Als Elias Müller vor vier Jahren den Verein AquaLuz gründete, um Abgabefischen ein neues Zuhause zu geben, dachte er nicht im Traum daran, einmal rund 5000 Zierfische zu be-herbergen – Tendenz steigend. «Wir haben heute 150 Aquarien, die von Nanobecken mit 20 Litern bis hin zu Grossaquarien mit 4500 Litern reichen», sagt der Surseer. Einen Teil der Fische hat der 26-Jährige rasch vermittelt. Rund 200 Fischliebhabende jeden Alters suchen jede Woche in den Aquarien von AquaLuz nach neuen Bewohnern für ihre heimischen Aquarien.

«Manche nehmen nur einen oder zwei Fische, andere gleich einen Schwarm von 20 Fischen.» Die Klientel, dieFischen ein neues Zuhause gibt, ist laut Müller bunt gemischt. Grossverdiener befinden sich ebenso darunter wie Geringverdienende. Mehr junge Menschen würde sich Müller wünschen. «Die meisten Jugendlichen kommen nur auf Wunsch ihrer Eltern zu uns.» Die meisten Personen kennt der Fischexperte gut. «Viele kaufen seit Jahren bei mir Futter und Zubehör, daher kenne ich sie und auch ihre Fische.»

Meist ist ein Umzug der Grund

Bei Erstkunden hingegen hinterfragt Müller genauestens Wissen und Möglichkeiten bezüglich der Zierfischhaltung. Bevor er Fische abgibt, lässt er sich möglichst ein Foto des bestehenden Aquariums zeigen. Eine gute Haltung für seine Pfleglinge liegt ihm am Herzen.«Fische sind Lebewesen wie Hunde und Katzen. Auch sie verdienen eine gute Haltung, was wiederum viel Wissen und Zeit voraussetzt.»

Fehlendes Wissen sieht Müller dann auch als einen der Hauptgründe, warum Aquariumsfische bei ihm abgegeben werden. «Oftmals wird der Arbeitsaufwand eines Aquariums komplett unterschätzt oder die sich schnell vermehrende Fischart macht den Leuten zu schaffen. So mancher möchte auch nur sein Aquarium umgestaltet.» Als Grund wird jedoch meistens ein Umzug und das damit einher-gehende Verbot eines Aquariums genannt.

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John-David Bauder kann dies nur bestätigen. «Die Gründe, warum Fische abgegeben werden, sind die gleichen wie bei anderen Tierarten.» Bauder ist Gründer und Leiter des Zoos Johns kleine Farm, wo unter den 690 Tieren aus 81 Arten seit Sommer 2021 auch Fische leben. Immer wieder sind auch Abgabefische darunter. «Der Umzug in eine kleinere Wohnung, Altersheimeintritt, Krankheit, Todesfall des Halters, veränderte Lebensumstände, Allergien oder einfach keine Lust mehr zu haben, führen oft dazu, dass diverse Tierarten bei uns abgegeben werden.»

90 Prozent der Tiere im Zoo sind Tierschutzfälle. Zum 25. Jubiläum realisierte Bauder sich vergangenes Jahr seinen lang gehegten Wunsch: ein Aquarium inklusive einer Auffangstation für Fische. Nach Bauders Meinung könnte die Zahl der Abgabefische in Zukunft noch steigen. «Aktuell können wir uns vorstellen, dass es auch aufgrund der Energiekrise Abgabetiere geben wird.»

Fast 300 Abgabefische pro Woche

Die Fische werden von den Auffangstationen gegen einen Abgabeschein kostenlos aufgenommen. Nicht immer handelt es sich laut Müller um gängige Fisch-arten. «Zehn Prozent sind echte Raritäten. Gerade beim Tod von älteren Menschen kommt es oft zu Überraschungen, da teils noch Wildformen in ihren Aquarien leben.» Ob alt oder jung, klein oder gross, Zucht oder Wildform – in den Auffangstationen bekommen alle Fische erstmal ein neues Zuhause. Bei AquaLuz finden so wöchentlich 200 bis 300 Fische ihren Weg in die Aquarien. Bauder hingegen konnte im vergangenen Jahr insgesamt «nur» 260 Fische weitervermitteln. Mit rund 2000 Litern, verteilt auf mehrere Becken, ist die Auffangstation in Johns kleiner Farm um einiges kleiner als AquaLuz.

