Bartgeier
Tessiner Bartgeier habens schwer
So erfolgreich verliefen die Wildbruten der Bartgeier in der Schweiz noch nie. Einundzwanzig junge Bartgeier sind dieses Jahr ausgeflogen. Nur im Tessin will die Brut einfach nicht gelingen.
Noch nie sind im Alpenraum so viele junge Bartgeier geschlüpft wie dieses Jahr. Neben den einundzwanzig in der Schweiz sind in Italien zwölf Wildbruten geglückt, in Frankreich neun und in Österreich zwei. Damit weist die Bilanz für den ganzen Alpenraum im Brutjahr 2021 einen Zuwachs von 44 wild geschlüpften Küken aus. Mit den sechs ausgewilderten Jungtieren (zwei in der Schweiz, zwei in Deutschland und zwei in den französischen Voralpen) sind dieses Jahr 50 Bartgeier zur Alpenpopulation dazugekommen. Experten schätzen, dass inzwischen im gesamten Alpenraum insgesamt rund 300 Bartgeier leben.
Noch vor einem Jahr meldeten Tessiner Ornithologen hoch erfreut, dass sie in den Tessiner Alpen ein Bartgeierpaar beim Nestbau entdeckt haben. Und tatsächlich ist dann diesen Frühling ein Küken geschlüpft («Tierwelt online» berichtete). «Ich habe es schon lange vermutet, dass dieser Tag kommen wird», erklärte Robert Lardelli, Präsident der Tessiner Vogelschutzorganisation Ficedula, anlässlich einer Expedition zur Zählung der Bartgeier im Sopraceneri.
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Obwohl von ihm und anderen Experten erhofft, kam der Nestbau letzten Herbst und die spätere Geburt des jungen Bartgeiers in den Tessiner Alpen dann doch eher überraschend. Und für Wildtierbiologe Daniel Hegglin von der Stiftung Pro Bartgeier bedeutete dies «eine kleine Sensation, denn das hat es seit 150 Jahren im Tessin nicht mehr gegeben». Der Horst befand sich an einer unzugänglichen und vom Schnee geschützten Stelle und man rechnete damit, dass der geschlüpfte Jungvogel im Sommer ausfliegen würde.
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Mehr sehenDie Stiftung Pro Bartgeier sammelt auf ihrer Website bewegte Bilder zum Bartgeier und seiner Wiederbesiedlung der Alpen. Vom Tagesschau-Beitrag aus dem Jahr 1991 über ein Best-Of aus Webcam-Bildern bis hin zum aufwendigen Dokumentarfilm über die Wiederansiedlung auf der Melchsee-Frutt OW gibts eine Menge Filmmaterial zu sehen. Zwei der Filme sehen Sie hier auf dieser Seite, alle weiteren finden Sie unter: www.bartgeier.ch/filmarchiv
Die Brutsaison nicht überlebt
Umso brutaler und trauriger ist nun für die vielen Bartgeier-Freundinnen und -Freunde im Tessin die jüngste Entwicklung: Nach erfolgreichem Nestbau und anfänglich erfolgreicher Aufzucht starb das Küken wenige Wochen nach dem Schlüpfen. Die genauen Gründe für den Tod sind auch für Ficedula ein Rätsel. In ihrer Medienmitteilung schreibt die Organisation, dass die Brutpflege womöglich durch Menschen gestört wurde oder das Jungtier der kalten und nassen Witterung zum Opfer fiel.
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Die erfolgreiche Aufzucht eines Bartgeierkükens wäre nach so langer Zeit die Krönung der langjährigen Vogelschutz-Bemühungen im Kanton Tessin gewesen. Sichtungen von Bartgeiern im Südkanton sind jedoch inzwischen durchaus häufig, wie die zahlreichen Beobachtungen an den jeweils im Herbst stattfindenden Monitortagen zeigen.
Besonders gut in Erinnerung ist auch das 2015 im Calfeisental SG ausgesetzte Bartgeiermännchen «Schils», das den Tessiner Luftraum in der Folge öfters durchflog. Mitglieder der Stiftung Pro Bartgeier nannten ihn bald nur noch «Wandervogel», weil er durch seine Ausflüge bis nach Paris, Amsterdam oder an die Nordsee für Aufsehen sorgte.
BeabachtungstageVom 2. bis 9. Oktober ruft die Stiftung Pro Bartgeier zu den Bartgeier-Beobachtungstagen auf. Wer Lust hat, ist dazu eingeladen, eine Bergtour über die Waldgrenze zu unternehmen, Bartgeier zu finden und die Beobachtungen mithilfe von Fotoapparat und Feldstecher zu überprüfen. Erfolgreiche Sichtungen können gemeldet werden unter: www.bartgeier.ch/beobachtung/melden
Bis im 18. Jahrhundert war der Bartgeier im Alpenraum noch weit verbreitet. Obwohl er nachweislich und ausschliesslich Aas- und Knochenfresser ist, hatte er den Ruf eines blutrünstigen Raubvogels, der Schafe und Ziegen von der Alp stiehlt – so entstand auch sein wenig schmeichelhafter Spitzname «Lämmergeier». Der Bartgeier wurde gejagt und Anfang des 20. Jahrhunderts gänzlich ausgerottet. Rund 60 Jahre danach gab es erste Bemühungen, die majestätischen Vögel wieder in den Alpen anzusiedeln. Bald wurde erkannt, dass die Auswilderung von Jungtieren aus der Zucht vielversprechender ist als die Freisetzung eingefangener Wildtiere. Mittlerweile beteiligen sich europaweit 40 Zoos und spezielle Zentren am Zuchtprogramm. «Weitere Auswilderungen von Jungtieren sind erforderlich, um die noch geringe genetische Vielfalt in der Bartgeierpopulation zu vergrössern», erklärt Anna Baumann, Präsidentin der Stiftung Pro Bartgeier.
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