Ein Bekannter erzählte kürzlich von der dramatischen Erkrankung seines Yorkshire Terriers. Der Kleine habe plötzlich aufgehört zu essen, erbrochen und sich kaum noch bewegt. Der Tierarzt wusste nicht genau, was die Ursache sein könnte. Mit ein paar Medikamenten versorgt, kam der Yorkie zurück nach Hause. Doch statt besser wurde es schlimmer: Der Hund starb an inneren Blutungen. Erst im Nachhinein wurde die Ursache klar: Leptospirose. Der York- shire hat die Leptospira-Bakterien höchstwahrscheinlich aufgenommen, als er aus einer Pfütze trank. Mir lief es heiss und kalt den Rücken hinab: Auch mein Hund trinkt aus Pfützen, praktisch ausschliesslich – frisches Leitungswasser lässt er stehen. 

Ein Anruf bei der Tierärztin bestätigt die Sorgen. Leptospirose ist eine Krankheit, der die Veterinäre erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Tragische Geschichten wie die meines Bekannten und seinem Yorkshire Terrier gibt es viele. Die Kombi-Impfung für Hunde deckt gerade mal zwei Stämme der Leptospira-Bakterien ab, von denen mehrere Hundert Stämme existieren. Die Tierärztin Claire Inderbinen von der Tierklinik Rhenus in Flurlingen ZH empfiehlt eine Zusatz- impfung, die neu auf dem Markt ist und weitere Stämme abdeckt.

Ein frühes Erkennen der Krankheit ist wichtig
Träger der Leptospiren sind Rinder, Mäuse und Ratten. Über deren Urin kommen die Bakterien in stehende Gewässer. Dort nimmt sie der Hund beim Trinken auf. Katzen sind nicht betroffen, da sie eine starke Resistenz gegen diese Bakterien besitzen. «Weil es so viele verschiedene Leptospiren gibt, kann man sie unmöglich alle mit einem Wirkstoff abdecken», sagt Inderbinen. «Die aktuell erhältlichen Impfungen decken die ab, die am ehesten zu Krankheiten führen.» 

Die ersten Symptome der Leptospirose beim Hund sind Fieber, Mattigkeit, Futterverweigerung, Erbrechen und Durchfall. Leider sind dies Anzeichen, die auf vielerlei Krankheiten zutreffen, weshalb eine Leptospirose oft nicht gleich erkannt wird. Dies ist aber wichtig, da eine Infektion unbehandelt innert zwei bis drei Tagen zum Tod führen kann. Im Frühstadium können Antibiotika den Krankheitsverlauf eindämmen. Später kommen zu den erwähnten Symptomen Gelbsucht, Nierenversagen und innere Blutungen hinzu. In diesem Stadium muss der Hund an die Dialyse (Blutreinigung als Behandlung von Nierenversagen). Dies ist nur an der Berner Uni-Vetklinik möglich, wo der einzige Dialyseapparat für Hunde und Katzen in der ganzen Schweiz steht. Die Blutwäsche kostet mehrere Tausend Franken und eine Genesung ist trotzdem nicht garantiert, weshalb Hundebesitzern in der Regel geraten wird, das Tier zu erlösen.

Auch Menschen sollten sich in Acht nehmen
Leptospirose kann auch auf den Menschen übertragen werden. Das Bundesamt für Veterinärwesen beobachtet in Europa eine Zunahme der Erkrankungen. Gefährdet sind vor allem Personen, die in engem Kontakt mit infizierten Tieren oder verseuchtem Wasser stehen. Eine Infektion geschieht durch kleine Hautverletzungen oder seltener via Atemwege. Die mildere Form der Leptospirose ist für Menschen nicht tödlich, Anzeichen sind grippeähnliche Symptome und Hirnhautentzündungen. Bei der selteneren, schweren Variante kommen Gelbsucht, Nierenbefall und Blutungen hinzu. Die schwere Variante führt in 20 Prozent der Fälle zum Tod. Laut Inderbinen ist die Leptospirose auch wegen der vielen Überschwemmungen ein Thema.  

Hunde sollten vom Trinken aus Pfützen abgehalten werden. Das ist, nach eigener Erfahrung, nicht ganz einfach. Zumal mein Hund meint, trübes Lachenwasser sei für ihn bekömmlicher als Leitungswasser. Auch vertraue ich gern darauf, dass Tiere instinktiv wissen, was gut ist für sie. In diesem Fall muss ich mich jedoch eines Besseren belehren lassen. Der Hund merkt nicht, ob im modrigen Wasser der Tod lauert.