Gabi Frei-Dora ist eine Liebhaberin der «Bergers Blancs Suisses», wie die Weissen Schäferhunde bezeichnet werden. Seit 1997 züchtet sie die Rasse und hat bisher drei Würfe aufgezogen. Zurzeit leben Rüde Crack und Hündin Rena bei ihr. Der sechseinhalbjährige Rüde stammt aus eigener Zucht und hat Papiere vom «Hunde-Weltdachverband» Fédération Cynologique Internationale (FCI). Das zehnjährige Weibchen ist zwar ein Rassehund, hat aber keine FCI-Anerkennung. Rena wurde schlecht gehalten, beschlagnahmt und landete in einem Tierheim. Auch äusserlich unterscheiden sich die beiden: Cracks Ohren stehen rassentypisch gerade nach oben, bei Rena sind sie nach unten geknickt. 

Leider hätten Rassehunde ohne FCI-Papiere häufig gesundheitliche Probleme oder genetische Defekte, sagt Yvonne Jaussi, Präsidentin des Arbeitsausschusses für Zuchtfragen und Mitglied des Zentralvorstandes der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG). Die Tierärztin kennt einige Fälle, in denen Vierbeiner an Hüftproblemen oder Epilepsie erkranken, weil die Besitzer mit gesundheitlich angeschlagenen Tieren züchten. Auch Frei-Dora sind solche Verfehlungen bekannt. «Bei den Weissen Schäferhunden tauchten durch schlechte Verpaarungen plötzlich Speiseröhrenentzündungen auf.» 

Entwicklung ist voraussehbar
Natürlich könne auch ein Hund mit FCI-Papieren krank werden. «Niemand kann eine Garantie geben für ein gesundes Lebewesen», sagt Jaussi. Aber mit FCI-Papieren habe der Käufer gewisse Sicherheiten. Ein FCI-Züchter muss die Elterntiere auf physische wie psychische Erkrankungen untersuchen lassen. Bei einigen Rassen werden sogar Bluttests gemacht und universitäre Genetikprogramme geführt. Bei Züchtern FCI-loser Hunde gebe es «sehr fantasievolle» Stammbäume, sagt Jaussi. «Wer recherchiert, merkt möglicherweise, dass die Mutter ein Rüde ist, also etwas nicht stimmen kann.»

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 Gabi Frei-Dora mit ihren Weissen Schäferhunden Crack und Rena.
 
Bild: Johanna Wedl  

Ein Hund mit FCI-Papieren habe noch weitere Vorteile, fügt Frei-Dora an. «Meistens nimmt der Züchter das Tier zurück oder vermittelt ihm einen guten Platz, wenn es der Besitzer wieder abgeben muss. Das Risiko, dass es im Tierheim landet, ist geringer.» Zudem könne sich der Käufer darauf verlassen, dass sich der Hund in etwa so entwickle, wie es für die Rasse typisch ist. Auch sei es ein Irrtum, dass man für einen FCI-Hund mehr bezahle. Teilweise seien Reinrassige ohne Papiere sogar teurer, weil sie zum Beispiel eine rare Farbe hätten. «Ein Problem sind die silberfarbigen Labradore», sagt Tierärztin Jaussi. Sie sei ziemlich sicher, dass man Weimaraner eingekreuzt habe, um die seltene Farbe zu erhalten. Ein Silber-Labrador kostet ab 2500 Franken, seine Haut ist empfindlicher und das Fell kann im Alter zu Haarlosigkeit führen. «Es gibt also einen guten Grund, warum diese Farbe nicht anerkannt ist.»

Lange Zeit nicht anerkannt waren auch die Bergers Blancs ­Suisses. Gemeinsam mit Züchtern aus dem umliegenden Ausland bemühte sich der Schweizer Rassenclub, die Rasse unter das Dach der FCI zu bringen. 20 Jahre dauerte der Prozess insgesamt, 2011 gab der Verband sein Okay. Danach erlebte die Rasse einen internationalen Boom. «Die Kehrseite der Medaille war, dass er zu einem Modehund wurde», sagt Frei-Dora. Trittbrettfahrer begannen mit der unkontrollierten Zucht. Auch bei anderen Rassen gehe es einigen Leuten nicht um den Hund, «sondern darum, bequem ein paar Welpen zu verkaufen und damit Geld zu verdienen».

Geld darf kein Hindernis sein
Es brauche eine Zuchtorganisation, die Vorgaben mache und deren Einhaltung kontrolliere, sagen die beiden Frauen. «Wer würde sonst Prüfungen abnehmen, Ausstellungen organisieren, gesundheitliche Daten auswerten?» Eine einzelne Person könne diesen Effort unmöglich leisten. Der Verband stehe zudem auch für eine unabhängige Instanz, so Frei-Dora. «Wenn man mit einem Entscheid, zum Beispiel zu einem Wesenstest, nicht zufrieden ist, kann man Rekurs einlegen und vor das Verbandsgericht gehen.» Es könne nicht eine Person allmächtig entscheiden. 

Warum aber wehrt sich jemand gegen den FCI-Anschluss? «Es gibt Leute, die in ihrem Rassenclub mit dem Zuchtwart persönliche Probleme haben und die Regeln als zu diktatorisch empfinden. Das kann ich verstehen», sagt Jaussi. Die Kosten dagegen sollten niemanden von einem Beitritt abhalten. Einen Zuchtnamen zu schützen kostet einmalig zwischen 350 und 700 Franken. Die Abnahme der Zucht vor dem Wurf und die Kontrolle der Welpen vor der Abgabe kosten bei Retrievern 40 Franken pro Welpe, weitere 45 Franken pro Welpe kostet der Stammbaum. Wer einer Zuchtorganisation angeschlossen ist, kann auch von deren Wissen profitieren, sagt Frei-Dora. «Man erhält viele Tipps, etwa für eine optimale Zuchtanlage und die Welpenaufzucht.» 

«Mischlinge sind Wundertüten»
Einen Haken hat die Sache mit der FCI-Anerkennung allerdings: Für einen Laien sei es sehr schwierig zu erkennen, ob ein Rassehund FCI-Papiere habe, sagt Jaussi. «Man kann kontrollieren, ob auf dem Stammbaum der FCI-Stempel ist, aber selbst dieser lässt sich leicht fälschen.» Sie rät Käufern, den Züchtern gezielt Fragen zu stellen, zum Beispiel ob Elterntiere an rassentypischen Krankheiten litten, und sich die entsprechenden offiziellen Zeugnisse vorlegen zu lassen. Wer sich für einen Mischling entscheidet, müsse sich zudem bewusst sein, dass er nur mit dem ersten Mix zu Hundesportwettbewerben zugelassen ist – jeder weitere Hund desselben Besitzers muss FCI-Papiere haben. 

Natürlich könne man auch mit einem Mischling Glück haben, sagt Jaussi. Man sollte aber wissen, woher die Welpen stammen und wie sie aufgezogen wurden. «Ich würde mich eher für einen ­Mischling vom Bauernhof entscheiden als einen rassereinen Hund ohne FCI-Papiere», sagt Jaussi, «dort muss man sich immer fragen, wieso keine Papiere beantragt wurden. Oft haben die Elterntiere aus irgendeinem Grund keine Zuchtzulassung bekommen.» Auch Frei-Dora hat nichts gegen Mischlinge. «Sie sind halt eine Wundertüte.» Unter dem Strich zähle nur eines: Dass der Hund gesund und sozialverträglich sei.