Haustiere vor den eigenen Augen schlüpfen und aufwachsen sehen, wer kann das schon? Als Halter von sogenannten Urzeitkrebsen wird dies möglich. Die Verwandten von Wasserflöhen und Krebsen werden so genannt, weil sie bereits vor rund 100 Millionen Jahren lebten. Mit diesen winzig kleinen Urtierchen kann man sich also auch gleich noch die früheren Zeitgenossen der Dinosaurier, die vor 65 Millionen Jahren ausstarben, in die eigenen vier Wände holen.

Als Urzeitkrebse werden Vertreter verschiedener Gattungen von Kiemenfusskrebsen bezeichnet: die Artemia, auch Salinenkrebse genannt, Triops, Lepidurus apus, auch als Schuppenschwanz bezeichnet, und der Branchipus schaefferi, der als Feenkrebs bekannt ist. Solche Krebschen gehören zum Zooplankton und werden gerne auch als Fischfutter verwendet und von einigen Aquaristikern als Lebendfutter gezüchtet. Wir möchten aber einen Zuchtversuch starten, einfach, um die winzigen Wasserbewohner heranwachsen zu sehen und in ihrem Kleinaquarium beobachten zu können.

Zum Leben erwecken

Salinenkrebse eignen sich gut für den Einstieg in die Zucht der wohl kleinsten Haustiere. Die Sache scheint kinderleicht, sind die handelsüblichen Experimentiersets doch so aufgebaut, dass Kinder ab acht Jahren selbstständig damit arbeiten können. Die Krebschen werden in Form von staubkorngrossen Eiern geliefert. Diese stammen aus ihrem natürlichen Lebensraum, den grossen Salzseen Nordamerikas, oder aus speziellen Zuchtbetrieben und sind äusserst widerstandsfähig.

Denn die Bildung sogenannter Dauereier verschafft den Salzkrebsen eine Überlebenschance, auch wenn der Salzsee, in dem sie leben, vom Austrocknen bedroht ist. Wenn ein steigender Salzgehalt auf eine drohende Austrocknung hinweist, legen die kleinen Wasserbewohner Eier, statt wie sonst lebende Jungen zur Welt zu bringen. Diese Dauereier haben ihre Bezeichnung nicht von ungefähr, sie sind so stabil, dass sie Kälte, Hitze und jahrelange Trockenheit überdauern, bis Regenfall sie wieder zum Leben erweckt.

Unsere Zuchtkrebschen bringen wir zum Schlüpfen, indem die Eier in zuvor abgekochtes und mit Salz angereichertes Wasser gegeben werden. Dann heisst es erstmal geduldig sein und warten. Das braune Pulver schwebt im Wasser und im kleinen Aquarium scheint sich einige Tage rein gar nichts zu tun.

Doch dann plötzlich sind zahlreiche helle Punkte zu sehen, die sich zuckend durchs Wasser bewegen. Nun haben sich die ersten Nauplius-Larven aus ihren Eiern herausgeschält. Bei den Nauplien handelt es sich um eine Jugendform der Salinenkrebse, die völlig anders aussieht als die erwachsenen Tiere. Man muss die Lupe zu Hilfe nehmen, um sehen zu können, was hier durchs Miniaquarium zuckelt. Der Larvenkörper ist tropfenförmig und hat mehrere seitliche beinartige Auswüchse. Mit diesen sogenannten Antennen schwimmen die kleinen Nauplien mit typisch ruckartigen Bewegungen durchs Wasser. Vorne am Kopf befindet sich ein rötlicher Fleck – ein einzelnes Auge –, und längs durch den Körper zieht sich der schlauchartige Darm.

Es ist absolut normal, dass Tag für Tag etwas weniger Larven zu sehen sind. Auch wenn die Tierchen mit dem grünen Futterpulver aus Algen und Mineralstoffen gut versorgt werden und das Wasser durch Umrühren regelmässig mit Sauerstoff angereichert wird, sterben über 90 Prozent der Larven.

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Mit den Beinen atmen

Nun heisst es nicht aufgeben und Tag für Tag mit der Lupe ins Aquarium linsen. Es ist nämlich spannend, mitzuerleben, wie die überlebenden Tiere sich weiterentwickeln. Aus einigen Larven sind nach etwa vier Wochen ausgewachsene Salinenkrebse herangereift. Auch diese sind mit zirka einem Zentimeter Länge noch winzig klein. Ihr Körper hat sich aber ziemlich verändert, er ist länglicher und hat eine lange Schwanzgabel.

Zudem haben sich zwei weitere Augen seitlich am Kopf herausgebildet. Am vorderen Teil des fast durchsichtig schimmernden Körpers sind filigrane Schwimmbeinchen sichtbar. Die Füsschen dienen jedoch nicht nur zum Schwimmen, mit ihnen befördert der Krebs auch die Nahrungsmittelteilchen zu seinem Mund. Und die zarten Beinchen haben sogar noch eine dritte, sehr wichtige Funktion: Sie dienen zum Atmen. Ähnlich wie die Kiemen der Fische filtern sie den Sauerstoff aus dem Wasser heraus.

Da die starre Aussenhaut der Krebse nicht mitwächst, müssen sich die Tierchen von Zeit zu Zeithäuten, um wachsen zu können. Die hellen Gebilde, die im kleinen Aquarium umherschweben, sind also die abgestreiften Häute. Hat sich viel Schmutz am Boden des kleinen Beckens abgesetzt, kann dieses mit einer Pipette abgesaugt werden. Und da das Wasser konstant verdunstet, sollte hin und wieder etwas Flüssigkeit nachgefüllt werden.

Das Wasser darf niemals wirklich getrübt sein. Denn eine starke Trübung bedeutet, dass sich Bakterien und Pilze im Wasser befinden. Diese können sich bei zu warmen Wassertemperaturen bilden und wenn zu viel des grünen Salzkrebschen-Futters hineingegeben und von den Tieren nicht verwertet wurde. In diesem Fall wird das Wasser bald auch faulig zu riechen beginnen und die Krebse werden absterben. Jetzt bleibt nichts anderes übrig, als eine komplett neue Zucht anzusetzen.

Bei optimalen Bedingungen werden die kleinen Tiere einige Wochen leben und sich sogar fortpflanzen. Wer der kleinen Krebse überdrüssig wird, darf siekeinesfalls in einem See oder Weiher aussetzen. Das ist verboten und die Salzwassertiere würden im Süsswasser verenden. Lieber gibt man die Urzeitkrebse jemandem, der ein Aquarium besitzt und die kleinen Tierchen seinen Fischen verfüttern will.

Wo sind Urzeitkrebse erhältlich?
Von KOSMOS gibt es diverse Startersets speziell für Kinder. Diese können in Buchhandlungen oder Onlineshops erworben werden. Zoohandlungen bieten Urzeitkrebse und die dazu passende Ausstattung für Aquaristiker an.