Schwarz ist die Farbe der Nacht. Schwarz wird mit Eleganz, mit Mystik und Geheimnis assoziiert, aber auch mit Übersinnlichem, mit dem Bösen. Und schwarze Katzen gelten bis heute in manchen Ländern als Unglücksboten. Doch auch abseits vom Aberglauben stehen viele Menschen den «Minipanthern» reserviert gegenüber. Aber woher rühren die Vorurteile gegen schwarze Katzen? Gibt es wirklich einen Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Charakter?

«Es gibt keine bekannten wissenschaftlichen Studien, die einen Zusammenhang von Fellfärbung und Wesen eines Tieres wirklich beweisen», sagt Dennis Turner vom Institut für angewandte Ethologie und Tierpsychologie (I.E.T). Bekannt sei nur, dass die Aminosäure Tyrosin die Ausgangssubstanz sowohl für das schwarze Pigment Melanin als auch für Adrenalin und Dopamin sei, ausserdem für das Schilddrüsenhormon Thyroxin, die allesamt den Antrieb steigern, also den Körper aktivieren. Aber lässt das bereits Rückschlüsse auf das Wesen eines Tieres zu? 

Kaum, wenn man erfährt, wie viele Faktoren darauf Einfluss haben: «Wir wissen heute, dass sowohl die Gene als auch die Umwelt die Persönlichkeit und damit das Verhalten von Individuen beeinflussen», erklärt die deutsche Diplom-Biologin und Katzenverhaltensexpertin Birgit Rödder. «Kommt hinzu, dass die genetische Veranlagung von Persönlichkeitsmerkmalen während der Trächtigkeit von Wohlbefinden und Ernährung der Mutter beeinflusst werden kann, etwa durch Mangelernährung oder allgemein durch Stress», sagt die Tiertherapeutin.

Menschen finden rote Katzen freundlich
«Dies kann bei den Jungen zu Ängstlichkeit vor Unbekanntem, zu Scheu und einer verzögerten Entwicklung sowie Schwierigkeiten beim Lernen führen.» Eine ängstliche, unsichere oder aggressive Katze ist das demzufolge nicht wegen ihrer roten, schwarzen oder grauen Fellfarbe. Vielmehr spielen sowohl die ererbten Gene von den Eltern als auch die Lebens- und Umweltbedingungen während der Jugendentwicklung eine Rolle. Schwarz ist, um es anders zu formulieren, wirklich nur die Farbe der Haare, nicht des Charakters.

Trotzdem sind viele Menschen von Letzterem überzeugt. So gibt es eine Online-Befragung des Psychologischen Instituts der University of California aus dem Jahr 2013, in der rund 200 Menschen Katzen mit einer bestimmten Fellfarbe gewisse Eigenschaften zuweisen sollten. Das Ergebnis war verblüffend: «Die meisten der Befragten erwarteten einen freundlichen Charakter bei den roten Katzen. Den zweifarbigen wurde Ungeduld und Distanziertheit unterstellt. Die weissen Katzen wurden überwiegend als zurückhaltender und ruhiger eingeschätzt als alle anderen», fasst Dennis Turner zusammen. Und was war mit den schwarzen Tieren? «Denen wurden mehrheitlich überhaupt keine besonderen Eigenschaften zugesprochen, sie waren quasi einfach nicht da», sagt der Wissenschaftler.

Die Farbe des Bösen
Noch verblüffender ist, was die britische Zeitung «The Guardian» herausgefunden hat. Sie ging neulich der Frage nach, warum in den dortigen Tierheimen viele schwarze oder auch schwarz-weisse Tiere so lange auf Vermittlung warten mussten: Die schwarzen Tiere seien sich oft sehr ähnlich, nicht wirklich individuell gezeichnet und würden daher eben nicht als schön gefärbt empfunden. Last but not least würden sie sich ausserdem auch schlechter fotografieren lassen, so die Erklärung im Blatt.

