Mäuse, Ratten, Vögel, Echsen und Schnecken – sie alle befinden sich auf der Speisekarte von Katzen. Je nach Gusto mehr oder weniger häufig. All diesen möglichen Beutetieren gemein ist jedoch ein gemeinsamer Untermieter, nur wenige Millimeter gross, aber mit nachhaltiger Wirkung. Die Rede ist vom Lungenwurm. 

Tatsächlich sind es gleich mehrere kleine Parasiten, die unter diesem Begriff zusammengefasst werden. Da ist zum Beispiel Troglostrongylus, den man lange Zeit gar nicht kannte, da er vor allem in Wildkatzen in eher südlichen Gefilden vorkommt. Auch der sogenannte Lungenhaarwurm Capillaria aerophila, eigentlich eher bei Igeln, Füchsen und anderen Wildtieren anzutreffen, kann bei Katzen vorkommen.

Möglichst früh erkennen
Als der Katzenlungenwurm gilt aber Aelurostrongylus abstrusus. Dieser soll laut einer gesamt-schweizerischen Studie der Universität Zürich aus dem vergangenen Jahr hierzulande öfter vorkommen als bislang angenommen. Die Forscherinnen des Institutes für Parasitologie untersuchten 4067 Blutproben von Katzen aus der gesamten Schweiz, von denen fast elf Prozent positiv ausfielen. 

Wie kommt der Lungenwurm in die Katze? Ein Erklärvideo.

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All diese Würmer greifen die Lunge an, die Bronchien, die Atemwege und besiedeln die damit verbundenen Blutgefässe der Vierbeiner und verursachen so Niesen, Husten, Nasen- und Augenausfluss, Bluthochdruck, Fieber, Schlappheit und Appetitlosigkeit bis hin zu chronischer Bronchitis – je nach Schweregrad des Wurmbefalls. Bei tiefen Wurmbürden und bei erwachsenen Tieren ist die Infektion häufig schwierig zu erkennen. Schwer befallene Jungtiere magerten ab und könnten schwer erkranken, sagt Manuela Schnyder vom Zürcher Institut für Parasitologie und Präsidentin der Parasiten-Expertengruppe ESCCAP Schweiz: «Es ist wichtig, die Infektion möglichst früh zu diagnostizieren und entsprechend zu behandeln.»

Besonders gefährdet sind jagende Freigänger im Allgemeinen, vor allem aber Katzen mit geschwächter Immunabwehr. Möglicherweise spielen Faktoren wie Kastration und Alter ebenfalls eine Rolle. Denn laut der besagten Studie waren sowohl unkastrierte Tiere als auch junge Katzen im Alter zwischen 11 und 22 Monaten wesentlich häufiger infiziert als kastrierte oder ältere Artgenossen.

Wo man es nicht erwartet
Auch das zu einer besseren Verdauung beitragende Gras kann zur Gefahr werden, denn ihm haften mitunter winzige, wenige Millimeter kleine Jungschnecken an, die Lungenwurmlarven übertragen können. Grössere Nackt- und Gehäuseschnecken landen gerne mal bei Mäusen, Vögeln und Co. auf dem Teller, die dadurch wiederum zu sogenannten Transportwirten werden, wenn sie selbst zum Leckerbissen werden. Und dennoch: Das Übel nimmt seinen Anfang woanders.

Der Lebenszyklus des Wurms beginnt in der Katze selbst, genauer gesagt in ihrer Lunge. Laut Heinz Sager, ehemals vom Berner Institut für Parasitologie, verläuft der Prozess folgendermassen: Die in der Lunge sitzenden Weibchen produzieren Eier, aus denen nach kurzer Zeit mikroskopisch kleine Larven schlüpfen. Diese Larven wandern über die Atemwege bis in den Rachenraum. Dort werden sie sogleich von der Katze geschluckt und gelangen über den Magen-Darm-Trakt mit dem Kot ins Freie.

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Hier befallen sie die als Zwischenwirte fungierenden Schnecken und warten danach in den bereits erwähnten Transportwirten darauf, von einer Katze gefressen zu werden. Ist dies geschehen, wandern die Larven aus dem Magen-Darm-Trakt ins Lungengewebe des Stubentigers, wo sie sich dann binnen sechs Wochen zu erwachsenen Würmern entwickeln.

Beobachtung und Geduld 
Ist die Katze einmal infiziert und erkrankt, heisst das allerdings nicht, dass auch die richtige medizinische Behandlung stattfindet. Da die Symptome vielfältig und unspezifisch sind, stehen oft zuerst andere  Atemwegserkrankungen wie Katzenschnupfen oder Asthma in Verdacht. Erst eine Kotuntersuchung, idealerweise eine Sammelkotprobe über drei Tage, bringt – in den meisten Fällen – Gewissheit. Es sei denn, die Larvenausscheidung nach der Infektion hat noch nicht begonnen oder schon aufgehört, wie Schnyder anmerkt: «Von Studien aus den 1960er- und 1990er- Jahren weiss man, dass gerade chronisch infizierte Katzen aufhören, Larven auszuscheiden oder sie tun es dann nur sporadisch.» Daher werden seit einiger Zeit vermehrt auch Blutuntersuchungen vorgenommen, da die Anzeichen einer Infektion, sprich die Antikörper, damit früher und länger nachgewiesen werden können. 

Zur Behandlung setzt der Tierarzt in der Regel auf Entwurmung mittels bestimmter Pharmazeutika. Dabei ist es wichtig, den Therapieverlauf stets im Auge zu behalten und auch seine Erwartungshaltung herunterzuschrauben. Die Symptome würden nicht sofort verschwinden, erklärt Sager. Da die Würmer nicht nur abgetötet, sondern auch abtransportiert oder abgebaut werden müssten. Dies könne ebenfalls zu Entzündungen führen. 

Es braucht also Zeit, bis sich die geschädigten Atemwege regenerieren. Hat die Katze jedoch ein gutes Immunsystem und wurde der Befall früh erkannt, bestehen gute Chancen auf Heilung.