Dem Nachbarskater kurz übers Köpfchen gestreichelt und schon hat man sein eigenes Büsi zu Hause mit einer bösen Krankheit angesteckt. Kann das tatsächlich passieren? Kann der Mensch bei Katzenkrankheiten eine Rolle spielen? «Aber ja», sagt Marie Müller-Klauser, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin (SVK), dazu. Sobald der Mensch in Direktkontakt mit einer klinisch kranken Katze – mit Augenausfluss, Speichel, Blut oder Samen – kommt, kann er als Überträger dienen. Pilzerkrankungen gehören laut Müller-Klauser gar zu den sogenannten Zoonosen. Das bedeutet, dass der Mensch auch selbst daran erkranken kann, wenn er in direkten Kontakt mit der Haut eines infizierten Tieres kommt. 

Ob eine Ansteckungs- oder Übertragungsgefahr besteht, hängt noch von anderen Faktoren ab: der Überlebensdauer der Erreger in der Umwelt, der Menge der übertragenen Erreger und nicht zuletzt dem Abwehrsystem von Mensch und Katze. Medizinische Fachpersonen wissen um die Gefahr und treffen Vorsichtsmassnahmen. Aber auch für private Tierhalter wird ein sorgfältiger Umgang mit fremden oder neuen Katzen empfohlen.

Grundsätzlich gilt: Wer eine neue Katze aufnimmt und mit seiner eigenen vergesellschaften will, sollte sehr genau wissen, woher sie kommt und ob und gegen was sie geimpft ist. Ist die Vorgeschichte unklar, sollte die neue Katze immer zuerst separiert und einer Tierärztin vorgestellt werden. Die kann bei einem Verdacht auf eine Krankheit testen und beraten. Hygiene – das gründliche Waschen der Hände und eventuell auch der Einsatz eines Handdesinfektionsmittels – ist in solchen Fällen Pflicht. 

Längerfristig die wichtigste und effizienteste Schutzmassnahme vor Krankheitsübertragungen durch Mensch und Tier ist das Impfen. «Für einen Grossteil der typischen Infektionskrankheiten bei Katzen ist eine Impfung möglich und empfehlenswert», sagt Karin Böhlen von der Kleintierpraxis Lyssbach in Lyss dazu. Welche Impfung wann Sinn ergibt, hänge von den individuellen Lebensumständen von Mensch und Katze ab.

Impfen, impfen, impfen
Eine der bekanntesten Krankheiten, gegen die vorbeugend geimpft werden sollte, ist der Katzenschnupfen. Dabei handelt es sich um eine Komplexerkrankung, bei der verschiedene Viren (etwa Herpes- oder Calicivirus), aber auch Chlamydien Schleimhäute, Augen, Nase und Zunge angreifen und schädigen. Auch Lunge und Bronchien können befallen werden – gerade bei immunschwachen Tieren mit tödlichen Folgen. Laut Böhlen ist eine Impfung «dringend empfohlen», nicht zuletzt weil der Mensch diese gefährlichen Erreger in die Wohnung einschleppen könne. 

Chlamydien ihrerseits können mit bestimmten Antibiotika therapiert werden. Sie gehören zu den Zoonose-Erregern und sind damit auf Menschen übertragbar. Auch hier gilt also erhöhte Vorsicht, wenn bekannt ist, dass eine Katze daran erkrankt ist. Eine Impfung ist ebenfalls möglich.

Besonders gefürchtet, weil fast immer tödlich, ist die sogenannte Katzenseuche (Panleukopenie). Der Erreger gehört zu den Parvoviren und ist eng verwandt mit den Parvoviren des Hundes. Zu den Symptomen gehören Durchfälle und Dehydrierung bis hin zum Zusammenbruch des Immunsystems. «Dieses Virus bleibt bei Raumtemperatur bis zu einem Jahr infektiös und kann mit handelsüblichen Desinfektionsmitteln nicht ausgeschaltet werden», warnt die Tierärztin. Eine Übertragung kann durch direkten Kontakt oder indirekt durch Futter oder Käfige geschehen – und auch der Mensch kommt als Überträger infrage. Böhlen: «Eine Impfung ist äusserst sinnvoll.» 

Zu den gefürchteten Viruserkrankungen gehört auch die Leukose (Felines Leukämie Virus / FeLV). Leukoseviren gehören zu den Retroviren und bauen ihr Erbgut in das Erbgut der Wirtszelle ein, damit diese weitere Viren produziert. Laut Böhlen ist das Erscheinungsbild der Krankheit sehr vielfältig und reicht von Erkältungssymptomen über Gelbsucht bis hin zu Wesensveränderungen. Die Ansteckung erfolgt über Speichel, Kot, Urin oder beim Deckakt. Auch eine Übertragung über die Plazenta von der Mutter auf die Welpen ist möglich. Ein Mensch müsste in Kontakt mit dem Speichel oder den Ausscheidungen einer infizierten Katze kommen, um die Viren auf eine gesunde Katze übertragen zu können. Auch hier gilt: Eine Impfung ist möglich und sinnvoll. 

Katzenaids und Katerkrankheit
Die Abkürzungen FIP und FIV schliesslich tönen zwar ähnlich, stehen aber für zwei unterschiedliche Erankungen. FIP (Feline Infektiöse Peritonitis), eine Bauchfellenzündung, wird durch die sogenannten Coronaviren hervorgerufen, mit denen viele Katzen im Laufe ihres Lebens in Kontakt kommen, ohne zu erkranken. Das bösartige Virus ist eine Mutation. Es dringt in bestimmte weisse Blutkörperchen ein und verbreitet sich im ganzen Körper. Infizierte Katzen scheiden es mit dem Kot oder dem Speichel aus – so geschieht eine Übertragung auf andere Katzen in der Regel durch einen direkten Körperkontakt oder kontaminierte Gegenstände, nicht durch den Menschen. «Das Virus überlebt in der Aussenwelt mehrere Wochen, kann aber durch Desinfektionsmittel leicht inaktiviert werden», sagt Böhlen. Über eine mögliche Impfung wird kontrovers diskutiert.

Das FIV (Feline Immundefizienz Virus) ähnelt dem FeLV der Katze und dem HIV beim Menschen und wird deshalb in der Umgangssprache oft auch als Katzen-AIDS bezeichnet. Auch dieses Virus gehört zu den Retroviren und baut sein Erbgut in die T-Lymphozyten ein. Das führt dazu, dass irgendwann das Immunsystem versagt. FIV wird in der Regel durch Bisswunden oder durch den Deckakt übertragen. Da bei Revierkämpfen zwischen unkastrierten Katern oft blutende Verletzungen durch Bisse entstehen, wird FIV auch als Katerkrankheit bezeichnet. Eine Übertragung durch den Menschen ist damit extrem unwahrscheinlich, eine Impfung nicht möglich.