An einem Sonntag im Februar begann Quest zu husten. Ein leichter, trockener Husten sei es gewesen, sagt Mirjam Dold, die Hundehalterin. Rasch verschlimmerte sich der Zustand des Sheltierüden. «Er bekam Atemnot, hatte den Fang leicht geöffnet und blickte mit den Augen gen Himmel.» Bis zu diesem Tag war Quest gesund gewesen – scheinbar. Die Tierärzte vermuteten zunächst eine Lungenentzündung. Doch dann stellte sich heraus: Schuld an Quests Erkrankung waren Lungenwürmer. «Ich hatte schon mal davon gehört», sagt Dold, die seit ihrer Kindheit mit Hunden vertraut ist und als Hundetrainerin in Zürich arbeitet. «Aber was das für den Hund bedeutet, wusste ich nicht.»

In Mitteleuropa gibt es vier Arten von Lungen-Herzwürmern, zwei davon treten häufiger auf: Angiostrongylus vasorum und Crenosoma vulpis (siehe Box). Etwa drei Prozent der Hunde in der Schweiz haben Antikörper gegen A. vasorum im Blut, sie hatten also schon einmal Kontakt mit dem Erreger. Die Wurmlarven dieses Parasiten wandern in die Lunge und verursachen eine Lungenentzündung. Das beeinträchtigt die Atmung. 

Lungenwürmer

Angiostrongylus vasorum ist etwa 2,5 Zentimeter lang, lebt in der Lungenarterie oder im rechten Herzvorhof von Hunden und Füchsen und legt dort Eier. Diese entwickeln sich in der Lunge zu Larven, die der Hund hochhustet, schluckt und mit dem Kot aus-scheidet. In Schnecken entwickeln sich die Larven weiter. Zurück in den Hund gelangen sie, wenn Hunde etwa  an Grashalmen klebende Schnecken fressen oder in Kontakt mit verendeten Schnecken kommen. Die Larven dringen in die Darmwand ein und finden über Blut- oder Lymphbahnen in die Lungenarterien oder das Herz. Crenosoma vulpis durchläuft einen ähnlichen Kreislauf. Die adulten Parasiten leben aber nicht in den Lungenarterien, sondern in Bronchien und Luftröhre.

Quest bekam sofort ein Medikament gegen diese Würmer und verbrachte die Nacht in der Sauerstoffbox in der Tierklinik. Trotzdem hing sein Leben wenige Stunden später am seidenen Faden. «Etwa 70 Prozent der betroffenen Hunde leiden an Husten und Atemnot. Belastungsschwäche und Blutungsstörungen können folgen», sagt Manuela Schnyder, Professorin am Institut für Parasitologie der Vetsuisse Fakultät in Zürich und Spezialistin für Lungenwürmer.

Verstopfte Arterien
Zwei Tage nach dem notfallmässigen Spitaleintritt drohten bei Quest durch die mittlerweile abgestorbenen Würmer die Lungenarterien zu verstopfen. «Dann wäre er erstickt», erinnert sich Dold und dabei stockt ihre Stimme. 

Die Alternativen seien gewesen: Die Wirkung der Medikamente abwarten und riskieren, dass ihr Hund womöglich erstickt. Oder sein Blut mit einem Medikament verdünnen, damit es die Würmer so vielleicht aus den Lungenarterien spült, und riskieren, dass es zu einer lebensbedrohlichen Blutung kommt. «Das war für mich wie die Wahl zwischen Pest und Cholera», sagt Dold.

Sie entschied sich für keines von beidem. Als sie ihren nach Luft ringenden Hund sah, beschloss Dold, ihn zu erlösen. «Quest war ein Kämpfer. Aber er war an der Grenze seiner Kraft.» Später erzählte sie mehreren, ebenfalls erfahrenen Hundetrainer-Kollegen von dem dramatischen Verlauf. Das Erstaunen sei gross gewesen. «Keinem war bewusst, wie gefährlich Lungenwürmer sein können.»

Ähnliches stellt auch Manuela Schnyder immer wieder fest. Täuschen können insbesondere die atypischen Symptome, die diese Würmer bei rund 15 bis 20 Prozent der Patienten verursachen: Blutergüsse oder sogar innere Blutungen. «Bei solchen Anzeichen sollte man unbedingt an Angiostrongylus vasorum denken», sagt Schnyder. Wie es zu den Blutungen kommt, ist unklar. Vermutlich würden diese Lungenwürmer eine Substanz produzieren, welche die Blutgerinnung herabsetze.

Schnelltest bei Verdacht
Selten kann die Erkrankung Epilepsie-ähnliche Anfälle, Depression, Bewegungsstörungen oder Lähmungen verursachen, wenn es zur Gehirnblutung kommt oder wenn Lungenwürmer sich ins Hirn verirren. «Der Befall mit Angiostrongylus vasorum kann sich sehr unterschiedlich äussern, von beschwerdefrei bis zu tödlich. Wie gefährlich die Würmer sind, hängt unter anderem davon ab, wann die Erkrankung erkannt wird», sagt Schnyder. «Die Infektion lässt sich nicht hundertprozentig verhindern. Wichtig ist daher eine frühzeitige Diagnose.»

Sie empfiehlt, Hunde, die einem hohen Risiko ausgesetzt sind, in regelmässigen
Abständen auf Lungenwürmer zu testen. Bei einem Verdacht kann in der Praxis ein Blut-Schnelltest erste Hinweise liefern. Aussagekräftig ist auch die Untersuchung von Kotproben von drei aufeinanderfolgenden Tagen, denn die Wurmlarven werden nicht gleichmässig im Kot ausgeschieden.

Alternativ gibt es weitere Bluttests, die am Institut für Parasitologie des Tierspitals
Zürich entwickelt wurden und nach winzigen Spuren der Würmer oder nach Antikörpern gegen sie suchen. Sie kosten rund 30 Franken (ohne Blutabnahme).

Noch sicherer als Wurmtests sei es, den Hund regelmässig zu entwurmen, sagt
Manuela Schnyder. Zu den Risikokandidaten für Lungenwürmer gehören vor allem Hunde, die sich alles Mögliche einverleiben, insbesondere junge. «Bei solchen ‹Staubsaugerhunden›», sagt Schnyder, «würde ich zum monatlichen Entwurmen raten.»