Wie auch bei anderen Tierarten werden die schwimmenden Neuzugänge in den Auffangstationen gesondert behandelt, erklärt Bauder. «Nach Ankunft der Tiere kommen die Fische zuerst in ein nüchtern eingerichtetes Quarantänebecken. Nach Ablauf einer gewissen Zeit und sobald auch die Wasserwerte stimmen, können diese dann in ein normales Becken umziehen.» Solange man Rücksicht auf die Biologie, die Bedürfnisse, den Lebensraum und die strukturelle Gestaltung der Becken nimmt, hält er eine Vergesellschaftung für relativ problemlos. Nach etwa zwei bis fünf Tagen hat Bauder die Fische dann weitervermittelt.

Aufgrund seines grossen Fischaufkommens dauert dies bei Müller oft länger. Er vergesellschaftet viele Fische daher in einem der mittlerweile 150 Aquarien, die in geographische Regionen unterteilt sind. «Afrikanische, asiatische und amerikanische Fischarten können in der Regel innerhalb ihrer Gruppe gut gemeinsam gehalten werden.» Bei Karnivoren sei die Quarantäne und die Vergesellschaftung anspruchsvoller.

So brauchen Pfauenaugenbuntbarsche, Piranhas oder Riesenguramis in der Regel grosse Aquarien, um problemlos mit anderen Fischen gehalten werden zu können. Denn je grösser das Aquarium, desto weniger leben die Fische laut Müller ihre Aggressionen aus. Je nach Art bleiben die Fische unterschiedlich lange bei ihm. Manche Arten wie der Neonsalmler, Garnelen oder spezielle Welse sind derart gefragt, dass Müller für diese sogar Wartelisten führt. Mühsam hingegen ist die Vermittlung von Fischarten, die sich stark vermehren, meint Müller. «Lebendgebärende Guppys und Mollys sowie grosse Fischarten ab 30 bis 40 Zenti-metern finden nur schwer neue Besitzer.»

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Viel Arbeit, wenig Spenden

Jeden Mittwoch- und Samstagnachmittag können Fische bei AquaLuz ohne Voranmeldung abgegeben werden. Um dem Andrang gerecht zu werden, hat Müller an diesen Tagen bis zu acht freiwillige Helfer. Bis heute ist AquaLuz das einzige offizielle Tierheim für Fische in der Schweiz. Bis die rechtlichen Grundlagen hierfür in Abstimmung mit dem zuständigen Veterinäramt erarbeitet waren, war es ein langer Weg. Seitdem finanziert sich AquaLuz hauptsächlich von dem Verkauf von Futter, Zubehör und eben der Fische. Weiterhin so rasant wie bisher wird AquaLuz allerdings nicht wachsen können.

Die Kosten für Miete und Strom sind immens hoch. Während die Auffangstation in Johns kleiner Farm sich als Teil des bereits 1996 gegründeten Betriebes unter anderem durch Eintritte, Spenden und Legate finanzieren kann und die Gebühren für Abgabefische angepasst je nach Fall und Situation erhebt, sieht es bei AquaLuz nicht so rosig aus. «Die Zuschüsse vom Schweizer Tierschutz decken nur etwa zehn Prozent der Kosten. Private Spenden belaufen sich leider nur auf einem Prozent», bedauert Müller die schlechte Spendensituation. Die Fische verkauft Müller, der bis zu 40 Stunden pro Woche für seine Leidenschaft ehrenamtlich arbeitet, daher zum halben Preis wie der Zoofachhandel. So kann er zumindest die laufenden Kosten decken – noch.