Es blubbert und zischt in einem der hell gekachelten Kellerräume der Universität Bern. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind ebenso tropisch wie die Bewohner der Glasterrarien auf den Regalen an der Wand. Mit einem glockenhellen «Ding» machen die männlichen Pfeilgiftfrösche auf sich aufmerksam. Evi Zwygart schliesst die Tür vorsichtig, um die Tiere durch feine Erschütterung nicht zu stören. Die Tierpflegerin ist auf ihrem täglichen Rundgang, um zu kontrollieren, ob es den Fröschen gut geht. Funktioniert die Regenanlage? Ist es zu warm oder zu kalt? Ist ein Tier über Nacht verstorben?

Mit routiniertem Blick sucht Zwygart nach den knapp drei Zentimeter langen Fröschchen in den naturnah gestalteten Terrarien. Auf der Ethologischen Station der Abteilung Verhaltensbiologie der Universität Bern kümmert sie sich um rund 400 Frösche, 1800 Fische und etwa 20 Geckos. Dass sie damit unter den Versuchstierpflegern zu den Exotinnen gehört, ist sich Zwygart bewusst: «Fische und Reptilien haben mich schon immer fasziniert. Nager interessieren mich tatsächlich weniger.» Kein Wunder hält Zwygart auch privat eher ungewöhnliche Haustiere wie eine Königsnatter, mehrere Skorpione und Vogelspinnen. «Das Spezielle sagt mir zu», schmunzelt die Tierpflegerin und fischt ein Gelege aus einem der Froschterrarien.

In einem Nebenraum entwickeln sich die Kaulquappen in einem Wasserbecken in abgetrennten Netzchen zu kleinen Fröschchen. «Hoppla, da ist einer schon fertig», bemerkt Zwygart und zeigt in eines der Netze. Ein knapp acht Millimeter grosses Jungfröschchen hat bereits Beine und ist im Begriff, aus dem Netz zu klettern. Zeit, in ein richtiges Terrarium umzuziehen. Mit einem Löffel fischt Zwygart das kleine Tierchen aus dem Wasser und trägt es zu einem bereits mit Laub-streu gefüllten Glasbehälter, wo der Jungfrosch zueinem ausgewachsenen Pfeilgiftfrosch heranwachsen soll. Dabei achtet die Tierpflegerin genau darauf, aus welchem Gelege der Frosch stammt, und somit auch, wer seine Eltern sind. Diese Informationen sind wichtig für die Forscherinnen und Forscher auf der Ethologischen Station. Ordnung und System prägen somit auch die Arbeit von Labortierpflegern.

Viel Technik, kein Streicheln

Der Beruf des Versuchstierpflegers ist mit vielen Vorurteilen besetzt. «Entweder denken die Leute, wir seien den ganzen Tag am Tierestreicheln, oder sie haben direkt schlimme Bilder von gequälten Labormäusen im Kopf», bedauert Zwygart. Beides sei definitiv nicht der Fall. Versuchstierpfleger sind in erster Linie für das Wohl von Labortieren an Forschungsinstituten zuständig. Sie füttern die Tiere, sorgen für ein sauberes Umfeld, erfassen Daten, kontrollieren die Technik und haben dabei immer das Tierwohl vor Augen. «Als wir noch Wanderratten am Institut hatten, bedeutete das, jeden Montag alle Käfige zu säubern, die Tiere zu wiegen und zu schauen, ob alle gesund sind, danach die Räume zu putzen, die Lüftung zu kontrollieren und gegebenenfalls Massnahmen zu ergreifen, falls etwas nicht so läuft, wie es sollte», erzählt Evi Zwygart.Frösche und Fische machen wesentlich weniger Arbeit, aber hinter ihrer Haltung stecken mehr Apparaturen, weswegen die Tierpflegerin auch technisch auf Zack sein muss.

Dass sich zukünftige Tierpflegerinnen und Tierpfleger keine falschen Vorstellungen vom Beruf machen, dafür sorgt ein obligatorisches Praktikum. Auch Evi Zwygart hat regelmässig Praktikanten und merkt meistens sofort, ob jemand für den Beruf geeignet ist oder nicht. «Die schulische Leistung ist dabei weniger ausschlaggebend als vielmehr die schnelle Auffassungsgabe, ein hohes Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft zur zum Teil anspruchsvollen körperlichen Arbeit», beschreibt Zwygart die Voraussetzungen. Auch Allergien seien für den Beruf eher ungünstig. Ausserdem muss man dazu bereit sein, nach der dreijährigen Lehre auch mal am Wochenende oder an Feiertagen die Tiere zu versorgen. «Ich habe meistens Pikett, sprich, falls in den Haltungsräumen etwas nicht so funktioniert, wie es sollte, bekomme ich einen Alarm aufs Handy und muss nachschauen gehen, wo es hakt», so Zwygart. Sie bildet zusammen mit dem Experimental Animal Center (EAC) der Universität Bern junge Versuchstierpflegerinnen aus und bereitet sie auf den vielfältigen Beruf vor.

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Nachwuchs gesucht

Trotzdem sei es schwierig, Nachwuchs zu finden. Woran das liegt, kann Evi Zwygart nur mutmassen. Nebst den Vorurteilen sieht sie den relativ bescheidenen Lohn und die nur sehr eingeschränkten Aufstiegsmöglichkeiten als Grund für den Mangel an Zuwachs. Zwygart selber ist jedoch das lebende Beispiel dafür, dass der Beruf des Versuchstierpflegers viel Abwechslung und Freude bringt. «Ich stehe im engen Kontakt mit den Studierenden und Forschenden der Uni und bekomme täglich Einblicke in spannende Erkenntnisse rund um die Tiere», berichtet Zwygart. Denn auch die Forschung profitiert davon, dass es nicht zuletzt dank der Arbeit der Versuchstierpfleger den Tieren gut geht. Gerade die Verhaltensforschung setzt voraus, dass die Tiere sich natürlich verhalten, und dafür müssen sie artgerecht gehalten und behandelt werden.

«Ich sorge dafür, dass sorgfältig und respektvoll mit den Tieren umgegangen wird», so Zwygart. Die meisten Forschenden würden das zwar selbstverständlich tun, aber ihnen fehlt oft die Zeit, sich nebst den eigentlichen Projekten mit den Tieren zu beschäftigen. Und so sind auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Ethologischen Station der Uni Bern froh, ihre Frösche, Fische und Geckos in den kundigen Händen einer engagierten Tierpflegerin zu wissen.

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Wie wird man Labortierpflegerin?

  • Real-, Sekundar- oder Bezirksschulabschluss
  • Schnupperlehre
  • 3-jährige Lehre (Tierpflegerin EFZ)
  • Freude an der Arbeit mit Tieren
  • Gute Beobachtungsgabe
  • Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein
  • Gutes technisches Verständnis