Hilfe im Alltag
«Jeder Hund kann ein Assistenzhund sein»
Susan Schaffner ist Geschäftsführerin des Vereins Assistenzhundezentrum Schweiz. Sie bildet Hunde und ihre Besitzer zu Teams aus, die zusammen den Alltag besser bewältigen können.
Frau Schaffner, für welche Menschen bilden Sie Assistenzhunde aus?
Die bekanntesten Assistenzhunde sind wohl die Anfallswarnhunde für Menschen mit Epilepsie und Diabetes. Daneben unterstützen wir aber auch Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, neurologische Entwicklungsstörung des Autismus-Spektrums (ASS), sowie chronischen Schmerzen. Mobilitäts-Assistenzhunde helfen Menschen mit körperlichen Einschränkungen. So können auch Menschen die zum Beispiel die Diagnose Multipler Sklerose, Sehbehinderung oder Parkinson haben auf unsere Assistenzhundeausbildung zählen. Das Wichtigste ist jedoch, dass jeder Hund, egal welche Krankheit diagnostiziert wurde, auf die Bedürfnisse und Anforderung des Assistenznehmers ausgebildet wird. Nur so können wir sicher stellen, dass der Assistenzhund den Assistenznehmer voll und ganz unterstützen kann.
Kann jeder Hund ein Assistenzhund werden?
Im Prinzip, ja. Es wäre natürlich nicht möglich, einem Chihuahua beizubringen, eine Tür zu öffnen, aber er könnte lernen, vor einem epileptischen Anfall zu warnen. Tatsächlich haben wir einen Kunden, ein Berg von einem Mann, dessen Assistenzhund ein winziger Prager Rattler ist, der Herzaussetzer anzeigt und einen Notrufknopf betätigen kann. Der Kunde muss sich also eine Rasse aussuchen, die seinen Bedürfnissen gerecht werden kann. Auch ist es nicht empfehlenswert, sich einen Listenhund zu holen, da diese in der Öffentlichkeit nicht unbedingt immer auf Gegenliebe stossen. Ein Assistenzhund muss als ständiger Begleiter auch zu Räumen Zugang haben, in die normalerweise keine Hunde dürfen, wie zum Beispiel in Supermärkte oder Restaurants. Da stösst ein Golden Retriever erfahrungsgemäss auf grösseres Verständnis als ein Rottweiler.
Muss der Hund bei der Ausbildung ein Welpe sein?
Nein, auch ausgewachsene Hunde und sogar welche mit Vorbesitzern können hervorragende Assistenzhunde abgeben. Wichtig ist der Charakter. Der Hund muss mit dem Menschen zusammenarbeiten wollen. Berg- und Hütehunde sind hier weniger geeignete Rassen, und auch Jagdhunde sind meistens nicht genug auf den Menschen fixiert. Dafür sind selbst Hunde aus dem Tierschutz oft treue Gefährten, lediglich ängstlichen und traumatisierten sollte man eine Ausbildung nicht zumuten. Diese sind oft schon mit kleinen Menschenmengen überfordert und können sich nicht auf ihre Aufgabe konzentrieren.
Kann man bei Ihnen einen bereits fertig trainierten Hund erhalten?
Wir trainieren grundsätzlich nicht die Hunde, sondern lehren die Halter, ihren Hund zu trainieren. Sprich, ein Kunde sagt, was er braucht und möchte, und wir als Trainer sagen ihm, ob und wie das möglich ist. Praktisch jeder Hund reagiert instinktiv auf Veränderung beim Halter, sei es des Geruchs oder des Verhaltens, und zeigt dieses auch an. Und dieses Anzeigen fördern wir, so dass sich der Hund darin bestätigt sieht.
Sind die Hunde durch ihren Dauereinsatz nicht gestresst?
Jeder Hund, dessem Herrchen oder Frauchen es nicht gut geht, ist gestresst. Assistenzhunde können aber helfen und bekommen die entsprechende Rückmeldung. Sie können Asthmatikern den Inhalationsspray bringen, Rollstuhlfahrern die Tür aufmachen, und ein Kind mit Autismus beim Einschlafen begleiten. Das ist am Ende wesentlich weniger Stress als hilflos dabei zusehen zu müssen, wie der Mensch leidet.
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