Ein seidig glänzendes Fell, kräftige Hufe, geschmeidige Muskeln, Leistungsbereitschaft und ein zufriedenes Gemüt: Ein wichtiger Grundpfeiler für die Gesundheit des Pferdes ist seine Ernährung, der in der Regel grosse Beachtung geschenkt wird. Fütterungsbedingte Mängel kommen daher in Schweizer Ställen kaum mehr vor. Das Gegenteil ist häufiger der Fall: In bester Absicht werden Pferde falsch oder übermässig gefüttert, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Ausserdem lauern im Futter verschiedene Gefahren, deren sich manche Pferdebesitzer gar nicht bewusst sind.

Raufutter ist die Grundlage der Pferdefütterung: Kauapparat und Verdauungssystem des Pferdes sind darauf ausgelegt, ständig Rohfasern aus Pflanzen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu verdauen. Die heutigen Weiden entsprechen allerdings nicht mehr der ursprünglichen Futtergrundlage des Pferdes, sie sind zu «fett», das Gras zu reich an Energie und Eiweiss: Pferde, die zu lange grasen, werden dick, was sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann.

Im Schweizer Mittelland sind jedoch die Weideflächen der meisten Ställe zu klein, um Pferden eine relevante Versorgung mit Gras zu ermöglichen. Also muss Raufutter zugefüttert werden. Ideal ist ein Mix aus Heu, Haylage, Silage und sauberem Stroh als Einstreu und zum Knabbern. Allerdings ist die häufig geäusserte Forderung von Raufutter «ad libitum», also zur freien Verfügung, je nach Pferd zu überdenken. Nordische und ursprüngliche Rassen, Ponys, aber auch an karge Standorte gewöhnte Spanier oder Araber sowie manche Warmblüter fressen – oftmals aus blosser Langweile – mehr Heu, als ihnen guttut, und es droht Verfettung. Mit der Faustregel von 1 bis 1,5 Kilo Heu pro 100 Kilo Körpergewicht liegt man im Normalfall richtig.

Tödliche Gefahr im Raufutter
Wichtig ist eine gute Qualität, denn staubiges, schimmliges, mit Pilzsporen durchsetztes Heu und Stroh ist eine ernsthafte Bedrohung für das Pferd. In leichten Fällen kommt es zu Durchfall. Geraten Staub und Pilzsporen in die Lunge, kann Husten und auf Dauer eine chronisch-obstruktive Bronchitis (COB) entstehen.

Weiches, feines Heu, Emd und klein gehäckselte Silage befriedigen das Kaubedürfnis des Pferdes zu wenig. Der «Futterbrei» wird nicht gründlich genug durchfeuchtet, was zu Problemen bei der Verdauung im Dünndarm und der mikrobiellen Verarbeitung im Dickdarm führen kann.

Eine tödliche Gefahr geht von Raufutter aus, das mit dem Bakterium Clostridium botulinum kontaminiert ist. Wird eine tote Maus oder sonst ein Tierkadaver in einem Heu- oder Silo-Ballen eingeschlossen, entsteht unter bestimmten Bedingungen dieses Nervengift. Für ein Pferd kann schon eine Handvoll Heu aus der Umgebung des infizierten Kadavers tödlich sein.

Gute Raufaser-Quellen für Pferde sind auch Zweige, Äste, Holz und Rinde von Bäumen und Sträuchern: Sie haben den Vorteil, dass sie wenig verwertbare Energie enthalten, dem Pferd aber eine zusätzliche, natürliche Beschäftigung verschaffen. Geeignet sind Haselnuss, Weiden, Pappeln, Rottanne, Birken, Buchen sowie Apfel- und Birnbäume. Aber Achtung: Manche Sträucher und Bäume wie Rhododendron, Oleander, Thuja, Buchsbaum, Eibe oder Akazien sind hochgiftig für Pferde und können schon in geringen Mengen zum Tod führen.

Hafer ist gut, aber anfällig für Schimmel
Ob und in welcher Menge ein Pferd ergänzend zum Raufutter noch Kraftfutter in Form von Getreide benötigt, hängt von seiner Nutzung und seinem Alter ab. Das bevorzugte Getreide in der Pferdefütterung ist der Hafer. Er ist leicht verdaulich und wird in guter, staubarmer Qualität von den meisten Pferden gut vertragen. Allerdings ist Hafer, vor allem wenn er bereits gequetscht ist, anfällig für Schimmelbildung – er muss kühl und trocken gelagert werden.

