Vogelhaltung ist faszinierend und herausfordernd zugleich. Sie vermittelt ein grosses Glücksgefühl, denn Vögel reagieren, wenn man mit ihnen spricht. Wer seine Vögel in geräumigen Volieren hält, dem sind vergnügliche und aufschlussreiche Beobachtungsstunden sicher. Wer sich auf die Vogelhaltung einlässt, ist mit einer täglichen Aufgabe betreut und mit vielen interessanten Fragen konfrontiert.

Welche Arten eignen sich zur Haltung im Wohnbereich? Oder soll gar eine Aussenanlage geplant werden? Jean-Michel Hatt, Direktor der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich, betont, dass der Standort einer Zimmervoliere oder einer Volierenanlage entscheidend sein kann. Stressfaktoren für Vögel könnten mit Abschrankungen wie immergrünen Büschen aussen an der Voliere minimiert werden. Vögel fühlten sich nicht wohl in einem Zimmer, in dem immer bis spät in die Nacht Betrieb herrsche, sagt Hatt. Die meisten der in der Haltung verbreiteten Vögel sind Tropentiere und sind sich an einen Zwölfstundenrhythmus gewöhnt.

Hatt streicht die Wichtigkeit einer Quarantäne für Neuzugänge heraus, wenn man bereits Vögel im Bestand hat. «Oft werden Neuerwerbungen viel zu früh mit den bereits länger gehaltenen Vögeln zusammengesetzt, was zu grossen Risiken führen kann.» Gerade mit Vögeln kennt sich nicht jeder Tierarzt aus. Es ist darum wichtig, dass ein auf Vögel spezialisierter Tierarzt konsultiert wird. Ein solcher Tierarzt bilde sich regelmässig weiter, sagt Hatt, in dessen Klinik auch viele Vögel behandelt werden.

Temperatur und Luftfeuchtigkeit
Die Überwachung der Rahmenbedingungen in der Vogelhaltung ist wichtig. Licht, Luftfeuchtigkeit und Temperatur sind entscheidend. Hatt betont, dass gerade der Luftqualität grosse Bedeutung beigemessen werden muss. Werden Vögel im Innenraum gehalten, sollten während der warmen Jahreszeit Fenster offen stehen, sodass stetig frische Luft zirkulieren kann. Auch ein Ventilationssystem kann für eine gute Belüftung sorgen.

Wie hoch ist die Luftfeuchtigkeit? Tropentiere fühlen sich in trockener Heizungsluft bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 35 Prozent nicht wohl. Das kann zu Aspergillose führen, einer Schimmelpilzerkrankung im Atemwegsystem des Vogels. Gerade Papageien werden, wenn sie in Schutzhäusern leben, besser bei einer Temperatur von circa 7 °C im Winter gehalten. So bleibt die Luftfeuchtigkeit hoch und die Gefahr von Pilzerkrankungen verringert sich.

Der Papageienzüchter Hans Zehnder aus Bürglen TG beispielsweise erzielt viele Zuchterfolge mit Rotsteisspapageien, die bekannt dafür sind, an Atemwegserkrankungen zu leiden. Er hält sie im Winter zwar frostfrei, aber kalt, und hat keine Probleme mit Pilzerkrankungen. Auch in ihrer südamerikanischen Heimat stammen etliche Arten dieser Gattung aus höheren Andenlagen, wo die Temperatur nachts bis zum Gefrierpunkt sinken kann.

Licht, Bepflanzung, Nahrung
Heute weiss man, dass Vögel ultraviolettes Licht wahrnehmen, dass für sie Gefiederfarben dank dieses Lichtes ganz anders als für unsere Augen erscheinen und dass für sie Früchte in ultraviolettem Licht entsprechend ihrem Reifezustand unterschiedlich leuchten. Etliche Arten können gewisse Vitamine ohne direktes ultraviolettes Licht kaum aufschliessen, wie beispielsweise Graupapageien das für sie wichtige Vitamin A. Glasscheiben filtern das ultraviolette Licht aus.

Die Frage, ob Vögel durch offene Fenster von direktem Sonnenlicht profitieren können, sie sich gar in der Aussenvoliere in die Sonne setzen können oder in einem Raum ohne diese Möglichkeiten leben, ist darum wichtig. Der Zoohandel bietet entsprechende ultraviolette Lichtquellen für den Innenraum an, die allerdings nur auf geringe Distanz wirksam sind und mindestens einmal jährlich erneuert werden müssen, weil sie ihre Intensität rasch verlieren.

