Ist die Katze krank oder der Hund verletzt, wollen die Halter beim Tierarztbesuch nur eins: die schnellstmögliche Genesung ihres Lieblings. Dass es die nicht umsonst gibt, sondern je nach Schwere der Krankheit auch mal bis zu mehrere Tausend Franken kosten kann (siehe Box), dürfte den meisten bewusst sein. 

Wie und wann diese Leistungen bezahlt werden müssen, ist von Praxis zu Praxis und Tierklinik zu Tierklinik unterschiedlich, was mitunter zu Verwirrung und bösen Überraschungen führen kann. Eine Nachfrage bei sechs grossen Tierkliniken und Tierarztpraxen der Schweiz zeigt auf, welche Zahlungsmöglichkeiten sie anbieten – und wieso auch für Tierärzte gerade bei Notfällen Geld ein leidiges Thema ist. 

Die von Tierhaltern wohl am häufigsten angefragte Zahlungsform ist die Rechnung. Der Grund: Die Halter könnten sich zuerst auf die Genesung ihres Tiers konzentrieren und die Bezahlung der Behandlung auf später vertagen, wenn der Kopf wieder frei und ihr Liebling bestenfalls wieder gesund ist. Allerdings ist das auch bei angemeldeten Besuchen in der Tierklinik nur in seltenen Fällen und unter bestimmten Umständen möglich. 

Rechnung nur in Ausnahmefällen
Die Tierklinik Schönbühl BE zum Beispiel bietet Rechnungsstellung ab einem Betrag von 300 Franken für bestehende Kunden an. Neukunden sei es nicht möglich, die Behandlung mittels Rechnung zu zahlen, da deren Zahlungsmoral nicht bekannt sei, heisst es auf Anfrage. Dasselbe gilt in der Tierklinik Bolliger Tschuor in Oftringen AG: Auch hier ist Rechnungsstellung bei Stammkunden möglich, Neukunden müssen bar oder mit Karte bezahlen. 

In der Tierklinik Thun BE ist die Zahlung mittels Rechnung in Ausnahmefällen und mit Absprache möglich. So etwa bei grösseren Operationen, wenn für besprochene Kostenvoranschläge zuvor eine Anzahlung geleistet wurde oder in speziellen Situationen. Ähnlich kulant zeigt sich auch die Tierklinik Aarau West. Auch dort sind jegliche Leistungen nur gegen eine direkte Zahlung zu beziehen. Bei höhere Kosten, zum Beispiel wegen einer Operation, sei man bereit, mit dem Kunden eine Lösung zu finden, wenn er mit seinem Anliegen auf die Klink zukomme. 

In der Kleintierklinik der Universität Bern müssen alle Kunden eine Anzahlung leisten in der Höhe des halben Kostenvoranschlags oder mindestens 500 Franken. Falls Kunden die Anzahlung nicht leisten können, muss mit der Klinikleitung Rücksprache gehalten werden. Dann sei zu klären, was hinter der Zahlungsnot steckt. Gegebenenfalls weicht die Klinik dann vom Mindestbetrag ab, ermöglicht eine verspätete Anzahlung oder verzichtet in sehr seltenen Fällen ganz darauf. Nachdem eine Anzahlung geleistet wurde, ist es grundsätzlich möglich, die Restkosten per Rechnung zu begleichen. So würden auch Schlussabrechnungen bei stationären Patienten oder kompliziert abzurechnenden Fällen jeweils mittels Rechnung gestellt. 

Die häufigsten KostenUntersuchung

Erstkonsultation: 50 bis 60 Franken Röntgen: 100 bis 130 Franken pro Bild Ultraschall: 100 bis 230 FrankenBehandlung

Kurzanästhesie:  50 bis 100 Franken Inhalationsnarkose: ca. 100 Franken Infusion: 25 bis 60 Franken Hospitalisation: 40 bis 60 Franken pro TagNotfall-Operationen

Magendrehung: ca. 2000 Franken Kreuzbandriss: 1500 bis 3000 Franken Fremdkörper: ca. 1200 Franken Knochenbruch: 1000 bis 1500 Franken

Auch im Universitären Tierspital Zürich wird im Vorfeld eine Anzahlung verlangt in der Höhe von 50 Prozent der geschätzten Kosten. Bei Abholung des Tieres werden dann die restlichen Kosten fällig. Doch auch hier gebe es Ausnahmen, wie es auf Anfrage heisst. Wenn ein Tier verstorben sei, würden die Besitzer nicht sofort mit der Bezahlung konfrontiert. Und bei Patienten, bei denen ein längerer stationärer Aufenthalt notwendig ist, sowie bei Abschluss eines Ratenvertrags wird Rechnungsstellung gewährt. Ratenzahlung ist bei allen angefragten Kliniken möglich. 

Im Notfall herrschen andere Regeln
Bei Routinebesuchen beim Tierarzt kann die Zahlungsmöglichkeit in Ruhe besprochen und bei Bedarf nach Lösungen gesucht werden, indem etwa für nicht notwendige Eingriffe gespart werden kann. Muss man mit seinem Tier jedoch notfallmässig die Klinik aufsuchen, liegt der Fall anders. Die Tierhalter sind angespannter, bangen möglicherweise um das Leben ihres Lieblings. Und häufig herrschen dann auch andere Zahlungsbedingungen. 

