Wellensittiche sind äusserst intelligente Hausgefährten, die von Natur aus dazu befähigt sind, ihr Leben unter verschiedenartigen Herausforderungen zu meistern. Doch während ihr Leben in der Wildnis manchmal sehr hektisch und gefahrvoll sein kann, sind diese temperamentvollen Vögel als domestizierte Hausgenossen ziemlich unterfordert. Ihre Umgebung ist im Haus wesentlich eintöniger und ihre Möglichkeiten, sich zu bewegen oder verschiedene Verhaltensweisen auszuüben, sind eingeschränkt.

Umso wichtiger ist es, das Leben der gefiederten Mitbewohner so gut es geht zu bereichern, um sie vor der Langeweile zu bewahren und Verhaltensstörungen vorzubeugen. Gelegenheiten zur Bereicherung ergeben sich in ganz verschiedener Hinsicht, etwa im Sozialleben, bei der Ernährung und bei der Strukturierung ihres kleinen Lebensraumes im Haus.

Schon die Anwesenheit von Artgenossen ist ein grosses Plus für die geselligen Wellensittiche. In einer kleinen Gruppe fühlen sie sich am wohlsten. Zwei oder mehrere Paare sind bei der Wohnungshaltung ideal, soweit es der Platz und die Kapazitäten der Betreuer erlauben. Bei mehr als zwei Individuen bestehen mehr Möglichkeiten für soziale Interaktionen als bei der Haltung eines einzigen Paares. Zudem spornen sich die Vögel in einer Gruppe gegenseitig zu mehr Aktivitäten an. Die Schweizer Tierschutzverordnung fordert im Minimum die Haltung eines Paares, wie bei anderen gesellig lebenden Tieren ist die Einzelhaltung nicht erlaubt.

Von den anderen lernen
Bei grösseren Gruppen ist es kein Problem, wenn es mit der Anzahl möglicher Partner nicht genau aufgeht. Viele, aber nicht unbedingt alle Wellensittiche gehen Partnerschaften ein, die mehr oder weniger eng auch ausserhalb der Brutzeit bestehen bleiben. Männliche Wellensittiche bilden manchmal Freundschaften mit anderen Männchen.

Alles in allem ist das Sozialverhalten der Wellensittiche äusserst reich, individuell unterschiedlich und interessant zu beobachten. Die Gefiederten sorgen diesbezüglich durchaus für gelegentliche Überraschungen.

Als domestizierte Vögel werden Wellensittiche schnell zutraulich, manche Individuen eher als andere. Da die Wellensittiche vieles durch Abschauen von ihren Artgenossen lernen, hat man beste Chancen, nach der Zähmung eines einzelnen Vogels bald das Vertrauen des restlichen Schwarmes zu gewinnen. Entgegen einem verbreiteten Vorurteil werden Wellensittiche durchaus im Schwarm zahm – ein wenig Geduld vorausgesetzt!

Ein liebevoller, entspannter Umgang mit dem Menschen bereichert das Leben der Vögel. Die «Besuchszeit» im Vogelzimmer kann man dazu nutzen, die Wellensittiche mittels Clickertraining zu verschiedenen kleinen Tricks zu motivieren. Das Clickern, das mit positiver Verstärkung arbeitet, ist eine hervorragende Methode, das Verhalten von verschiedensten Tieren zu steuern. Besonders sinnvoll ist es, den Vögeln wichtige Verhaltensweisen beizubringen, die ihre Pflege erleichtern, etwa das Aufsuchen einer Waage oder eines Transportkäfigs auf das entsprechende Signal hin. Ein für Vögel eingesetzter Clicker sollte nicht zu laut sein.

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Ein Stück Kolbenhirse lenkt die Aufmerksamkeit auf
das neue Spielzeug.

Bild: Esther Wullschleger Schättin

Erkundung und Beschäftigung
Das Erkundungsverhalten der Wellensittiche wird inspiriert, wenn sie ab und zu etwas Neues in ihrem Lebensraum vorfinden. Es gibt reichlich ­Fachinformationen zum Thema, welche Pflanzen, Kräuter, Früchte und Gemüse für Wellensittiche geeignet sind, sodass man ihnen zusätzlich zum täglichen Basisfutter aus Körnern wechselweise eine Vielfalt an Frischnahrung wie Apfel, Karotte oder Salat anbieten kann. Besonders beliebt bei den Wellensittichen sind naturgemäss halb reife Hirsen und Wildgrasähren.

