Eine der jüngsten Katzenrassen erinnert optisch ein wenig an einen Werwolf aus den 1980er-Jahre Filmen und wird von ihren Fans für ihr sanftmütiges Wesen geschätzt. Man könnte meinen, die Lykoi-Katze sei das Ergebnis einer etwas verrückten Züchteridee. Die US-Amerikaner Johnny und Brittney Gobble werden oft als Gründer der Rasse genannt. Entstanden ist die Lykoi durch eine Genmutation. Diese Geschichte teilt sie mit einigen anderen Rassen. Dazu zählt beispielsweis die Selkirk-Rex, die seit 1987 gezüchtet wird, nachdem eine Katze in einem Tierheim in Monatana ein Junges mit gekräuseltem Fell bekam. Erst 2012 wiesen Wissenschaftler von der Veterinärmedizinischen Universität Wien nach, dass die Lockenpracht auf eine spontane Mutation zurückgeht.

Häufig zahlen die Tiere für ihre genetischen Besonderheiten einen hohen Preis. So leiden die hierzulande als Qualzucht verbotenenen Munchkins unter Chondrodysplasie, die häufig zu einer Störung der Knorpelbildung führt und für die rassentypischen kurzen Beine verantwortlich ist. Bei der Lykoi-Katze, die inzwischen von vielen Verbänden anerkannt wurde, fürchten Kritiker Fell- und Hautprobleme.

Der lange Weg zur Anerkennung
Nachgewiesen wurden diese aber noch nicht. «Mir ist nichts von genetischen Problemen innerhalb der Rasse bekannt», sagt Anneliese Hackmann, Präsidentin der World Cat Federation (WCF). Die Deutsche erzählt auch, dass die Lykoi in Südafrika schon mindestens zehn Jahre vor der Entdeckung durch die Gobbles gezüchtet wurde. «Die Züchter dort haben eben nur keinen Anerkennungsantrag gestellt.»

Ungewöhnliche Katzenrassen im Video

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Wollen Züchter eine Katzenrasse offiziell anerkennen lassen, müssen sie sich an einen der offiziellen Weltverbände wenden. Dazu gehören unter anderem die WCF, die FIFe (Fédération Internationale Féline) und die TICA (The International Cat Association). Ausserdem müssen sie eine Menge Geld und Zeit investieren. Abhängig vom Verband kann sich der Prozess leicht unterscheiden. Bei der WCF funktioniert er so: Der beantragende Verein (ein einzelner Züchter wird als Antragssteller nicht akzeptiert) reicht alle möglichen Unterlagen, unter anderem zur Entstehung der neuen Rasse, ein. Dann werden bei einer Annerkennungsshow mit zwei Richtern mindestens 15 Katzen präsentiert. Die Katzen müssen eine vollständige Vier-Generationen-Ahnentafel haben, bei mindestens sieben Tieren muss Reinzucht seit mindestens drei Generationen nachgewiesen werden. Über die endgültige Anerkennung entscheidet die alle zwei Jahre stattfindende Generalversammlung.

Viele Verbände, viele Regeln
Wird eine Rasse von einem der Weltverbände anerkannt, ziehen die anderen Verbände nicht unbedingt nach. Auch deshalb können nicht einmal Insider ganz genau sagen, wie viele Katzenrassen es weltweit gibt. Auf der Ausstellungsliste der WCF sind 105 Rassen aufgelistet, von den meisten Verbänden anerkannt sind aber nur rund 40. Unterteilt werden sie nach optischen Kriterien in die Kategorien «Langhaar», «Halblanghaar», «Kurzhaar», «Orientalische Rassen» und «haarlos».

Verschiedene Haarlängen oder Farbvariationen einer Rasse werden gelegentlich mit einem eigenen Rassennamen bezeichnet. «Ein extremes Beispiel sind die Orientalisch Kurzhaar und Siamesen», sagt WCF-Präsidentin Hackmann. Die Siamkatze sei die Farbvariante mit Pointabzeichen, die Orientalisch Kurzhaar die Variante mit kompletter Farbe. Die Balinesen seien diesselbe Rasse mit Pointabzeichen in langhaarig, die langhaarige komplett gefärbte Variante heisse Orientalisch Semilanghaar. Als Nacktvariante heisst die Rasse Peterbald. «Bei anderen Verbänden gibt es noch die Javanesen, Mandarin und Havanna als Bezeichnung», sagt Hackmann. Noch verwirrender wird das Ganze, weil verschiedene Verbände eigene Rassenstandards festlegen können. So geschehen bei den Thai, auch bekannt als traditionelle Siamesen, deren Züchter die ursprüngliche Form der Siamkatze bewahren wollen. Darüber, wie diese ursprüngliche Form aussehen soll, gehen die Meinungen bei den Dachverbänden auseinander. Für die Züchter mitunter eine schwierige Situation.

Nadja Castioni, Präsidentin des Schweizer Rassenclubs der Thai, der sich lange für die Anerkennung bei der FIFe engagierte, berichtet: «Wir bevorzugen den Typ, den die TICA als Standard festgelegt hat: Weder rund noch extrem schlank, mit seidig weichem Fell, ohne Unterwolle und dunkelblauen Augen.» Die FIFe habe zwar vor Kurzem die Anerkennung angenommen, wünsche sich aber eher rundere Thais mit helleren Augen. Auch die Thais beim WCF sind gedrungener und haben eher hellere Augen. «Da man es uns unmöglich gemacht hat, den TICA-Standard in der FIFe zu züchten, haben wir uns aus der FIFe zurückgezogen», sagt Castioni. In einigen Ländern, darunter in England und den USA, gibt es die Rassenbezeichnung Thai überhaupt nicht. Dort laufen sowohl die traditionellen als auch die modernen Typen der Rasse unter Siam.

Aktuelle Zuchttrends
Alte Rassen, die neu entdeckt oder erstmalig gezielt gezüchtet werden, sind laut Anneliese Hackmann gerade in vielen Teilen der Welt en vogue. Neben der Thai ist die Deutsch Langhaar ein Beispiel für diesen Trend. Die Rasse ist Anfang des 20.Jahrhunderts in Deutschland entstanden, wäre nach dem Zweiten Weltkrieg fast ausgestorben und wird erst seit etwa 2005 wieder gezielt von einigen Liebhabern gezüchtern. Bislang ist die Deutsch Langhaar aber nur beim WCF anerkannt.

«Allgemein kann man sagen, dass eher neue Farben zu bestehenden Rassen dazukommen als wirklich neue Rassen», sagt Hackmann. Andere Prioritäten setzen dagegen momentan Züchter in Bereichen der ehemaligen Sowjetunion. «Dort werden vielfach bestehende Rassen gekreuzt, um neue zu erschaffen», erklärt Hackmann. Vor dem Hintergrund des Europäischen Tierschutzgesetzes müsse man das teilweise kritisch betrachten. «Man muss nicht alles machen, was genetisch möglich ist. Wir brauchen keine nackten Katzen mit kurzen Beinen und nach hinten gedrehten Ohren.»