Blue fiept. Die fünfjährige Whippet-Hündin fordert die Aufmerksamkeit ihres Frauchens. Doch das ist gerade anderweitig beschäftigt. Daniela Siegenthaler sucht nach einem Versteck für das weisse Feuerzeug. Dieses soll Blue nachher zwischen aufgestapelten Bord- und Pflastersteinen erschnüffeln. Dann gehts los: Die gertenschlanke Hündin fährt mit ihrer spitzen Nase über kleine Ritzen, steckt sie in grössere Spalten, läuft hin und her ... und dreht sich dann weg. Siegenthaler führt sie mit Handbewegungen wieder an die Steine heran. «Sie ist schnell frustriert, wenn sie das Feuerzeug nicht gleich findet», sagt sie. Darum brauche sie manchmal etwas Unterstützung. Als Blue das Objekt schliesslich anzeigt, quittiert das Siegenthaler mit dem Klicker und einem Leckerli zur Belohnung.

Blue ist nicht die Einzige. Sechs weitere Vierbeiner suchen an diesem Februarabend in einer Werk- und Lagerhalle im aargauischen Möhlin nach Objekten. Angeführt von ihren Halterinnen. Männer hat es keine – mal abgesehen von Hundecoach Alain Scheideg­ger, der die Schnüffelgruppe mit seiner Frau Shirin anleitet. 

In jedem Hund steckt ein kleiner Spürhund – ein Augenschein bei der Schnüffelgruppe «Pro Cane» in Möhlin AG (Video: René Schulte):

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Vorgegebene Dinge gezielt erschnüffeln, das könne eigentlich jeder Hund, egal wie alt, sagt der 44-Jährige. Aber nicht jeder sei gleich gut darauf zu trainieren. Was weniger mit der Nase zu tun habe, sondern eher mit der Zuchtausrichtung einer Rasse. «Whippets zum Beispiel sind Windhunde. Sie jagen primär mit den Augen, nicht mit der Nase», sagt Scheid­egger. Umso erstaunlicher sei es, dass Hündin Blue sehr schnell gelernt habe, ihr Riechorgan entsprechend einzusetzen. 

Danach sind die Hunde fix und fertig
Allenfalls schwieriger gestalten kann sich auch die Sucharbeit mit Hunden, die darauf gezüchtet sind, möglichst selbstständig zu agieren. Ähnliches gilt für Gesellschafts- und Begleithunde. Scheidegger kann ein Lied davon singen: «Wenn unsere Chihuahua-Dame Ferun keinen Bock hat, dann nützt alles nichts. Von unseren vier Hunden hat sie aber die beste Nase», sagt der ehemalige Polizeihundeführer. Derzeit ist Ferun in Ausbildung zum Bettwanzenspürhund. Dasselbe gilt für ihre Gspänli Askan, ein Belgischer Schäfer, und Ragin, ein Border Terrier. Bereits bestens ausgebildet und ein erfahrener Profi ist Scheid­eggers 14-jähriger Sprengstoffspürhund Geri. Der ist zwar schon lange in Rente, hat es aber immer noch drauf.

Drauf hat es auch Silas. Der zehnjährige Patterdale Terrier schnüffelt aufgeregt im Raum herum, von Werkbank zu Schweiss­anlage, von Staubsauer zu Velo, von Fräse zu Reifenstapel. Führen muss ihn Halterin Angela Grütter kaum: «Wir machen das jetzt schon seit einem Jahr und er arbeitet mega gern mit der Nase», sagt sie. Gemächlicher zu und her geht es bei der 14 Monate alten Sovy von Theres Efler. Als Anfängerin ist die Australian-Shepherd-Hündin erst noch dabei, das Suchobjekt, ein rotes Feuerzeug, als solches erkennen zu lernen. Jedes Mal, wenn sie es mit der Nase anstupst, kommt der Klicker zum Einsatz und es gibt ein Leckerli.

«Es sieht nach wenig aus, aber nach einer Stunde Schnüffeltraining sind die Hunde fix und fertig», sagt Scheidegger. Die Objektsuche fordere ein Maximum an geistiger und körperlicher Anstrengung. Damit könne man seinen Hund mit wenig Aufwand und ortsunabhängig sinnvoll beschäftigen. Nervöse, hektische oder verhaltensauffällige Vierbeiner könnten dadurch sogar ruhiger werden. Zugleich stärkt die Teamarbeit die Beziehung. «Der Halter profitiert in einem Punkt ganz besonders: Er lernt seinen Vierbeiner deutlich besser einzuschätzen und zu lesen.»

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