier gibt es spezialisierte Strukturen.» In Zürich verfügt die Polizei über eine Spezialabteilung Tier-/Umweltschutz. Zudem kann das kantonale Veterinäramt als Partei auf Tierschutzstrafverfahren Einfluss nehmen. In St. Gallen ist ein spezialisierter Staatsanwalt für die Verfolgung von Tierschutzverstössen zuständig.

Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass aus dem Kanton St. Gallen besonders viele Verfahren vorliegen. Mit 232 Fällen belegt er nicht nur in absoluter Hinsicht einen der Spitzenplätze, sondern liegt mit 4,65 Verfahren pro 10'000 Einwohner auch proportional zur Bevölkerung weit über dem schweizweiten Durchschnittswert von 2,76.

Zum ersten Mal mehr als 400 Verfahren waren 2015 im Kanton Zürich zu verzeichnen - wobei Zürich hinsichtlich der Fallzahlen der vergangenen drei Jahre auch im Verhältnis zu der Zahl gehaltener Hunde, Rinder, Pferde, Schweine und Hühner Spitzenwerte vorweist.

Gemessen an der Bevölkerungszahl stammen die wenigsten Fälle aus den Kantonen Genf (3 Fälle; 0,06 Verfahren pro 10'000 Einwohner), Wallis (21 Fälle; 0,63 Verfahren pro 10'000 Einwohner) und Basel-Landschaft (28 Fälle; 0,99 Verfahren pro 10'000 Einwohner).

Einen grossen Rückgang der Fallzahlen verzeichnet zudem der Kanton Schaffhausen. Er weist 2015 mit 9 Fällen nur noch 1,13 Verfahren pro 10'000 Einwohner vor.

Hühner sind die Ärmsten
Wie schon in den Vorjahren waren auch 2015 wieder Hunde am häufigsten von Tierschutzstrafverfahren betroffen (1156 Fälle). Bei den Hundefällen handelt es sich allerdings in 13,4 Prozent um Fälle, in denen Hunde mangelhaft beaufsichtigt wurden und nicht Opfer eines Tierschutzdelikts waren.

Beinahe die Hälfte der Verfahren betraf ausserdem lediglich das Nichterbringen des Sachkundenachweises. Auch in diesen Fällen waren somit keine Hunde direkt in ihrem Wohlergehen beeinträchtigt.

Bei TIR bedauert man dennoch, dass die Ausbildungspflicht für Hundehaltende «vorschnell und mit fadenscheinigen Argumenten» abgeschafft wurde.

Die Anzahl der Hundefälle gemessen an der Zahl gehaltener Tiere ist fast zehnmal höher als bei den Rindern und 37-mal höher als bei den Schweinen. Die ärmsten Schweine sozusagen sind jedoch die Hühner. Hier sind die Verfahrenszahlen laut Flückiger «erschreckend tief».

Höhe der Bussen stabil  
Eine Übertretungen gegen das Tierschutzgesetz wird seit 2011 mit etwa 300 Franken gebüsst; in den Kantonen Aargau und Thurgau mit rund 400 Franken.

TIR erhält seit 2003 mit Bewilligung der Bundesanwaltschaft sämtliche kantonalen Strafentscheide in tierschutzrechtlichen Angelegenheiten. Aus dem Material erstellt TIR jährlich einen Bericht.