Ratschläge, um das Herz von Katzen zu gewinnen, gibt es viele. Einer davon lautet, den Tieren ihren Freiraum zu lassen. Ihnen gegenüber nicht zu aufdringlich zu sein und sie entscheiden zu lassen, ob und wann sie Kontakt wollen oder nicht. Was aber können diejenigen tun, die mit Katzen nichts zu tun haben wollen, sich aber von ihnen bedrängt fühlen? Wer eine Katze als Mitbewohner hat, wird dieses Phänomen vermutlich kennen. Immer wenn jemand zu Gast kommt, der eine Katzenhaarallergie hat, Katzen nicht mag oder aus sonst irgendeinem Grund mit der Samtpfote auf Distanz bleiben möchte, geschieht genau das Gegenteil: Das Büsi platziert sich zielsicher auf dem Schoss des – meist verwirrten – Gastes oder streicht zumindest nach Aufmerksamkeit haschend um seine Beine herum.

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Der Biologe und Katzenexperte Dennis C. Turner erklärt das Verhalten so: «Menschen, die Katzen mögen, zeigen es deutlich. Sie suchen beispielsweise Kontakt mit dem Tier oder wollen es streicheln. Manche Menschen erstarren dagegen, wenn die Katze zu nahe kommt, andere stehen auf und entfernen sich. Dann weiss die Katze, dass sie keinen Kontakt wollen, und akzeptiert das.» Menschen, die die Vierbeiner hingegen nicht mögen, seien in der Regel zurückhaltend. Sie meiden die Katze, schauen sie mitunter nicht einmal an. Die Folge? Die Samtpfote ist verwirrt, kann die Signale nicht deuten. «Deshalb forciert sie den Kontakt», so Turner. «Die Katze muss feststellen, was mit dieser Person ist. Sie muss eine Reaktion herausfordern.» Und indem sie sich ihr nähert, ihr vielleicht sogar auf den Schoss springt, erfährt sie, was Sache ist. Stellt sich heraus, dass dieser Mensch wenig bis gar nichts für Katzen übrig hat, ist das Schauspiel im Allgemeinen nach wenigen Momenten vorbei und das Büsi lässt ihn wieder in Ruhe.

Unterordnung ist der Katze Liebling

Auch eine britische Studie hat sich mit dieser Thematik beschäftigt und kommt zu dem Schluss, dass «Katzenhasser» aus Sicht des Sofalöwen vieles richtig machen. Denn bevor sich Katzen auf einen Zweibeiner einlassen, gibt es ein paar Bedingungen zu erfüllen. So möchten die sensiblen Tiere nicht angestarrt werden, da sie es als Bedrohung empfinden.

«Die Katze hat dem Menschen eingeredet, er müsse sie erhalten, sie brauche aber dafür nichts zu tun.»

Kurt Tucholsky

Ausserdem brauchen sie Freiraum, mögen es nicht, auf den Arm genommen zu werden, und haben empfindliche Zonen, an denen sie nicht berührt werden wollen; darunter der Bauch und der Schwanzansatz. Katzenfreunde sind aber häufig zu verzückt, vereinnahmen das Tier zu sehr, übertreten so oft die Grenzen und sitzen am Ende allein auf dem Sofa. Katzenhasser ignorieren die Büsis stattdessen und machen damit unbewusst genau das, was Katze mag. Sie überlassen ihr die Führung und ordnen sich aus «kätzischer» Perspektive unter. Das mag die Dame beziehungsweise der Herr des Hauses sehr!

An dieser Studie der Nottingham Trent University und der University of Nottingham nahmen 120 Personen teil, die viel, wenig oder gar keinen Kontakt zu Katzen hatten. Eine Person wurde dann jeweils in einem Raum allein gelassen und drei Katzen wurden nacheinander für jeweils fünf Minuten hereingelassen. Die Person sollte warten, dass die Katze zu ihr kommt. Ab diesem Moment war es ihr selbst überlassen, wie sie sich der Fellnase gegenüber verhielt. Im Nachgang bewerteten die Forschenden die aufgezeichneten Interaktionen und berücksichtigten dabei unter anderem, wie wohl sich die Katzen fühlten und welches Verhalten sie am meisten genossen.

