Nachhaltige Anlagen
Wie wird Geld zum Umweltschützer?
Gute Anliegen werden gerne unterstützt – durch Freiwilligenarbeit, Spenden oder sogar Investitionen. Ob und wie Geld so tatsächlich ein Unterschied machen kann, erklärt der Experte für nachhaltige Finanzen, Zacharias Sautner, im Interview.
Herr Sautner, wie kann ich mein eigenes Geld einsetzen, um die Wirtschaft nachhaltiger zu machen?
Wenn ein Privatunternehmen unbedingt Geld braucht und keiner ausser mir bereit ist, das Geld zu geben. Dann kann ich als Investorin oder Investor einen Unterschied machen, indem ich es diesem Unternehmen ermögliche, ein nachhaltiges Produkt in Umlauf zu bringen, welches es sonst nicht geschafft hätte. Eine weitere Möglichkeit sind sogenannte Impact-Produkte. Bei solchen gibt man als Investorin oder Investor etwas von seinen Renditen ab, um bestimmte Ziele zu erreichen. Denken Sie an Investitionen im südlichen Afrika, welche zum Ziel die Elektrifizierung von Dörfern durch Solarenergie haben. Wenn man in solche Produkte investiert, kann man mit seinem Geld positive Wirkung generieren. Bei vielen Nachhaltigkeitsprodukten ist das jedoch noch zu wenig oder gar nicht der Fall.
Sind also Investitionen in saubere Firmen gar nicht immer sinnvoll?
Wir sollten einfach skeptisch sein hinsichtlich der Frage, ob wir als Investoren wirklich Impact generieren. Weil es in den meisten Fällen nicht so ist und wir sonst enttäuscht werden. In fünf Jahren werden wir sonst merken, dass wir die Welt doch nicht gerettet haben. Oft ist es sogar so, dass nachhaltige Produkte teurer angeboten werden, weil die Anbieter wissen, dass eine höhere Zahlungsbereitschaft vorhanden ist. Gerechtfertigt sind teurere Angebote nur, wenn die Manager danach auch aktiv werden. Deswegen sollte man da aktiv nachfragen.
Wie findet man effektive Impact-Produkte?
Die gibt es bei den meisten grossen Anbietern. Aber es ist eine Nische. Die grossen Beträge sind in den klassischen Fonds. Da gibt es auch viele nachhaltige Produkte, die allerdings wenig Impact haben. Die meisten Anlagefonds, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, konzentrieren sich auf «saubere» Aktien. Unternehmen, die einen negativen Einfluss auf den Klimawandel oder die Artenvielfalt haben, fallen automatisch raus. Das ist an sich eine sehr gute Sache. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass damit die Welt nicht nachhaltiger wird. Denn wenn wir alle in saubere Aktien investieren, existieren die schmutzigen Unternehmen trotzdem weiter. Deren Aktien werden nach wie vor von Leuten gekauft, die sich weniger um die Umwelt scheren. Deshalb ändert sich dabei gar nichts.
Wie kann sich denn etwas ändern, wenn man selbst in schmutzige Unternehmen investiert?
Wenn der Manager meines Geldes mir beweisen kann, dass er versucht, diese Unternehmen zu verbessern. Beispielsweise durch Gespräche mit dem Unternehmens-Management, Vorschläge für die Generalversammlungen sowie die Nutzung des Mitspracherechts an Abstimmungen der Generalversammlungen. Man nennt das «Engagement». Das bedeutet aber halt auch, dass ein solcher Fondsmanager Geld in schmutzige Unternehmen investieren muss. Weil da das grösste Potenzial ist, die Welt zu verbessern.
Wie viele solche Produkte mit Engagement gibt es mittlerweile?
Meiner Meinung nach noch viel zu wenige. Das Potenzial, hierdurch die Welt zu verbessern, ist gross. Auch viele Pensionsfonds hier in der Schweiz könnten und sollten noch viel mehr tun, sie investieren ja riesige Summen in unserem Auftrag.