Die sachgerechte Lagerung ist für alle Futtermittel wichtig, auch für Saftfutter wie Karotten und Äpfel. Denn in verschimmeltem Futter finden sich Pilzgifte, sogenannte Mykotoxine, die auf verschiede Organe wie Leber und Nieren, den Magen-Darm-Trakt, das Herz-Kreislauf-System, das Nervensystem sowie das Immunsystem wirken und so zu schweren Erkrankungen führen können.

Nicht oder nur in kleinen Mengen an Pferde verfüttert werden sollten Weizen und Roggen. Beide Getreidesorten erhalten ein «Klebereiweiss», durch das sie im Magen leicht verklumpen, sich schlecht verdauen lassen und im schlimmsten Fall zu einer Fehlgärung mit einer Kolik führen können.

Fertige Kraftfutter-Mischungen aus dem Fachhandel enthalten bis zu 20 und mehr Inhaltsstoffe. Ob diese alle den Bedürfnissen des Pferdes entsprechen, sollte man sorgfältig abklären, bevor man den Werbeversprechen erliegt und das Futter kauft. Fertige Futtermittel enthalten oft für das Pferd ungeeignete Zusätze wie Soja, Öle oder Rückstände aus der Zuckerindustrie, die schlecht vertragen werden oder zu allergischen Reaktionen führen können.

Bei der Verabreichung von Kraftfutter ist jedoch nicht nur die Form entscheidend, sondern auch die Menge. Da Pferde im Vergleich zu ihrer Grösse einen sehr kleinen Magen haben, darf die Menge einer Mahlzeit 500 Gramm pro 100 Kilo Körpergewicht nicht überschreiten. Benötigt ein Pferd aufgrund seiner körperlichen Leistung mehr Kraftfutter, muss dieses über mehrere Mahlzeiten am Tag aufgeteilt werden. Da auch zu viel Stärke krank machen kann, sind grosse Kraftfuttermengen problematisch und sollten im Rahmen eines Ernährungsplans mit einem Tierarzt oder Tierernährungs-Experten besprochen werden. Das Gleiche gilt auch für die Verabreichung von Zusatzfuttermitteln mit Kräutern, Mineralien und Vitaminen.

Vorsicht vor zu viel Vitaminen
Um ihr Pferd gesund und fit zu halten, füttern manche Pferdebesitzer in bester Absicht die falschen oder zu grosse Mengen an Zusatzstoffen. Beliebt sind Kräuter, deren Wirkung auf das Pferd allerdings noch nicht umfassend erforscht ist. Im besten Fall schaden die verabreichten Kräuter nicht, doch gerade Pflanzen mit einem hohen Anteil an ätherischen Ölen können bei empfindlichen Pferden auch zu Haut- und Schleimhautreizungen oder allergischen Reaktionen führen.

Auch bei Mineralien und Vitaminen ist der Grundsatz «viel hilft viel» falsch. Genauso wie ein Mangel zu gesundheitlichen Problemen führen kann, ist das auch bei einer Überdosierung der Fall. Während die wasserlöslichen C- und B-Vitamine einfach wieder ausgeschieden werden, kann eine massive Überversorgung mit den fettlöslichen Vitaminen A, D und E zu Vergiftungserscheinungen führen. Körperliche Symptome aufgrund einer Überdosierung an Mineralstoffen wie Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium oder Phosphor sind eher selten der Fall, während bei den Spurenelementen (zum Beispiel Eisen, Kupfer, Jod, Mangan, Selen, Zink) die Grenze zur Toxizität bald einmal überschritten ist.

Zwar gehört zu einer optimalen Ernährung auch ein ausgeglichener Mineralstoffhaushalt, doch die meisten Pferdebesitzer überschätzen den tatsächlichen Bedarf. Ob tatsächlich ein Mangel an einem bestimmten Stoff vorliegt, kann der Tierarzt anhand eines Blutbildes feststellen, sodass danach gezielt und bedarfsgerecht gefüttert werden kann.