Bei der Gestaltung einer Zimmervoliere oder gar einer Volierenanlage hilft ein Blick in das natürliche Verbreitungsgebiet. Stammen die Pfleglinge aus dichtem, tropischem Regenwald oder aus offenen Savannengebieten? Vögel aus dem Regenwald fühlen sich in bepflanzten, dicht von Vegetation umgebenen Volieren wohl, diejenigen aus Savannengebieten wollen gerne weit blicken können, damit sie sich sicher fühlen. Die Einrichtung einer Voliere muss das biologische Bedürfnis des Vogels befriedigen und dem Verhaltensspektrum der Art entsprechen.

Eine Voliere muss aber auch effizient in der Bewirtschaftung sein, sodass sie einfach sauber gehalten werden kann. Für eine langfristige Gesunderhaltung ist natürlich auch eine richtige, auf die Art ausgerichtete Ernährung entscheidend. Auch wenn sich ein Vogel hauptsächlich von Früchten und Körnern ernährt, hat er meist doch auch ein Bedürfnis nach tierischen Eiweissen, das wir in Form von gekochten Eiern, Hüttenkäse oder Eifutter zuführen können. Mineralien und Spurenelemente sind essenzielle Zugaben. Gerade zur Bildung von Eierschalen ist Kalk wichtig. Doch auch die Bewirtschaftung und Lagerung des Futters muss unter die Lupe genommen werden. Das Futter sollte in kühlen, trockenen Räumen aufbewahrt und nicht in zu grossen Mengen eingekauft werden.

Wenn ein Vogel dem Tierarzt präsentiert werden sollte, muss er vorher eingefangen werden. Jean-Michel Hatt erlebt immer wieder, dass Leute meinen, dass das zu viel Stress für den Vogel bedeuten würde. «Wenn ein Vogel auf dem Transport stirbt, war es nicht wegen des Stresses durch den Fang, sondern weil er bereits unheilbar krank war», sagt er. Es liegt in der Natur des Vogels, eine Krankheit so lange als möglich zu verbergen. Wird sie dann offensichtlich, ist es oft schon zu spät, um ihn zu retten.

Wachsam für Krankheitsanzeichen
Vögel vertragen Stress durch Herausfangen problemlos, und es ist nicht schlimm für sie, wenn sie fachgerecht gefangen werden. Ein Halter muss diese Kompetenz haben. Zum Herausfangen eignen sich Kescher, deren Ränder mit Schaumstoff gepolstert sind. Netze sind völlig ungeeignet. Papageien werden nach dem Fangen am besten in ein Badetuch eingewickelt. Der Kopf wird mit den Fingern einer Hand fixiert. Sobald das Tuch um den Papagei gewickelt ist, beruhigt er sich, da er merkt, dass ein Entrinnen nicht mehr möglich ist. Eine saubere, dunkle Transportbox muss immer zur Verfügung stehen.

Wenn aus einem Bestand ein Vogel stirbt, sollte der Kadaver untersucht werden. Die Erkennung von möglichen Viren oder Erkrankungen kann die anderen Vögel im Bestand vor Schlimmem bewahren. Es gehört zur Aufgabe des Vogelpflegers, seine Tiere täglich zu beobachten. Ein gesunder Vogel hat einen wachen, aufmerksamen Blick, saubere Füsse und ein geschlossenes Gefieder.

Ein während des Tages aufgeplustertes Gefieder ist ein Anzeichen, das ernst genommen werden sollte. Ebenso, wenn der Vogel seinen Kopf in die Federn steckt. Alarmierend ist, wenn er schwer atmet und dabei mit dem Schwanz wippt. Wenn an der Wand des Käfigs hervorgewürgtes Futter klebt, ist das ein weiteres Anzeichen, welches untrüglich zeigt, dass es dem Vogel nicht gut geht.

Bei kranken Vögeln ist der Schnabel oft verunreinigt, die Nasenlöcher sind feucht und die Wachshaut ist blass. Der Kot ist ein wichtiges Indiz bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes eines Vogels, wobei immer auch berücksichtigt werden muss, was der Vogel gerade an Nahrung zu sich nahm.

Geräumige, saubere Volieren, eine gesunde Ernährung, frische Luft, Licht und stete Beschäftigung halten Vögel langfristig gesund, sodass wir uns an ihnen freuen können und es vielleicht auch zu einem Zuchterfolg kommt.