In der Tierklinik Schönbühl müssen Neukunden im Notfall direkt bar bezahlen. Falls das nicht möglich ist, wird eine Anzahlung verlangt. Dasselbe gilt in der Tierklinik Bolliger Tschuor: Hier müssen Neu-, Fremd- und überwiesene Klienten eine Anzahlung leisten und bei kleineren Beträgen den vollen Betrag in bar bezahlen. In der Tierklinik Thun und der Tierklinik Aarau West wird bei Notfällen keine Anzahlung fällig, die Kunden werden aber zur Barzahlung aufgefordert. Sowohl in der Kleintierklinik der Universität Bern wie auch am Universitären Tierspital Zürich wird bei Notfallpatienten dieselbe Anzahlung fällig wie bei «normalen» Patienten. Im Universitären Tierspital Zürich sind mindestens 1000 Franken sofort zu zahlen, gegebenenfalls könne im Einzelfall davon abgewichen werden.

Kann ein Tierhalter nicht zahlen, ist der Tierarzt trotzdem verpflichtet, im Notfall Hilfe zu leisten. Bei nicht lebensnotwendigen Behandlungen jedoch könne die Durchführung verweigert werden, heisst es. Der Abschluss einer Tierversicherung ändert indes nichts daran, dass man die Kosten einer Behandlung beim Tierarzt begleichen muss. Der Tierhalter rechnet danach mit der Versicherung ab.  

Als Grund für die strengeren Zahlungsbedingungen bei Notfall-Klienten nennen alle angefragten Tierkliniken die dann oft tiefere Zahlungsmoral. «Wir müssen leider vermehrt die Erfahrung machen, dass Notfälle von Neukunden nicht bezahlt werden», heisst es beispielsweise bei der Tierklinik Schönbühl. Bei der Tierklinik Aarau West klingt es ähnlich. Es passiere leider immer wieder, dass Kunden, die ihre Tiere im Notfall vorbeibringen, falsche Personalien angeben würden und dann nicht mehr auffindbar seien. Mit solchen Kunden hat auch die Kleintierklinik der Universität Bern bereits Erfahrungen gemacht. «Einmal hatten wir sogar den Fall, dass ein Besitzer sein Tier einfach nicht mehr abholte und die Kommunikation mit uns komplett verweigerte», heisst es auf Anfrage. Die Kosten von mehreren Tausend Franken für die Behandlung und den zweimonatigen Aufenthalt, bis ein neuer Platz für das Tier gefunden wurde, seien bis heute nicht beglichen worden.

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Das führt jedes Jahr zu Fehlbeträgen, mit denen die Tierkliniken wirtschaften müssen. Wie hoch diese ausfallen, wollen die Tierklinik Thun, die Tierklinik Bolliger Tschuor und auch das Universitäre Tierspital Zürich auf Anfrage nicht bekannt geben. Die Tierklinik Schönbühl spricht von «mehreren Tausend Franken», die Tierklinik Aarau West von Beträgen im fünfstelligen Bereich. Die Tierklinik der Uni Bern verzeichnete 2019 Debitorenverluste in der Höhe von 70 000 Franken. Unter den säumigen Zahlern leidet zum einen die Tierklinik, deren Gewinn gemindert wird und die so weniger Neuinvestitionen tätigen kann. Doch auch andere Klienten bekommen die Auswirkungen zu spüren, indem die Tierkliniken immer weniger bereit sind, Leistungen auf Rechnung zu erbringen. Und nicht zuletzt steigen für andere Patienten die Behandlungskosten, wenn die Fehlbeträge im Budget mit einkalkuliert werden müssen. 

Es geht um mehr als um Geld
Geld ist ein Thema, das die Tierkliniken täglich beschäftigt, wie Michael Polla, Leiter der Administration der Kleintierklinik der Universität Bern, ausführt. «Da man im Humanspital in der Regel über die Versicherung abgedeckt ist und das Portemonnaie nicht zücken muss, nehme ich wahr, dass es für viele Kunden fremd ist, im Tierspital Geld für die Behandlung auf den Tresen zu legen», hält er fest. Zudem koste die Behandlung einer Katze oder eines Hundes schnell einmal 1000 Franken und mehr – Beträge, die viele nicht so einfach «aus der Portokasse» bezahlen können.  

Speziell schwierig werde das Thema bei Notfällen. Wenn die Kunden bereits gestresst sind und Angst um ihr Tier haben, braucht es viel Fingerspitzengefühl, um das Thema der Finanzierung anzusprechen. «Andererseits ist es leider nötig, dies zu machen», führt Polla an. «Zumal die Besitzer auch wissen müssen, was die Rettung oder Behandlung ihrer Lieblinge kosten wird.» Weiter sei es nicht immer einfach, einen korrekten Kostenvoranschlag zu machen, gerade im Notfall, wo bei der Einlieferung oft unklar ist, was sich in der Erstuntersuchung ergeben wird. Sollten also neben Labor und Notfallstabilisation auch noch Röntgen, eine Operation oder gegebenenfalls ein mehrtägiger Aufenthalt in der Klinik nötig sein, müssen sich die Besitzer auf höhere Kosten einstellen. «Es ist wichtig, hier transparent zu sein.» 

Seiner Meinung nach gehe es beim Thema Geld um mehr als die Zahlungsmöglichkeiten. «Es geht um Kommunikation, soziale Unterschiede innerhalb der Bevölkerung, die Tatsache, dass das Haustier für viele Menschen zu einem schier unverzichtbaren
Begleiter geworden ist – also in jedem Fall um Emotionen.»