Die Resultate: Menschen, die bereits mit Katzen gelebt hatten, neigten dazu, anmassend zu sein. Sie wollten sie meist zu schnell anfassen und an Stellen streicheln, die nur Vertrauten vorbehalten sind. Waren die Probanden älteren Semesters, versuchten sie ausserdem eher, die Katzen zu packen und zu bändigen, als jüngere Versuchspersonen. Und vor allem extrovertierten Menschen stehen Katzen demnach eher ablehnend gegenüber, da die Tiere selber die Kontrolle darüber haben wollen, wann und wie eine Interaktion beginnt. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Eigenschaften, von denen wir annehmen, dass sie jemanden für den Umgang mit Katzen geeignet machen, nicht immer als verlässliche Indikatoren für die Eignung einer Person zur Adoption bestimmter Katzen angesehen werden sollten», sagte die Studienleiterin Lauren Finka. Die Wissenschaftlerin appellierte daher, dass Tierheime potenzielle Adoptiveltern, die keine Erfahrung mit Katzenhaltung haben, nicht abweisen sollten. Denn gerade diese «könnten fantastische Katzenbetreuer sein».

Ich mag Dich nicht!
Mögen Katzen einen Menschen nicht oder haben schlechte Laune oder gar Angst, zeigen sie das deutlich. Man muss nur genau hinschauen:

– Die Katze kommt nicht zur Begrüssung, wenn man das Haus betritt.
– Das Tier möchte nicht mehr mit im Bett schlafen.
– Es ignoriert den Menschen, der den Raum betritt.
– Schwanz ist gesenkt – ein deutliches Zeichen der Missachtung.
– Streicheleinheiten werden verweigert.
– Die Katze schnurrt nicht mehr.
– Sie vermeidet Blickkontakte und versteckt sich.
– Sie faucht, beisst oder kratzt.
– Sie sträubt ihr Fell und legt die Ohren an.
– Das Tier wird unrein und/oder erleichtert sich auf Kleidung oder Decken, die den Geruch des Menschen tragen, auf den sie (gerade) nicht gut zu sprechen sind.

Kommunikation auf Augenhöhe

Was die vermeintlichen Hausherren und -damen übrigens ebenfalls gerne mögen, ist eine Kommunikation auf Augenhöhe. Daher haben Frauen laut Turner ein besseres Verhältnis zu Katzen als Männer, weil Frauen mehr mit ihnen sprechen und sich auch schon mal auf den Boden setzen, um mit ihnen zu spielen. Kommunikation von oben herab mögen die Stubentiger nämlich gar nicht. Vertrauen muss erarbeitet werden.

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Dass Katze damit alles richtig macht, zeigt zum einen die enorme Anzahl an Katzen in der Schweiz. Es sind fast zwei Millionen, die als Wohnungskatzen oder Freigänger ihr Leben frönen – und damit viermal mehr als Hunde. Zum anderen haben die Stubentiger es als einziges Tier geschafft, sich den Menschen untertan zu machen. Katzenmenschen stehen tief in der Nacht auf, um ihren Liebling aus dem Zimmer heraus oder ins Haus hineinzulassen. Sie folgen dem klagenden Maunzen der Katze, nur um der Dame das Fressen mit einer ausgiebigen Streicheleinheit angenehmer zu gestalten. Und häufig leben sie mit ungewollten Geschenken wie Mäusen und Vögeln und entfernen ihre Hinterlassenschaften. Und warum? «Die Katze ist das einzige Tier, das dem Menschen eingeredet hat, er müsse es erhalten, es brauche aber dafür nichts zu tun», spottete einst der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky und trifft damit ins Schwarze. Denn Menschen schätzen bekanntlich besonders das, für das sie sich anstrengen müssen. So wie die Liebe einer Katze.