«Wir können Wert für Investoren erreichen und gleichzeitig der Umwelt helfen.
Verändert sich meine Rendite, wenn mein Pensionsfonds in schmutzige Firmen investiert und sie auch verbessern will?
In schmutzigen Aktien Geld anzulegen, ist riskant. Es gibt Studien, die zeigen, dass Unternehmen, die hohe CO₂-Emissionen haben, höhere Aktien-Rendite haben, weil die Risikoprämie höher ist. Denn für die Zukunft werden höhere CO₂-Steuern erwartet. Die Investoren wissen also, dass die Aktie irgendwann wohl einbrechen wird – nur den Zeitpunkt kennen wir nicht. Wenn ich nun als Investor in ein schmutziges Unternehmen investiere und es schaffe, dass dieses sauber wird – zum Beispiel durch Engagement –, dann reduziere ich das Risiko des Unternehmens. Einerseits habe ich den Wert gesteigert, was mir über einen höheren Aktienkurs vergütet wird. Andererseits habe ich einen positiven Impact auf die Welt, beispielsweise wenn das Unternehmen weniger Emissionen produziert als Ergebnis meines Engagements.
Klingt ja perfekt!
Ja, genau! Deswegen sage ich auch immer, wir können beides erreichen: Wert für Investoren erreichen und gleichzeitig der Umwelt helfen. Der Schlüssel, das zu erreichen, ist Engagement durch die Eigentümer. Denn all diese schmutzigen Unternehmen, die an der Börse gelistet sind, gehören am Ende des Tages irgendwelchen Investoren. Also uns allen. Es ist also auch unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Firmen sauberer werden, was gleichzeitig der Umwelt und unserem Konto hilft.
Wie oft gelingt das denn tatsächlich?
Wenn wir auf die Fakten schauen, gehen die Emissionen nicht schnell genug zurück und wir werden das Ziel des Pariser Klimaabkommens wohl nicht erreichen. Es ist also offensichtlich, dass zu wenig passiert. Das ist immer auch die Verantwortung der Investoren, also von uns allen. Es muss viel mehr passieren. Zudem kann ich als Kleininvestor selbst natürlich kein Engagement betreiben. Das müssen die grossen Investoren in unserem Auftrag tun.
Sind es einfach noch zu wenige, die solches Engagement fordern?
Genau. Jeder und jede von uns, der oder die einen Pensionsfonds hat oder in eine dritte Säule investiert, sollte diejenigen, die das Geld anlegen, fragen: Was macht ihr aktiv, um die Unternehmen zu verbessern?
Was sind die Gründe, weshalb Pensionsfonds das nicht freiwillig tun?
Es gibt Investoren-Koalitionen wie Climate Action 100+ oder Nature Action 100, wo grosse Investoren zusammenkommen, um gemeinsam über Engagement die wenigen schmutzigen Unternehmen dieser Welt «umzudrehen». Viele dieser Koalitionen werden jedoch juristisch angegangen. So werden ihnen beispielsweise Kartellverstösse vorgeworfen. Es gibt also viele rechtliche Hürden, die Engagement erschweren. Zum Beispiel sehen wir das in den USA, wo viele Republikaner versuchen, solche Koalitionen zu verklagen mit der Begründung, dass damit linke Politik betrieben wird. Das ist Unsinn. Wir müssen denen klarmachen, dass es bei Engagement um Risikominderung geht, von dem alle profitieren würden.
Haben Sie Tipps, wie man dieses Engagement überprüfen kann?
Leider nicht. Das ist ganz schwierig und eine grosse Herausforderung, die sich dem ganzen Anlagebereich stellt. Wie messen wir Engagement und wie messen wir, ob es erfolgreich ist? Es gibt wenig Berichterstattung dazu. Deshalb kann man nur hoffen, dass eine grosse Nachfrage danach entsteht und viele bei ihrem Pensionsfonds nachfragen: Wo habt ihr Engagement gemacht und was habt ihr dabei erreicht? Und ich hoffe, dass da künftig mehr Anforderungen von Investoren kommen.
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