Die natürliche Nahrung von Kaninchen sind frische Pflanzen. Eigentlich lieben die Langohren vor allem zartes und saftiges Grün, mögen zur Abwechslung aber auch einmal Deftigeres wie stachelige Rosen- oder Brombeerzweige oder bittere Kräuter. Selbst Disteln oder angewelkte Brennnesseln werden gern gefressen. Diese oft etwas vergessenen Futterpflanzen sorgen mit ihren wertvollen Wirkstoffen für eine robuste Gesundheit. Brennnesseln etwa sind besonders stärkend, sie eignen sich für Zibben nach der Geburt, versorgen sie mit viel Eiweiss und Eisen, regen dabei auch den Milchfluss an. Brennnessel sorgt für eine gesunde Haut und ein schönes Fell, hilft zudem Tieren in der Rekonvaleszenz schneller wieder auf die Läufe. Die Pflanzen lassen sich gut trocknen, damit man sie auch im Winter zur Stärkung verfüttern kann.

Die gelb blühende Gänsedistel (Sonchus oleraceus), auch Hasenkohl oder Milchdistel genannt, wird heute herablassend als Unkraut bezeichnet, sie war jedoch in früheren Zeiten als Gemüse geschätzt. Auch als Heilkraut fand sie Verwendung, sie ist tonisierend, hilft bei Leberschwäche und Verdauungsproblemen. Bis ins letzte Jahrhundert wurde die Gänsedistel als Futter für Ziegen, Schweine und Kaninchen geschätzt. Die milchfördernde Wirkung machte sie dabei für Muttertiere besonders wertvoll. 

Die Kratzdisteln (Cirsium) mit ihren violetten Blüten sind um einiges stacheliger als die Gänsedisteln; sie werden mit etwas weniger Begeisterung gefressen. Die Kohldistel hingegen, die mit ihren blassen Blüten und den grossen Hüllblättern auffällt, gehört zwar ebenfalls zu den Kratzdisteln, ist aber bei Kaninchen beliebt. Sie wächst an feuchten Stellen an Waldrändern und Waldwegen. Kratzdisteln helfen bei Leberproblemen und Verdauungsstörungen.

Rosenblätter für das Immunsystem
Die stachelige Karde (Dipsacus fullonum) ist keine Distel, sondern eine Verwandte der Witwenblumen. Sie stärkt das Immunsystem und hilft bei Infektionskrankheiten. Ausserdem regt sie die wichtigen Entgiftungsorgane Leber und Niere an und ist ein ausgezeichnetes Mittel bei Verdauungsproblemen. Eine besondere Stellung nimmt die Karde in der traditionellen chinesischen Medizin ein: Dort gilt sie als Mittel zur Stärkung der Nierenessenz. Das ist die Energie, die alle Lebewesen bei ihrer Geburt mitbekommen und die sie im Lauf des Lebens langsam aufbrauchen; die Nierenessenz bestimmt die Vitalität der Lebewesen.

Die Kaninchen fressen die Blätter der Karde sehr gern. Für den Winter lässt sich aus der Kardenwurzel eine Tinktur herstellen: Die Wurzel wird im Herbst geerntet, sauber gewaschen und klein geschnitten. Die Stücke übergiesst man mit so viel Wodka, dass sie gerade bedeckt sind, und lässt sie gut verschlossen einige Wochen mazerieren. Anschliessend seiht man die Tinktur ab. Bei Bedarf gibt man davon dem Kaninchen direkt ein (drei bis fünf Tropfen pro Tag) oder fügt sie dem Trinkwasser bei. 

Unter den stacheligen Leckerbissen darf die Rose nicht fehlen. Ihre Blätter und frischen Stengel werden gierig gefressen, davon können Gartenbesitzer in Waldnähe ein leidvolles Lied singen. Neben Reh und Hase
gehören auch unsere Hauskaninchen zu den begeisterten Rosenliebhabern. Die Blätter sind reich an Gerbstoffen, Flavonoiden, Fruchtsäuren, Mineralstoffen und Vitamin C; sie wurden bereits von Hippokrates medizinisch eingesetzt.

Die Volksheilkunde empfahl Rosenblättertee bei Erkältungen, Grippe, Husten und zur Behandlung von Ekzemen. Neue Untersuchungen konnten eine starke Hemmwirkung von Rosenblätterextrakt auf Krankheitserreger wie Salmonellen und Kolibakterien nachweisen, die Wirkung übertraf sogar die Vergleichsantibiotika. Die Blattextrakte verhinderten überdies, dass die Bakterien einen Biofilm bilden konnten, der gefürchtet ist, weil sie darin kaum mehr bekämpfbar sind. Rosenblätter schützen Kaninchen vor unerwünschten Darmbewohnern, sie sorgen für eine gesunde Darmflora und damit für ein starkes Immunsystem, denn rund 70 Prozent der Immunzellen befinden sich im Darm.

Herzgespann für die Senioren
Nicht nur Stacheliges ist gesund, auch Bitteres. Dazu gehört Hopfen (Humulus lupulus), der an Waldrändern und in Auenwäldern wächst. Die Schlingpflanze ist mit Hanf verwandt. Kaninchen mögen die rauen Blätter gern, die weiblichen Blüten, die Hopfenzapfen, hingegen weniger. Hopfen hemmt Bakterien und Pilze, ist beruhigend und verbessert die Verdauung. Ausserdem ist er milchfördernd; früher wurden deshalb Blätter und Ranken getrocknet und dem Heu für Kühe und Ziegen beigemischt. 

Herzgespann (Leonurus cardiaca) gehörte früher in jeden Bauerngarten. Die Pflanze ist eine ausgezeichnete Bienenweide, aber auch eine interessante Heilpflanze. Sie enthält Gerbstoffe, Bitterstoffe, ätherisches Öl, Flavonoide, organische Säuren, Harze. Sie hilft, wie es der Name sagt, bei Herzbeschwerden, ist aber ein eher mildes Herzmittel: Herzgespann beruhigt ein zu rasch schlagendes Herz, senkt den Blutdruck, verbessert die Durchblutung des Herzmuskels. Die Pflanze beruhigt und entkrampft allgemein, sie hilft auch bei schwacher Verdauung mit Blähungen. Herzgespann belebt und beruhigt gleichzeitig.

Herzgespann eignet sich gut für Kaninchen mit Verdauungsbeschwerden, die mit einem Blähbauch einhergehen. Sie ist auch ein Stärkungsmittel für ältere Kaninchen mit schwacher Verdauung und abnehmendem Appetit. Herzgespann regt die Gebärmutter an, darf also nicht an trächtige Häsinnen verfüttert werden. Um den Wurftermin herum verhilft die Pflanze aber zu einer guten Geburt. 

Hohlzahn (Galeopsis) ist ein weiteres ungeliebtes, etwas stacheliges «Unkraut». Kennt man jedoch seine inneren Werte, verfüttert man die Pflanze lieber an die Langohren als sie auf dem Kompost zu entsorgen: Hohlzahn ist reich an Kieselsäure und weiteren Mineralien, stärkt die Knochen und sorgt für ein schönes Fell. Darüber hinaus ist er blutreinigend und appetitanregend und stärkt die Lunge. Hohlzahn wird von Kaninchen gern gefressen und sorgt für eine weitere gesunde Abwechslung.