Der Raufusskauz ist eine etwa 25 Zentimeter grosse Kleineulenart und lebt in Altholzbeständen, die meistens aus Rotbuchen oder Kiefern bestehen. Im Bereich der Alpen besetzt der Kauz Reviere bis zur Baumgrenze. Laut Schweizer Brutvogelatlas ist die höchstgelegene Bruthöhle im Engadin auf 2060 Metern gefunden worden. Der Bestand wird in der Schweiz auf ungefähr 1000 bis 1500 Paare geschätzt, wobei der Raufusskauz im Jura am häufigsten vorkommt. Als Höhlenbrüter ist er, bedingt durch seine ­Grösse, auf Schwarzspechthöhlen angewiesen, nimmt aber auch immer häufiger künstliche Nisthilfen an, die an möglichst Baummardersicheren Stellen aufgehängt werden sollten.

Zur Jagd benötigt der Kauz, der sich hauptsächlich auf den Fang von Mäusen, gelegentlich auch Kleinvögeln, spezialisiert hat, Lichtungen, Waldwiesen und Kahlschlagflächen. Zur Tagesruhe sind deckungsreiche Nadelholzbestände wichtig, da der hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktive Kauz den Tag nicht in Baumhöhlen, sondern gut getarnt, meist nahe am Baumstamm sitzend, dösend verbringt. Die Geschlechter sind gleich gefärbt: rindenähnlich graubraun mit Weiss gesprenkelt, während Jungvögel ein fast gleichmässig schokoladenbraunes Federkleid aufweisen.

Männchen und Weibchen interessierten sich zunächst nicht füreinander
Seit etwa zehn Jahren beschäftige ich mich mit der Haltung und Zucht dieser possierlichen, ruhigen und sehr zutraulichen Eulenart. Ich habe zwei Zuchtpaare, die nun regelmäs­sig brüten, aber verschiedene Anlaufschwierigkeiten hatten. Das erste Paar, das ich bekommen habe, bestand aus Jungvögeln, die sich anscheinend gleich gut verstanden haben und sich innerhalb kurzer Zeit in ihrer Voliere eingelebt haben.

Das Gehege war mit senkrecht stehenden Baumstämmen und deren natürlichen Astverzweigungen ausgestattet. Ein Teil der Voliere ist als Schutz gegen Regen und Wind überdacht. Die Bodendekoration besteht aus einem Wurzelstock und drei Felsbrocken. Raufusskäuze baden gerne. Darum ist eine nicht zu tiefe Wasserschale wichtig, damit die Eulen darin gut stehen können. Die Voliere weist zwei Bruthöhlen auf: eine Naturhöhle und eine aus Holzplatten. Da Raufusskäuze mit einem Jahr geschlechtsreif sind, war ich auf das kommende Jahr gespannt. Es wurde Februar, es wurde März, dann April, und ich konnte nicht einmal das Balzrufen des Männchens hören. Nicht das kleinste Anzeichen von Brutstimmung.

Das Jahr verging, die Vögel kamen in die Mauser, und ich überlegte mir, was ich ändern könnte. Am Standort des Geheges konnte ich nichts verändern. Ich dachte: Vielleicht brauchen meine Käuze noch etwas mehr Zeit zum Eingewöhnen. So wartete ich das nächste Frühjahr ab. Das zweite Jahr verlief aber genauso wie das erste: kein Balzen, keine Anzeichen von Brutstimmung. Was konnte ich ändern? Raufusskäuze führen eine Saisonehe. Die Paare trennen sich vor Wintereinbruch. Sie versuchen einzeln, die oft futterarme, schneereiche Winterszeit zu überstehen. Das ist eine bessere Überlebensstrategie. Ich trennte darum mein Paar und liess das Männchen in seiner gewohnten Voliere alleine zurück.

Alleine balzte das Männchen wie verrückt, aber beim Weibchen blieb es stumm
Wie auch in der Natur, bleiben die Männchen im Brutrevier, während die Weibchen weit umherstreichen. Schon im zeitigen Frühjahr fangen die Männchen an zu balzen, in der Hoffnung auf ein baldiges Eintreffen eines Weibchens. Ich war also gespannt, ob meine Taktik aufging. Ich freute mich sehr, als ich schon in manchen klaren Januarnächten ein leises Balzen meines Kauzmännchens hörte. Dieses anfangs sehr zurückhaltende Rufen entwickelte sich immer lauter und intensiver, und ab Anfang März konnte ich sein Balzen täglich hören.

Jetzt, dachte ich, war die Zeit reif, um das Weibchen ins Spiel zu bringen. Das Männchen musste doch total begeistert sein, wenn sein nächtliches Rufen endlich erhört werden würde. Also setzte ich am Abend das Weibchen dazu. Gespannt auf die Nacht lauschte ich am offenen Fenster dem Geschehen. Aber was geschah? Totenstille, kein Rufen, kein Anbalzen, es wurde keine Notiz vom Partner genommen. So blieb es die ganze Woche über.

Ich beschloss, das Weibchen wieder herauszunehmen. Kaum war das Männchen wieder alleine, begann es, durchgehend Nacht für Nacht zu balzen. Tage später setzte ich wiederholt das Weibchen dazu, aber es verlief genauso wie beim ersten Versuch: Totenstille, kein Rufen. Beim dritten erfolglosen Versuch, es war schon Mitte April, gab ich auf und liess das Paar nun für den Rest des Jahres zusammen. Vielleicht fehlte es an Harmonie, vielleicht stimmte die Chemie zwischen den beiden nicht, und ich beschloss, das Weibchen im nächsten Jahr auszuwechseln. Meine Suche im Herbst und Winter, eine neue Partnerin zu bekommen, war erfolglos. Nicht mehr wissend, was ich jetzt noch ändern konnte, liess ich die beiden im Winter des vierten Jahres zusammen, ohne noch grossartige Erwartungen zu haben.