Auch bei der Art, wie beispielsweise Kräuter angeboten werden, lässt sich Abwechslung einbringen. Wenn die Wellensittiche Thymian mögen, kann man einen Thymianzweig aufstecken, in kleinen Teilen in einem Futternapf anbieten oder auf eine saubere Bodenfläche legen. Im letzteren Fall werden die Wellensittiche wahrscheinlich von allen Seiten her daran zerren und zupfen.

Sowohl der Fachhandel als auch innovative Vogelhalterinnen und Vogelhalter haben eine Reihe von Spielsachen ausgetüftelt, mit welchen die Vögel zu verschiedenen Verhaltensweisen inspiriert werden. Spielzeuge können Leckereien enthalten, die sich der Vogel «erarbeiten» muss. Farben können die Neugier dieser visuell orientierten Tiere wecken. Frei schwingende Schaukeln oder Baumwollringe, geschwungene Seile oder Ähnliches fördern die Beweglichkeit der darauf landenden Vögel. Solange die Materialien ungiftig und verletzungssicher sind (Vorsicht, auffasernde Schnüre vermeiden!), sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Spielzeuge dürfen zerstörbar sein, denn auch Wellensittiche nagen gern.

Da diese Vögel sehr gern und geschickt fliegen, brauchen sie einen grossen, offenen Flugraum von einigen Metern Länge. Sie schätzen es, wenn man Schaukeln, Ringe oder Seile aufhängt. Das Futter kann erhöht oder auf einer freien, sauberen Bodenfläche angeboten werden, über welcher keine Sitzgelegenheiten angebracht sind.

Regelmässig gereichte frische Zweige, etwa von Hasel oder Weide, sind praktisch unverzichtbar für die Wellensittichhaltung. Sie können von den Vögeln benagt und für akrobatische Klettereinlagen verwendet werden. Ideal ist, wenn das eine Ende eines Zweiges unbefestigt bleibt und frei wippen kann, wenn ein Vogel darauf landet. Stark harzende Nadelhölzer und insbesondere die Zweige der giftigen Eibe dürfen jedoch nicht gegeben werden.

Manche Wellensittiche baden nicht gern. Am ehesten wird eine flache Wasserschale dazu genutzt, wenn noch dazu die Lieblingskräuter der Vögel im Wasser liegen. Die Sittiche geniessen es manchmal auch, mittels einer Pflanzenspritze abgeduscht zu werden oder in einem tropfend nassen Kräuterbüschel zu baden.

Clickertraining für Vögel

Handgemachtes Spielzeug für Vögel

Literatur: Christine Scholtyssek: «Papageien­spielplatz selbst gemacht», gebunden, 96 Seiten, Verlag: Ulmer, 2010, ISBN: 978-3800151721, ca. Fr. 23.–

Verein Wellensittichfreunde Deutschland (VWFD): widmet sich dem Schutz der Wellensittiche und bietet Fachinformationen sowie ein Internetforum. Für 2015 hat der VWFD einen Wandkalender herausgegeben, der Tipps zum Thema «Vielfältige Wohnideen für Dauerflieger» bereithält: Bestellung und Infos

Wellensittiche im Haus: Was zu beachten ist

Licht: Heller Standort (Raum mit Fenstern, auch für Vögel flackerfreie Tageslichtlampe); Vogel­lampe aus dem Fachhandel, um den UV-Bedarf der Vögel zu decken.

Flugraum:Idealerweise eine grosse Zimmervoliere oder ein Vogelzimmer einrichten. Ansonsten Freiflug unter Aufsicht (mindestens eine Stunde pro Tag, besser mehr).

Einrichtung: Bei Freiflug attraktive Standorte wie einen Vogelbaum anbieten, damit Anreiz besteht, den Käfig zu verlassen. Beobachten, wo sich die Vögel besonders gerne niederlassen. Die Wahl ihres Lieblingsplatzes kann durch Anreize ein Stück weit beeinflusst werden. Sie bevorzugen hoch gelegene Stellen im Raum.

Staub: Mehr als vier bis sechs Wellensittiche bringen viel Putzaufwand mit sich. Allergierisiken vor dem Erwerb der Vögel abklären. Eine Gruppengrösse von 20 bis 25 Wellensittichen ist an der oberen Grenze für die Haltung im Haus.