Am letzten Samstag war es wieder so weit. Donna Elvira und Delarosa wurden am Huetstock im Gebiet Melchsee-Frutt im Kanton Obwalden in ihren Horst gesetzt. Dort verbringen die beiden jungen Bartgeier die Zeit und werden überwacht und beobachtet, bis sie zum ersten Mal ausfliegen. Dann begeben sie sich auf Wanderschaft und lassen sich in einigen Jahren in ihrem eigenen Revier nieder, wo sie hoffentlich Nachwuchs zeugen.

Mit Donna Elvira und Delarosa werden zum fünften Mal Bartgeier in der Melchsee-Frutt ausgewildert. Die Vögel stammen aus einer Zuchtstation in Spanien – ihre Gene sind eine wichtige Auffrischung für die Population in den Alpen. Damit tragen sie ihren kleinen Teil bei zu einem der grossen Erfolge für den Naturschutz der letzten Jahrzehnte: der Wiederansiedlung des Bartgeiers.

[IMG 2]

Geschätzt 300 dieser majestätischen Tiere segeln heute wieder durch die Alpen. Anfangs des 20. Jahrhunderts jedoch wurde die Art verfolgt und gnadenlos ausgerottet. 1991, vor 30 Jahren, begann die Wiederansiedlung in der Schweiz. Das neu im Berner Haupt Verlag erschienene Buch «Der Bartgeier» feiert dieses Jubiläum. Autorinnen und Autoren sind an dem Projekt massgeblich beteiligte Personen.

Geschichgten und Anekdoten
Diese erzählen nicht nur die bereits bekannte Geschichte der Wiederansiedlung, sondern warten auch mit vielen weiteren Anekdoten rund um den Bartgeier auf. So erfährt man zum Beispiel, dass es gar nicht so einfach ist, die Vögel zu züchten – und ohne Tiere aus der Zucht gibt es auch keine, die man auswildern kann. Und dass sich die beiden Küken in der Auswilderungsnische aufgrund ihres natürlichen Verhaltens häufig nicht so gut verstehen, ist auch etwas, von dem man sonst nicht viel liest.

[IMG 3]

Fast mehr als noch vom Text aber lebt das Buch von den Bildern. Geschossen hat die Aufnahmen Hansruedi Weyrich, der sich seit zehn Jahren als Fotograf den Bartgeiern widmet und auch die Auswilderungen dokumentiert. Weyrichs Bilder zeigen nicht nur die Schönheit dieser Vogelart, auch die fast ganze Palette ihrer Verhaltensweisen in sämtlichen Lebensabschnitten hat der Naturfotograf festgehalten.

Die Fotos lassen einen das Leben der Bartgeier fast selber miterleben. Und machen vielleicht dem einen oder der anderen Lust, diesen grössten Vogel der Alpen auch einmal in freier Wildbahn zu beobachten. Dafür muss man sich aber nicht nur an den richtigen Ort begeben – im Unterengadin zum Beispiel stehen die Chancen nicht schlecht –, sondern trotz allem auch noch eine Portion Glück haben. Denn nach wie vor sind Bartgeier selten und es gilt, sie zu schützen. Um dieses Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu verankern, auch dazu trägt das Buch seinen Teil bei. Denn es zeigt eindrücklich, wie schützenswert diese Tiere sind.

[IMG 4]

Hansruedi Weyrich, Hansjakob Baumgartner,
Franziska Lörcher, Daniel Hegglin:
«Der Bartgeier – seine erfolgreiche 
Wiederansiedlung in den Alpen»
1. Auflage 2021
gebunden, 248 Seiten, 206 Fotos
Verlag: Haupt
ca. 48.- Franken
ISBN: 978-3-258-08192-2