Die Verantwortlichen in unseren Städten können ein Lied von der Fortpflanzungsfreude der Tauben singen. Denn obwohl Tauben immer nur zwei Eier legen, pflanzen sie sich recht schnell fort. Das liegt daran, dass die Jungtauben noch nicht ausgeflogen sind und die Alttauben schon wieder ein Gelege bebrüten. Im Extremfall kann es sogar vorkommen, dass gleichzeitig Jungtiere aus zwei verschiedenen Bruten gefüttert werden. Was aber in den Städten zu Problemen führt, schätzen Taubenzüchter an ihren gefiederten Freunden. Sie achten darauf, dass ihre Tauben regelmässig legen und damit einer grossen Zahl an Jungtieren das Leben schenken.

Wenn Taubeneltern mehrere Generationen von Jungtieren betreuen, kann dies aber zu Schwierigkeiten führen. Normalerweise steht jedem Taubenpaar eine Nistzelle zur Verfügung. Je nach Rasse sind deren Abmessungen unterschiedlich. Während für die Riesen des Taubenreiches schon mal fast ein Meter Länge gewählt wird, haben andere Züchter mit sehr kleinen Nistzellen Erfolg, in die gerade eine Nistschale passt. Vor allem sehr ursprüngliche und flüchtige Rassen bevorzugen solche engen Nischen. Egal wie gross die Nistzellen sind, die Nistschale befindet sich in der Regel auf deren Boden.

Hektik in der Kinderstube
Mit fortlaufender Zuchtzeit sind sowohl Jungtiere als auch Eier des nächsten Geleges vorhanden. Die Jungtiere sind mit zunehmendem Alter zwar häufiger unterwegs, suchen aber immer noch oft die Nähe ihrer Eltern. Häufig sieht man deshalb die Jungtiere mit dem brütenden Elternteil in der Nistschale sitzen. Selbst bei sehr ruhigen Rassen ist spätestens dann Hektik in der Nistzelle, wenn ein Elternteil nach dem Fressen zum Füttern der Jungen heranfliegt. Da wird dann ohne Rücksicht auf Verluste hin und her gelaufen und kräftig mit den Flügeln geschlagen. Das führt einerseits zu Störungen im Brutbetrieb, zum anderen können die Eier oder gar frisch geschlüpfte Küken verletzt oder zerdrückt werden.

Um das zu verhindern, haben etliche Züchter in den letzten Jahren die Nistzellen umgestaltet. Etagenbrut nennt sich das System, welches dem brütenden Elternteil und der Brut mehr Ruhe verschafft, und den Jungvögeln zugleich die Möglichkeit gibt, sich in der Nähe des vertrauten Nestes aufzuhalten.

Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten.Während die einen Züchter einen fest eingebauten Zwischenboden anbringen, befestigen andere spezielle Metallringe, in die die Nistschalen eingehängt werden können. Wieder andere haben sich mobile Nisthocker gebaut, die nach der Zucht wieder herausgenommen werden. Ich persönlich favorisiere die letzte Möglichkeit, da jeder feste Einbau auch Nachteile mit sich bringt, wenn man ihn nicht braucht. Verwendet man einen solchen herausnehmbaren Nisthocker, kann man mit einer Säge die Umrisslinien der Nistschale etwas kleiner aussägen. Die Schale hat dadurch einen festen Halt und kann nicht umkippen. Bei festem Einbau ist es praktischer, die Schale einfach nur auf den Zwischenboden zu stellen. Nach der Zucht wird dieser nämlich gerne als Sitzplatz verwendet.

Der Zwischenboden sollte mindestens in 20 Zentimeter Höhe über dem eigentlichen Nistzellenboden angebracht werden. Bei normal grossen Taubenrassen reicht es vollauf, wenn bis zur Nistzellendecke noch einmal 20 Zentimeter vorhanden sind. Die Tauben können so problemlos anfliegen und sitzen in der Nistschale etwas geschützter. Der Raum unter der Nistschale ist immer noch so gross-
zügig bemessen, dass Jungtiere dort genügend Platz finden. Vor allem die Jungen von flüchtigen Rassen sitzen gerne in der unteren Etage. So wie ihre Ahnen, die Felsentauben, bevorzugen auch sie einen dunklen Ort, um zu brüten und ihre Jungen aufzuziehen.

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Die erhöhte Nistschale wird von den Tauben sofort
angenommen.

Bild: Wilhelm Bauer

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Es ist überraschend, wie schnell Tauben aller Rassen die Möglichkeit zur Etagenbrut annehmen. Nur ganz wenige Paare lassen sich nicht dazu animieren. Das Prinzip ist denkbar einfach: Zu Beginn der Brutsaison stellt man die leere Nistschale auf den Zwischenboden. Die Tauben nutzen das Angebot, kleiden die Schale mit Nistmaterial aus und legen ihre Eier. Anfänger tun gut daran, keine Einstreu auf den Nistzellenboden zu verteilen. Das erleichtert den Tauben den Weg zur Nistschale. Wenn die Jungtiere etwa zehn Tage alt sind, stellt man die Nistschale mit den Jungen auf den Zellenboden. Eine leere Nistschale für die nächste Brut wird auf die obere Etage gestellt. Dort werden die Tauben das nächste Gelege wieder bebrüten. Mit etwas Erfahrung weiss man, wie lange die Taubenrasse braucht, bis sie wieder legt und die neue Nistschale bereitstehen muss.

Da die neue Zuchtsaison schon bald vor der Tür steht, ist jetzt ein geeigneter Zeitpunkt, um den kleinen Umbau in den Nistzellen vorzunehmen. Wer der Etagenbrut noch etwas unsicher oder skeptisch gegenübersteht, kann mit mobilen Nisthockern in einzelnen Zellen beginnen. Führt das zum Erfolg, hat man ausreichend Zeit, den Umbau auch für die übrigen Nistzellen vorzunehmen. Schliesslich ist die Taubenzucht eine Freizeitbeschäftigung, die langfristig geplant und angegangen wird. Auf einen Versuch sollte man es aber auf jeden Fall ankommen lassen.

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