Dank einer Kunstlinse kann die fünfjährige Sookie heute mit beiden Augen sehen. Vor zwei Jahren hatte sich im linken Auge der Katze ein Parasit eingenistet. Die sogenannte Enzephalitozoonose, auch Sternguckerkrankheit genannt, ist eine sehr häufige Infektionskrankheit bei Kaninchen. Bei Katzen wurde sie erst in den letzten Jahren Thema. Sookies Besitzerin Tamara Badovinac aus Aesch ZH erinnert sich: «Sookie war damals in der Schweiz der dritte oder vierte Fall.» 

Obwohl von aussen nichts zu erkennen war, merkte die 36-Jährige schnell, dass mit ihrer Katze etwas nicht stimmte. «Als ich sie streicheln wollte, fauchte sie mich an und kniff ihr Auge zu.» Sie habe dann sofort einen Termin beim Tierarzt vereinbart. 

«Der richtige Entscheid», sagt Franziska Matheis. Die Fachärztin für Augenheilkunde hat Sookie damals im Vet-Zentrum in Pfungen ZH behandelt. Mittels Bluttest kam sie auf die richtige Diagnose. Man geht davon aus, dass Katzen den Parasiten bereits im Mutterleib aufnehmen. Matheis: «Nur so kann er in die Linse eindringen.» Dort sorgt er häufig für eine Trübung (Grauer Star) und eine starke Entzündung des Augeninnern. 

Oft kommt der Tierarztbesuch zu spät
«In solchen Fällen ist es wichtig, schnell zu reagieren», sagt Matheis. Ansonsten könne sich die Entzündung weiter ausbreiten. Dann sei das Auge kaum mehr zu retten. Wohl mit ein Grund, warum Graue-Star-Operationen bei Katzen selten sind. Matheis kann die jährlichen Eingriffe an zwei Händen abzählen. «Viele Besitzer kommen erst, wenn es schon zu spät ist.» 

Sookies Besitzerin reagierte rechtzeitig und hatte die Wahl. Zusammen mit der Tierärztin entschied sie sich dafür, ihrer Katze eine Kunstlinse einsetzen zu lassen. «Zwar hatte ich noch nie zuvor etwas von Katzenlinsen gehört», sagt Badovinac. «Aber ich war einfach nur froh, dass Sookie ihr Auge und ihr Sehvermögen behalten konnte.» Das Auge ganz zu entfernen, wäre eine Alternative zum Eingriff gewesen. Ebenso das blosse Entfernen der Linse. Das hätte allerdings eine Weitsichtigkeit zur Folge gehabt. In der Nähe hätte Sookie also nur noch unscharf gesehen. 

Die Graue-Star-Operation verläuft bei Tieren ähnlich wie bei Menschen. Durch einen winzigen Schnitt wird die trübe Linse entfernt und die Kunstlinse eingesetzt. Das Ganze passiert unter Vollnarkose. Unmittelbar nach der Operation kann die Katze wieder richtig sehen. In der Regel ist der Eingriff eine schnelle Sache. «Ich konnte Sookie am Morgen bringen und am Abend wieder abholen», sagt Badovinac.  

Die Nachbehandlung ist dagegen komplizierter – und für das Resultat ist sie mitentscheidend. Matheis: «Die Operation kann noch so gut verlaufen, wenn die Nachbehandlung nicht gelingt, stehen die Heilungs- chancen schlecht.» Dann kann sich das Auge immer wieder entzünden. Bei der Nachbehandlung sind vor allem die Besitzer gefordert. Die Tierärztin klärt im Vorgespräch mit ihnen ab, ob sie sich den Aufwand zutrauen. «Es gibt leider Katzen, die sind bei Medikamenten sehr unkooperativ», so Matheis. «Wenn das der Fall ist, muss man den Eingriff vielleicht überdenken.» Denn in den ersten Wochen nach der Operation brauchen die Katzen mehrmals täglich Augentropfen. Zudem müssen sie täglich Medikamente schlucken und einen Halskragen tragen. 

Augentropfen ein Leben lang
Die Behandlung mit den Augentropfen liess Sookie zum Glück gut über sich ergehen. «Sie war in der Zeit nach der Operation sowieso sehr anhänglich, hat viel geschlafen und meine Nähe gesucht», sagt Besitzerin Badovinac. Die Medikamente schluckte sie allerdings nicht ganz so problemlos. «Ich musste ihr den Kiefer aufdrücken und ihr die Tablette in den Rachen legen.» Danach habe sie ihr die Schnauze zugehalten, bis sie geschluckt hatte. «Zur Belohnung gabs immer Sookies Lieblings-Guetzli und viele Streicheleinheiten.» Auch mit dem Halskragen hatte die Katze Mühe. «Den versuchte sie immer abzustreifen.»

Inzwischen ist die intensive Phase vorbei. Sookie muss keine Tabletten mehr schlucken und auch den Halskragen ist sie los. Augentropfen kriegt sie aber weiterhin. Zwar braucht sie sie nur noch einmal die Woche – dafür aber ein Leben lang. Tierärztin Matheis: «Damit verhindert man, dass sich durch eine chronische Entzündung der Augeninnendruck erhöht.» Zudem müssen Katzen mit Kunstlinsen jährlich zur Routinekontrolle. Auch finanziell bedeutet der Eingriff einen grossen Aufwand. Tierärztin Matheis rechnet für beide Augen mit Kosten von 3000 bis 3500 Franken. 

Badovinac kommt mit allen Medikamenten und den Kontrollen inzwischen bereits auf rund 4000 Franken. Trotzdem bereut sie den Eingriff nicht. «Ich würde es in jedem Fall wieder tun.» Sookie gehe es gut, sie habe sich überhaupt nicht verändert. «Sie ist immer noch sehr verschmust.» Und sie gehe nach wie vor gerne nach draussen. «Es freut mich, dass sie dabei alles sieht, was ihr vor die Schnauze läuft.»