Nicht auffällig oder aussergewöhnlich genug? Historisch gesehen hat es Katzen – und vor allem die schwarzen – in der Beurteilung durch Menschen schon schlimmer getroffen. Vor allem während der mittelalterlichen Hexenverfolgungen mussten die Tiere unter ihrem schlimmen Ruf leiden. «Schwarz war die Farbe des Bedrohlichen, Unheimlichen, Unerklärlichen», sagt Detlef Bluhm, der sich als Schriftsteller schon in vielen Büchern mit dem Wesen und der Geschichte der Katzen beschäftigt hat. «Schwarzer Tod, schwarze Magie und viele andere Begriffe belegen, dass die Farbe Schwarz negativ besetzt war, deshalb hatten schwarze Katzen besonders zu leiden, aber auch Tiere anderer Fellfarben wurden nicht verschont.»

Dabei wurden die Katzen besonders deshalb verfolgt, weil sie als Begleiterinnen der Hexen galten, eine verhängnisvolle Allianz mit langer Vorgeschichte. «Im Grunde war die Katze seit ihrer Domestikation immer das Drinnen-Tier», erklärt Bluhm. Und weil das Haus schon immer die Domäne der Frau war, «gibt es seit Beginn der Beziehung von Mensch und Katze eine besondere Neigung der Katze zur Frau, im Unterschied zum Hund, dem Draussen-Tier, das den Mann auf der Jagd begleitete und das Haus von aussen vor Feinden zu beschützen hatte». 

So entledigte sich die Kirche bei den grausamen Verfolgungen nicht nur der «weisen Frauen», sondern auch gleich der Katzen «als ungehorsame Tiere, die ausser zum Mäusefang zu nichts nutze waren, zwei Drittel des Tages verschliefen, in der Nacht aktiv waren und so gar nicht in die hierarchischen Herrschafts- und Befehlsstrukturen des Mittelalters passen wollten». 

In den Zeiten der Pest­epidemien, vor allem zwischen 1347 und 1352, wurden Schuldige für das göttliche Gericht gesucht. Es kam zu den berüchtigten Hexenprozessen, bei denen auch die Katzen dran glauben mussten. «Es entstanden nahezu katzenfreie Landstriche, in denen sich fatalerweise Ratten und Mäuse, die Träger der Pestbakterien, ungehindert verbreiten und die damals unheilbare Krankheit auf den Menschen übertragen konnten», erzählt Detlef Bluhm.

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass in den Klöstern viele Katzen das Massaker überlebten: «Klöster waren nicht nur geistliche Zentren, sondern auch grosse Wirtschaftsbetriebe, deren Waren vor Ratten und Mäusen geschützt werden mussten. Die Mönche waren klug genug, sich die einzige Waffe gegen die Schädlinge, die Katzen, zu erhalten.»

Mancherorts sogar ein Glücksbringer
So wechselvoll die Geschichte der schwarzen Katzen war, so unterschiedlich ist die Einstellung zu ihnen auch heute. In Filmen werden schwarze Katzen gerne als stilistisches Mittel eingesetzt – vor allem, wenn es gilt, drohendes Unheil anzukündigen. In der Werbung hingegen schmücken sich nur wenige Firmen damit, denn die Fellfarbe macht es schwerer, Mimik zu erkennen, und lässt sich ausserdem schlecht ins rechte Licht rücken. Was Menschen über sie denken, hängt aber auch vom kulturellen Hintergrund ab. Die schwarze Katze hat keineswegs überall einen schlechten Ruf.

Biologin Birgit Rödder zum Beispiel verweist darauf, dass in Grossbritannien schwarze Katzen durchaus als Glücksbringer gelten, ähnlich, wie in vielen Gegenden der Welt die dreifarbigen oder schildpattfarbenen Tiere als Glückssymbol angesehen werden. «Im deutschsprachigen Raum wiederum gibt es ein Sprichwort, das die Sache genau differenziert», sagt Rödder: «Schwarze Katze von links nach rechts, bringt’s Schlechts. Schwarze Katze von rechts nach links – Glück bringt’s.»