Wenn der Haferwagen in die Stallgasse rollt, wird es vielerorts laut. Pferde treten gegen ihre Boxenwände, wiehern oder beissen in die Gitterstäbe. Ein Spektakel, das weitreichende Konsequenzen haben kann: Beim Treten und Steigen kann sich das Pferd leicht verletzen. Langfristig ist die Aufregung am Trog – genauso wie Rangeleien an der Heuraufe im Offenstall – ein Stressfaktor, der auf die Stimmung schlagen, das Immunsystem schwächen und die Bildung von Magengeschwüren begünstigen kann. 

Um zu verstehen, warum domestizierte Pferde überhaupt Stress beim Füttern haben, muss man ihr natürliches Fressverhalten kennen. Das Pferd und sein Verdauungstrakt sind darauf eingerichtet, ständig kleine Mengen Futter aufzunehmen. In freier Wildbahn ist die Hierarchie in der eigenen Herde klar geordnet und in der weiten Steppe gibt es genügend Platz, ungeliebten Artgenossen aus dem Weg zu gehen. 

Im Stallbetrieb steht das Pferd aber vielleicht schon eine halbe Nacht lang mit leerem Magen in der Box, wenn dann endlich – im schlimmsten Fall auch noch später als gewöhnlich – der Mensch mit dem Kraftfutter kommt. Doch dann muss es erst einmal mit ansehen, wie der Braune von schräg gegenüber seine Ration bekommt, obwohl der doch auf der Weide in der Rangfolge weit unten steht, folglich also auch später dran sein sollte. Und dann tritt auch noch der ungeliebte Boxennachbar gegen die Wand.

Eine Ad-hoc-Lösung gibt es in dieser Situation oft nicht. Wohl aber zahlreiche Massnahmen, die den Stress zum Zeitpunkt der Mahlzeiten merklich verringern können. Pferde sollten niemals länger als vier Stunden hungern – auch nicht in der Nacht. Engmaschige Heunetze helfen dabei, die Futteraufnahme zu verlängern. Auch bevor Kraftfutter serviert wird, sollte Heu auf dem Speiseplan stehen, und zwar mindestens 15 Minuten vorab. Einmal tilgt das den grössten Hunger, zum anderen bleibt es bei der Gabe des Raufutters in den Boxen meist viel ruhiger.

Computerlösung im Offenstall 
Man sollte die Kraftfutterrationen auf mindestens drei kleine Portionen am Tag verteilen und möglichst pünktlich füttern. Pferde gewöhnen sich schnell an Fütterungszeiten und werden unruhig, wenn diese nicht eingehalten werden. Haltungsverbesserungen wie täglicher Auslauf können den generellen Stresslevel reduzieren. Zudem ist es wichtig, dass sich Boxennachbarn gut verstehen. Pferde, die sich auf einer grossen Koppel schon nicht grün sind, werden kurz vor dem Frühstück viel eher nach dem anderen schnappen oder treten als gute Kumpel.

Noch wichtiger sind ein sorgfältiges Herdenmanagement sowie eine gute Infrastruktur bei der Offenstall-Haltung. Denn gerade rangniedrige Tiere leiden sonst unter Stress und manchmal auch schlichtweg Hunger, wenn sie ständig von ihrem Fressplatz verjagt werden. Ausreichend grosse und zahlreiche Heuraufen und der Verzicht auf enge Wege oder Sackgassen lösen das Raufutter-Problem. Wie bei der Boxenhaltung sollte das Kraftfutter auf möglichst viele kleine Portionen am Tag verteilt werden – eine Aufgabe, die im traditionellen Offenstall, in dem die Pferde in einzelnen Fressständen gefüttert werden, allerdings viel Zeit in Anspruch nimmt.

Die einfachste und zeitsparendste, wenn auch nicht die preisgünstigste Lösung ist eine computergesteuerte Fütterungsanlage in einem gut durchdachten Aktiv-Laufstall. Durch eine Transponder-Markierung wird das einzelne Pferd beim Betreten des Futterstandes identifiziert und kann stündlich das individuell zugeteilte Kraft- und gegebenenfalls auch Raufutter in kleinen Portionen abrufen. 

Futterneid und daraus resultierende Rangeleien entfallen, ausserdem wird vermieden, dass ein ranghohes Pferd den Grossteil des Heus frisst, während ein rangniedrigerer Artgenosse hungrig danebensteht. So sind lange Fresspausen ausgeschlossen und ein friedliches Zusammenleben deutlich wahrscheinlicher.