Wenn ein Hund an der «Wasserrute» leidet, steht die Schwanzbasis häufig horizontal vom Körper ab, während der Rest wie ein «Hammelschwanz» (ein anderer Name für die Erkrankung) schlaff herunterhängt. Manchmal baumelt auch der gesamte Schwanz. Das sieht seltsam aus und tut weh – so sehr, dass sich betroffene Hunde oft nur noch in Schonhaltung, mit gekipptem Becken hinsetzen, nicht mehr mit dem Schwanz wedeln, sich insgesamt ungerne bewegen und nur zögerlich Kot und Urin absetzen. Auf Berührung reagieren sie ausweichend bis aggressiv. Typischerweise trifft die Krankheit grössere Arbeitshunde wie Retriever, Pointer oder Setter.

Was genau dabei im Körper der Hunde passiert, ist noch nicht abschliessend geklärt. «Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Ursache für die Krankheit ein Muskelschaden ist, der mit der Zeit wieder heilt», sagt Carys Pugh von der schottischen Edinburgh University. Im Rahmen des britischen «Dogslife Project» untersuchte die Wissenschaftlerin in den Jahren von 2010 bis 2015 mögliche Krankheitsauslöser bei Labrador Retrievern. 

Bislang vermuteten Wissenschaftler, dass die Wasserrute ausschliesslich nach dem Schwimmen entsteht. Eine These, die Pugh und ihre Kollegen widerlegen konnten: Schwimmen wurde zwar als Risikofaktor bestätigt, aber ein Viertel der in der Studie berücksichtigten Hunde war vor Krankheitsausbruch gar nicht im Wasser.  

Kälte begünstigt Syndrom
Auffällig war aber, dass Hunde im Norden des Landes anfälliger zu sein schienen als im Süden. Die Tiermediziner vermuten, dass sich dieses Phänomen mit den niedrigeren Temperaturen im Norden erklären lässt. Immerhin wird das Syndrom im Englischen auch als «cold tail» (kalter Schwanz) bezeichnet. «Aus Schweizer Sicht wäre ich sehr interessiert, ob auch in höheren Lagen gehaltene Hunde anfälliger für die Krankheit sind», sagt Pugh, die zudem auch mögliche genetische Risikofaktoren in Zukunft gerne näher untersuchen würde. Die Studie zeigte nämlich, dass erkrankte Labrador Retriever häufiger miteinander verwandt waren als nicht erkrankte Artgenossen. Eines Tages, so die Hoffnung der Wissenschaftler, könnte es vielleicht sogar möglich werden, die schmerzhafte Krankheit durch gezielte Zucht zu verhindern. 

Bis dahin kann man vorbeugen, indem man seinen Hund an Land und im Wasser körperlich nicht überfordert. Bei übereifrigen Kandidaten kann das auch mal bedeuten, dass man ihnen eine Zwangspause verordnen muss. Nach dem Schwimmen, besonders bei nasskaltem Wetter, sollte das Fell sorgfältig abgetrocknet werden und der Hund möglichst schnell ins Warme kommen. 

Falls es doch passiert, sollte man den Patienten schonen. Wärme, zum Beispiel Rotlicht oder warme Packungen am Schwanzansatz, lindert die Schmerzen. In den meisten Fällen verschwindet die Wasserrute in einem Zeitraum von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen von selber, der Besuch beim Tierarzt ist aber dennoch sinnvoll. Der kann andere mögliche Ursachen für die abnorme Schwanzhaltung ausschliessen und den Heilungsprozess mit entzündungshemmenden Medikamenten, Schmerzmitteln und eventuell auch Physiotherapie unterstützen.