Microgreens haben es trotz ihrer geringen Grösse in sich. In den jungen Pflänzchen steckt geballte Energie in Form von Vitaminen und Mineralstoffen. Der englische Begriff umschreibt keine neuen Gemüsearten, sondern ist eine Bezeichnung für die Keimlinge von altbekanntem Grün wie Salat, Sellerie, Rande oder Pak Choi. Die Miniaturpflänzchen sind zart, bunt, gehaltvoll und gesund. Nie enthalten sie mehr Vitamine, Proteine und Mineralstoffe als in diesem Stadium zwischen Sprosse und ausgewachsener Pflanze. 

Im Gegensatz zu den altbekannten Sprossen von Kresse oder Mungobohnen holen sie ihre Kraft nicht allein aus dem Samen, sondern bekommen via die Erde, in der sie wachsen, zusätzliche Nährstoffe. Anders als die Sprossen, die auch im Dunkeln gedeihen, benötigen Microgreens für ihre Entwicklung zu grünen Pflänzchen jedoch zwingend Licht. 

Zum Microgreen-Gärtner kann jeder werden. Denn die Pflänzchen benötigen kaum Platz und lassen sich für den Hausgebrauch ganzjährig auf der Fensterbank ziehen. Alles, was es dazu braucht, ist eine flache Schale mit Löchern für den Wasserabzug, ein Untersetzer, Qualitätssaatgut aus dem Fachhandel sowie eine gute Anzuchterde. Verschiedene Saatguthersteller offerieren eigens eine Palette an verschiedenen Gemüsesamen, die sich als Microgreens speziell gut eignen. 

Es lassen sich aber grundsätzlich ganz normale Samen aus dem Gemüse- und Kräutersortiment verwenden. Sind von der Frühjahrssaat im Gemüsegarten Samen übrig geblieben, lassen sich diese bestens als Microgreens «verwerten». Möglich ist fast alles, von Randen, Kohl und Broccoli über Baumspinat, Basilikum und Borretsch bis zu Fenchel, Koriander und Kerbel. Nicht infrage kommen Gewächse wie Bohnen, Tomaten, Peperoni oder Aubergine. 

Anzucht unter der Bahnhofstrasse
Nebst Gemüse lassen sich auch Kräuter oder Blumen wie Koriander, Basilikum, Minzen oder Sonnenblumen im Kleinformat verspeisen. Je nach Saison wählt man einen Standort auf dem Balkon oder auf einer hellen Fensterbank. Die Samen werden in der Aussaat-schale dicht auf die zuvor befeuchtete Erde gestreut. Mit einem Wasserzerstäuber benetzt man alles vorsichtig und hält die Erde fortan immer leicht feucht, jedoch nie zu nass. Es empfiehlt sich, die Samen vor der Saat über Nacht in einem Wasserglas einzuweichen, um ihre Keimkraft zu wecken. Stehen die Keimlinge drinnen, achtet man auf regelmässige Durchlüftung des Raums. 

Die Power der Keimlinge fasziniert übrigens nicht nur die Fensterbank-Gärtnerinnen. Um den steigenden Bedarf von Gastronomie und Lebensmittelgeschäften zu decken, hat sich ein Schweizer Start-up-Unternehmen auf die kommerzielle Produktion von Microgreens spezialisiert. Die Anzucht des jungen Grüns findet an einem speziellen Ort mitten in der Stadt Zürich statt: in einem ehemaligen Banktresor unter der Bahnhofstrasse, erhellt von speziellen Pflanzenleuchten.

Die Ernte der jungen Keimlinge erfolgt je nach Gemüseart nach rund zwei Wochen. Zu den schnell wachsenden Arten zählt zum Beispiel Rucola, etwas mehr Geduld braucht es bei Randen oder Mangold, die bis zur Erntereife mindestens drei Wochen benötigen. Die Wuchshöhe der Microgreens beträgt bei der Ernte in der Regel zwischen 2,5 und 5 Zentimetern. Mit einer Schere schneidet man sie dicht oberhalb der Erde ab und verwendet sie möglichst frisch in der Küche. 

Microgreens peppen mit ihren unterschiedlichen Farben, Formen und Geschmacksnuancen Suppen, Sandwiches oder Salate auf und sorgen rund ums Jahr für das «gewisse Etwas» auf dem Teller.