Zwerghündchen mit kitschigen Mäscheli im Haar auf Frisiertischen, kunstvoll in Form geschorene Tiere, die strengen Richtern vorgeführt werden, ganze Hundefamilien, die in fahrbaren Käfigen herumgeschoben werden, Gedränge von Menschen und Hunden in Messehallen mit Dutzenden von Kaufständen, an denen alle möglichen und unmöglichen Artikel rund um den Hund angeboten werden: Manch ein Hundefreund hat insgeheim beschlossen, sich und dem Tier den ganzen Rummel von Hundeausstellungen nie und nimmer anzutun. Denn auf einem ausgedehnten Sonntagsspaziergang zu Hause geht es dem Hund viel besser. Und sowieso ist der eigene Hund der schönste. 

Stimmt. Zwar gibt es an Hundeausstellungen immer noch fragwürdig gestylte Hunde, schräge Auftritte von Zweibeinern, schwer nachvollziehbare Richterurteile und merkwürdige Auswüchse der Hunde haltenden und züchtenden Bevölkerung. Dabei handelt es sich jedoch um Ausnahmen. Und Hunde bestimmter Rassen mit extremen Körpermerkmalen sind praktisch gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Deshalb könnte sich der Besuch einer Hundeausstellung durchaus lohnen – für Hundezüchter, -halter und solche, die es werden möchten.

Hundeschauen im Wandel der Zeit
Zu Beginn der modernen Hundezucht vor rund 150 Jahren wurden auch die ersten Hundeschauen veranstaltet. Damals wurden weitaus die meisten Rassehunde für einen bestimmten Verwendungszweck gezüchtet; etwa als Jagdhelfer, Viehtreiber oder Hofwächter. Diesen Aufgaben entsprechend erstellte man Standards mit den Kriterien für ein ideales funktionelles Exterieur – unter anderem Grösse, Körperbau, Beschaffenheit des Fells. Gleichzeitig dienten die Hundeschauen der Auswahl und Bewertung der Tiere für die Zucht gemäss diesem Standard.

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 Bild: Denise Gaudy

Mit dem Wandel der Hundezucht vom Gebrauchshund zum Gesellschaftshund ging es an Ausstellungen im Laufe der Zeit nicht mehr um die Ermittlung der nützlichsten Eigenschaften für die Zucht, sondern zunehmend um «Schönheit». Die Standards wurden neu interpretiert beziehungsweise geändert; bei verschiedenen Rassen sehr zuungunsten der Hunde. In gewissen Fällen neigte man zur Übertreibung gewisser Merkmale wie stark abfallende Rückenlinien, Kurznasigkeit, extrem ausgeprägte Hautfalten, übermässige Grösse oder Haarlänge.

Diese negativ geprägten Bilder von Ausstellungen sind teilweise immer noch in den Köpfen der Öffentlichkeit verankert, selbst wenn die Zeiten vorbei sind, in denen solche Zuchtideale propagiert wurden. Tatsache ist, dass die kynologischen Verbände und Zuchtvereine international mehr oder weniger gegen solche Auswüchse kämpfen. Damit soll auch das Image von Hundeausstellungen wieder verbessert werden, was vermutlich seine Zeit brauchen dürfte. 

Mehr als eine Schönheitskonkurrenz
Heutzutage wird der Gesundheit des Rassehundes wieder grosse Bedeutung zugemessen. Exterieur und Gesundheit hängen direkt miteinander zusammen. Der Hund ist ein Bewegungstier und dementsprechend auf einen funktionellen Körperbau angewiesen. Und nicht nur das: Um sich uneingeschränkt bewegen zu können, muss ein kurznasiger Hund zum Beispiel auch gut atmen können. Ebenso bevorzugen verantwortungsvolle Richter gewisser Rassen diejenigen Vertreter mit weniger übergrossen und -schweren Köpfen, was mit der Zeit die Rate der natürlichen Geburten wieder erhöhen sollte. Zudem verlangen die aktuellen Ausstellungsbestimmungen von den Richtern, dass bei der Beurteilung auch das Wesen der präsentierten Hunde zu berücksichtigen ist. Das heisst: Ängstlichkeit oder Aggressivität eines Hundes werden als Fehler gewertet. Auch dem übermässigen Styling der Hunde an Ausstellungen wird heutzutage entgegengewirkt. In der Schweiz zum Beispiel ist das Pudern und Sprayen an Ausstellungen seit etlichen Jahren verboten, ebenso das Anbinden des stehenden Hundes auf dem Frisiertisch – am sogenannten Galgen. 

Bis heute sind Hundeausstellungen in erster Linie als Schaufenster der Rassehundezucht zu interpretieren und Urteile verschiedener Richter geben der Züchterschaft Aufschluss darüber, wo sie mit der eigenen Zucht stehen, welche rassentypischen Merkmale erhalten bleiben sollten und welche Fehler zu verbessern sind. Für alle an der Rassehundezucht Beteiligten ist es wichtig, sich ein Bild über den Stand der Zucht machen zu können, auch im Ausland. Nur so können Tendenzen erkannt, Vergleiche angestellt, Qualitäten präsentiert werden. Ganz zu schweigen davon, dass an der Ausstellung schon manch ein Züchter den Traumrüden für seine Zuchthündin gefunden hat.

Ein lehrreicher Anlass für Junghunde
Von züchterischen Ambitionen einmal abgesehen; es gibt kaum eine bessere Plattform, für die eigene Rasse Werbung zu machen. Denn häufig werden an einer Ausstellung künftige Hundehalter erstmals mit dieser oder jener Rasse konfrontiert. Welpenkaufinteressenten haben Gelegenheit, sich mit Experten, Züchtenden oder Hundehaltenden auszutauschen, Fragen zu stellen und sich zu informieren. An einer Ausstellung entscheidet sich unter Umständen, welcher vierbeinige Lebenspartner für die nächsten zwölf Jahre in einer Familie Einzug hält und Fehlplatzierungen von Hunden können vermieden werden.

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 Bild: Denise Gaudy

Wer bereits glücklicher Besitzer eines Hundes ist und sich dennoch nicht vorstellen kann, an einer Ausstellung teilzunehmen: Gerade in der heutigen Zeit, in der nur noch gesellschafts- und alltagstaugliche Hunde akzeptiert sind, kann der Rummel und das Gedränge für einen jungen Hund eine nützliche Erfahrung sein: Mit der Unterstützung seiner Bezugsperson lernt der Hund, sich mehrere Stunden lang friedlich in einem Gedränge von fremden Menschen und Artgenossen zu bewegen, sich von allen möglichen Leuten anfassen zu lassen und sich im Messerestaurant ruhig zu verhalten. Für nicht ambitionierte Hundebesitzende ist die Bewertung des Hundes durch einen Richter Nebensache: Denn sie nehmen am Abend denselben Hund mit nach Hause, den sie tagsüber durch die Messehalle geführt haben: den schönsten und besten!