Die wohl häufigste Zuchtmethode besteht darin, einem Hahn einige Hennen zu geben, die Eier zu sammeln und davon eine Anzahl auszubrüten oder ausbrüten zu lassen. Die Jungtiere werden dann im Herbst zur Vorbewertung gebracht, die schönsten an einer Ausstellung präsentiert und mit dem höchstbewerteten Hahn und den besten Hennen im Folgejahr wieder Jungtiere produziert. Nach einigen Jahren wird ein neuer Hahn gekauft und der Kreislauf geht wieder von vorne los. 

Wer so züchtet, wird oft etwas despektierlich als Vermehrer bezeichnet. Wer aber keine Möglichkeit hat, mit mehreren Zuchtstämmen zu züchten, der hat keine andere Wahl – oder etwa doch? Wenn nur mit einem Stamm gezüchtet wird, sollte man zur Blutauffrischung keinesfalls einen fremden Hahn in die Zucht nehmen. Mit jedem blutfremden Tier kommen wieder ungewollte Merkmale in die Zucht, selbst wenn das Tier hoch bewertet war. Wenn man Pech hat, steht man dann mit der Zucht wieder am Anfang. 

Fallnester sorgen für Identifikation 
Deshalb sollte Blutauffrischung nur mit Hennen vorgenommen werden. Dies bedingt jedoch, dass man die Eier der neuen Hennen auch kennt, beschriftet, separat brütet und dann kennzeichnet. Das ist jedoch gar nicht so einfach, wenn man ganztags ausser Haus ist. Die beste Möglichkeit dafür ist immer noch das Fallnest. Wenn die Henne ins Nest geht, fällt eine Klappe runter und die Henne muss im Nest bleiben, sodass sie dort entnommen und die Ringnummer auf das gelegte Ei geschrieben werden kann. Das Fallnest müsste jedoch mehrmals täglich kontrolliert werden, denn die Henne darf ja nicht den ganzen Tag eingesperrt bleiben. Das wäre aus tierschützerischer Sicht sogar verboten. In dieser Zeit könnte sie weder fressen noch trinken, weshalb sie die Legetätigkeit sehr schnell einstellen würde. Denn ohne Nahrung gibt es auch keine Eier. 

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Jede Henne legt ein für sie typisches Ei, was Grösse, Form oder Farbe anbelangt. Also könnte mit der Fallnestkontrolle schon zeitig begonnen werden, indem man das Nest in den Stall legt, es aber nur am Wochenende so stellt, dass die Klappe beim Einritt der Henne fällt. So würde man schon nach zwei bis drei Wochenenden die Eier jeder Henne kennen, sofern nicht mit einem grossen Stamm gezüchtet wird. Sobald man mit dem Eiersammeln beginnt, würde sich die Fallnestkontrolle ganz erübrigen, weil die Eier der jeweiligen Henne zugeordnet werden könnten.

Kaninchenstall zweckentfremden
Eine weitere Möglichkeit, die Eier separat sammeln zu können, wäre mittels einer Abtrennung im Stall. Das Fallnest hat in diesem Fall hinten einen Ausgang, durch den die Henne in ihr separates Abteil gelangt, wo Futter und Wasser bereitstehen. Diese Methode eignet sich jedoch nur für zwei Hennen, es sei denn, man kann den Stall in mehrere Abteile trennen.

Stehen leere Kaninchenställe zur Verfügung, können diese das Fallnest ersetzen. Abends, wenn es dunkel ist, holt man die Hennen aus dem Hühnerstall und setzt sie in den mit Futter und Wasser eingerichteten Kaninchenstall. Wenn man von der Arbeit zurückkehrt, kann die Henne dem Kaninchenstall entnommen und die Ringnummer auf das Ei geschrieben werden. Dann setzt man die Henne wieder zum Hahn in ihren ursprünglichen Hühnerstall, wo sie vom Hahn meist sogleich getreten wird. Nach dem Eindunkeln holt man die nächsten Hennen und setzt sie wieder in den Kaninchenstall. 

Eine Henne bleibt so immer beim Hahn. Wenn man beispielsweise mit einem Hahn und vier Hennen züchtet, bleibt eine Henne so jeden vierten Tag ganztags beim Hahn. Diese Methode hat sich beim Autor sehr gut bewährt, die Befruchtungsrate der Eier lag immer über 90 Prozent. Anstelle eines leeren Kaninchenstalls können auch Ausstellungsboxen oder andere Behältnisse verwendet werden.

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Eine weitere, aus tierschützerischer Sicht weniger zu empfehlende Methode besteht darin, die Hennen ständig einzeln zu halten und den Hahn täglich zu einer Henne zu geben und so zu rotieren. Auch diese Art zu züchten verspricht eine gute Befruchtungsrate. Da die Hennen jedoch immer einzeln gehalten werden und nur alle paar Tage Gesellschaft durch einen Hahn erhalten, sollte auf diese Methode wenn immer möglich verzichtet werden. 

Ein Zuchtbuch muss sein
Es empfiehlt sich, eine Liste für jeden Zuchtstamm zu erstellen. Die gesammelten Eier werden jeweils gewogen und in die Liste eingetragen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Man stellt so nicht nur fest, ob die Eier das geforderte Minimalgewicht erreicht haben, sondern erhält dadurch auch gleich einen wichtigen Hinweis auf die Legeleistung der Hennen. Denn der Eierleistung wurde in den letzten Jahrzehnten kaum mehr Beachtung geschenkt. Dass die gekennzeichneten Eier in separaten Abteilen schlüpfen und gleich nach dem Schlupf gekennzeichnet werden müssen, versteht sich von selbst.

Welche Methode auch immer gewählt wird: Ohne Zuchtbuch nützt das alles nichts. Ein solches kann selber, beispielsweise mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel, erstellt werden. Es gibt jedoch für wenig Geld auch spezielle Software, in der alle Angaben schon vorbereitet sind. Selbst der Inzucht- und Ahnenverlustkoeffizient werden automatisch ausgerechnet. Und wer es ganz perfekt machen will, der fotografiert seine Zuchttiere und fügt sie in die Software ein. So kann sogar ein Stammbaum mit Fotos ausgedruckt werden, was Käufer von Tieren jeweils in Staunen versetzt.

Rassegeflügel so zu züchten ist zwar recht aufwendig – aber viel spannender als die reine Vermehrung, bei der man keinerlei Angaben über die Abstammung und die Leistung erhält.