Im darauffolgenden Frühjahr hörte ich Ende Februar auf einmal wieder ein leises Balzen, das bis Ende März immer häufiger und lauter wurde. Ich konnte es nicht glauben, das Männchen sass am Flugloch des Nistkastens, deponierte immer wieder Futter in der Höhle und versuchte so, das Weibchen in den Kasten zu locken. In diesem Jahr passte es. Das Weibchen legte Anfang April fünf Eier, das Männchen versorgte sein Weibchen während der Brutzeit und Jungen­aufzucht vorbildlich mit Futter und Anfang Juni verliessen fünf kräftige Jungeulen den Brutkasten.

Beim zweiten Paar klappte es auf Anhieb mit dem Aufziehen von Nachwuchs
Bei meinem zweiten Raufusskauzpaar, das ich einige Jahre später bekommen habe, verlief alles anders. Auch diese Vögel habe ich als junges Paar erworben. Schon im darauffolgenden Jahr fing das Männchen mit Balzen an und bot dem Weibchen beide Höhlen an. Das Weibchen hatte sich schon sehr schnell für eine Behausung entschieden. Es wurden gleich in diesem Jahr drei Junge aufgezogen. Was ich hier mit meiner Schilderung beschreiben möchte, sind die so unterschiedlichen Erlebnisse mit der gleichen Eulenart. Als Fazit ist zu sagen, dass es wichtig ist, sich genügend Gedanken zu machen, aber manchmal braucht es einfach nur Zeit und Geduld.

Wie schon erwähnt, biete ich zwei Bruthöhlen an, die ich im überdachten Teil der Voliere anbringe. Nach meinen Erkenntnissen spielt die Bruthöhlengrösse keine tragende Rolle. Lediglich das Flugloch sollte nicht zu gross gewählt werden, circa sieben bis acht Zentimeter im Durchschnitt reichen aus. Da Eulen kein Nest bauen, sondern im vorhandenen Untergrund eine Mulde scharren, gebe ich ein Gemisch aus Sand und Holzmulch hinein. Das brütende Weibchen zerbeisst im Laufe der circa 30-tägigen Brutzeit ausgespuckte Gewölle, sodass sich schnell ein filzartiges Geflecht aus Haaren und Federn der Beutetiere bildet und so mit der Zeit eine weiche Unterlage für die bevorstehende Brut entsteht. Die Nistkästen müssen laut Gesetzgeber auch eine leicht zugängliche Kontrollklappe aufweisen, um die Beringung der Jungen gewährleisten zu können.

Während der Eiablage ist sehr darauf zu achten, dass die Käuzin immer Wasser zur Verfügung hat, da der Feuchtigkeitsbedarf in der Legeperiode äusserst hoch ist. Ich füttere immer von aussen über eine Futterklappe. So muss ich nicht laufend das Gehege betreten und der Störfaktor wird minimiert. Der Nahrungsbedarf eines Raufusskauzes beträgt etwa 150 Gramm. Die Fütterungsmenge schwankt bei meinen Käuzen pro Nacht und Vogel ­zwischen zwei und drei ausgewachsenen Mäusen, manchmal auch weniger, je nach Wetter und Jahreszeit.

In der freien Natur überlebt nur jedes vierte Jungtier die grossen Gefahren
Ich achte während der Aufzucht immer darauf, genügend Mäuse anzubieten, damit überschüssige Beute in der Bruthöhle deponiert werden kann. So kann das Weibchen auch unabhängig von der Futterübergabe des Männchens die Jungen füttern. Bei meinen zwei Paaren ist hier ein weiterer Unterschied zu erkennen. Während beim ersten Paar das Männchen immer mit Beute in die Höhle schlüpft und sie dort dem Weibchen übergibt, überreicht das Männchen des zweiten Paares die Nahrung immer ausserhalb der Höhle. Es lockt das Weibchen dafür durch Balzen aus dem Kasten.

Nach etwa 30 Tagen verlassen die jungen Raufusskäuze die Höhle und turnen halb fliegend, halb kletternd in naher Umgebung der Höhle umher. Während dieser Zeit sind die Jungvögel in freier Natur sehr gefährdet und werden leicht Beute von Fressfeinden. Die Sterblichkeitsrate liegt mit 75 Prozent ziemlich hoch. Die gut getarnten Jungkäuze machen durch leises Fiepen auf sich aufmerksam, wenn sich die Eltern mit Futter nähern.

Im Alter von etwa drei Monaten sind die Jungen selbstständig und wechseln nach und nach das Jugendgefieder gegen das Alterskleid aus, sodass die Mauser des Kleingefieders Ende September, Anfang Oktober abgeschlossen ist. Jetzt wäre es an der Zeit, falls möglich, die Jungkäuze von den Eltern zu trennen, um Stresssituationen zu vermeiden.
Der Raufusskauz ist einer der dankbarsten Eulenarten, die in menschlicher Obhut gehalten und gezüchtet werden. Seine zutrauliche und neugierige Art, macht ihn, trotz Dämmerungs- und Nachtaktivität, zu einem interessanten Beobachtungsobjekt für jeden Vogelliebhaber.

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