Wenn unsere Vögel glücklich sind, bedeutet das auch unser Lebensglück. Gesunde Vögel, die ihr natürliches Verhaltensrepertoire ausleben und deren Gefieder funkelt, erfreuen das Herz, und man darf davon ausgehen, dass es ihnen gut geht. Tiere können sich nicht direkt mitteilen. Es gibt aber andere Indikatoren. In der Tiergartenbiologie geht man davon aus, dass es einem Vogel gut geht, wenn er seine natürlichen Bedürfnisse befriedigen kann, wenn sein Gefieder glänzt und er sich fortpflanzt.

Die meisten Vögel sind Wildtiere. Es ist darum nützlich, wenn wir nachlesen, wie sie in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet leben. Sind es Bewohner trockener, offener Savannen oder des tropischen Regenwaldes? Savannenbewohner fühlen sich kaum wohl in einem Raum mit konstant hoher Luftfeuchtigkeit oder in Volieren, die vollständig von Pflanzen eingewachsen sind. Kenntnisse des Lebensraums geben uns auch Indizien zur Nahrungsaufnahme. Australische Grassittiche und viele Prachtfinken beispielsweise ernähren sich natürlicherweise vom Boden, indem sie dort nach Grassamen picken, während typische Regenwaldbewohner wie Amazonen oder Tangaren ihre Nahrung meistens in den Bäumen finden. Vögel in der Natur widmen sich lange der Nahrungsaufnahme. Gerade darum sollten wir sie unter Menschenobhut auch beschäftigen, damit ihre Sinne wach bleiben.

Die Nahrungsbedürfnisse können heute, dank Forschungen und Innovationen der Tiernahrungsmittel-Industrie gut abgedeckt werden. Es gibt Samenmischungen für die meisten Vogelarten. Zudem bieten spezialisierte Firmen Futterinsekten an. Früchte und Gemüse stehen das ganze Jahr über zur Verfügung. Wenn beispielsweise viele Papageien hauptsächlich Früchte und Sämereien verzehren, so dürfen wir nicht vergessen, dass sie in der Natur ab und zu auch animalische Kost zu sich nehmen. Sie benagen morsche Nisthöhlen und finden im feuchten Holz Kerbtiere und Maden.

Paarweise oder im Schwarm brüten
Viele Beobachtungen aus dem Freiland zeigen, dass sie Insekten fressen. Manche Halter bieten darum ab und zu Mehlwürmer an. Tierische Proteine können aber auch anders zugeführt werden. Hüttenkäse und Mozzarella werden von den meisten Papageien gerne genommen, besonders in der Aufzuchtzeit der Jungen. Das versorgt sie nicht nur mit tierischen Proteinen, sondern auch mit Kalzium. Weiter können gefrostete Insekten, gekochte Eier und Eifutter gefüttert werden. 

In der Natur suchen Vögel Mineralien selber, unter Menschenobhut ist es unsere Aufgabe, sie zur freien Aufnahme zur Verfügung zu stellen – in Form von Kalksteinen, Sepiaschalen und Mineralien, die wir in separaten Schalen offerieren. Sand und Grit wird gerade von Papageien und Tauben gerne aufgenommen, da sie die Körnchen in ihrem Muskelmagen zur Verdauung benötigen. 

Wie leben unsere Pfleglinge? Sind es Einzelgänger, ziehen sie paarweise oder im Schwarm herum? Duschen sie im Regen oder baden sie in Pfützen? Sprinkler oder Badeschalen sind für alle Vögel wichtig. Wir können natürliche Abläufe in der Haltung simulieren. Wer Schwarmvögel ohne Zuchtabsichten in Gruppen in Volieren hält und sie zur Zucht paarweise in Boxen ansetzt, imitiert den Jahresverlauf vieler Arten. Eine Voliere für ein Papageienpaar ist ein Territorium, das verteidigt wird. Wenn ein Kanarienpaar aus Schwarmhaltung zur Zucht in einem Käfig angesetzt wird, ist es ähnlich, wie wenn sich in der Natur ein Kanarengirlitzpaar findet und zur Zucht absondert. Einige Arten, wie Wellensittiche, sind Koloniebrüter. Darum pflanzen sie sich williger fort, wenn sie andere Paare in nächster Nähe hören und sehen.

Ausreichend Platz und Flugmöglichkeiten, eine ausgewogene Ernährung und Zuchtmöglichkeiten bieten unseren Vögeln, was sie brauchen. Sie sind dann nicht gefangen, sondern besetzen ein Territorium. Freiheit ist ein menschlicher Begriff. Für Vögel zählt, ob sie sich sicher fühlen, ob sie ihre Nahrungsbedürfnisse optimal abdecken können, ob sie ihre Sinne befriedigen und dem Werbe- und Zuchtverhalten nachgehen können. Stimmt alles, gibt es gesunde Nachzuchten. Die Vögel in den Volieren werden viel älter als ihre Artgenossen in der Natur.