Was früher GABI (Gibt er Antwort? Atmet er? Blutet er? Ist der Puls normal?) für den Menschen, ist TAPS für die Tiere. T steht für Temperatur, A für Atmung, P für Puls, und das S steht für Schleimhäute. Diese vier Körperfunktionen und -teile gilt es bei einem Notfall als Erstes zu überprüfen. Habe ein Hund zum Beispiel ganz helles Zahnfleisch, so könne das ein Anzeichen einer Vergiftung sein, sagt Veterinärin Julie Schwechler den Kursteilnehmerinnen (zahlreich) und -teilnehmern (eher untervertreten) in Balzers FL. Es geht in erster Linie um das Erkennen von Krankheitssymptomen und um das Einschätzen der Lage. «Gerade bei Vergiftungen muss man schnell handeln, bevor sich das Gift im Tierkörper ausgebreitet hat», sagt Schwechler. Man müsse schnellstmöglich einen Tierarzt kontaktieren, ihm die Symptome schildern und ihn notfalls auch umgehend aufsuchen. Kohletabletten, die sie bei Vergiftungserscheinungen als Akutmassnahme empfiehlt, würden nicht die Konsultation eines Veterinärs ersetzen. 

Weiter weist die NetAP-Ärztin darauf hin, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Nicht jedes Tier reagiere gleich auf einen Giftstoff oder auf ein Medikament. Auch bestünden Unterschiede zwischen Hunden und Katzen. Was für einen Hund heilend wirkt, kann für eine Katze giftig sein. Diese seien allerdings weniger gefährdet, auf einen Giftköder hereinzufallen, erklärt Schwechler. «Katzen sind viel intelligenter – und vorsichtiger. Sie fressen langsamer und verfügen über bessere Geschmacksnerven.» Hingegen seien Katzen schwieriger zu behandeln. «Aufgepasst, die sind raffiniert! Man denkt, sie haben das Medikament geschluckt, und dann, kaum hat man sie im Katzenkörbli abgesetzt, spucken sie es wieder aus», erzählt die Veterinärin. 

Leika, die Traumpatientin
«Eine Katze packt man am besten im Nacken», rät sie. Um zu vermeiden, dass man Kratzer und Bisse abbekommt. Und da die Kursleiterin das Verbandsmateriel am Tier und nicht an den eigenen Händen anwenden möchte, wurde für den praktischen Teil des Kurses eine Flatcoated-Hündin aufgeboten. Leika zeigt sich in der Tat als dankbare Patientin. Etwas aufgeregt, aber durchaus erfreut über die grosse Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wird, lässt sie sich von Schwechler geduldig die Lefzen hochziehen, den Mund zubinden und sich auf die Seite legen, um den Puls am Bauch – genauer an der Innenseite des Hinterlaufs – zu fühlen. Die Tierärztin fordert die Teilnehmenden auf, zu Hause mit dem eigenen Hund zu üben, damit man in einer Notfallsituation rasch und gekonnt handeln könne. 

Nothelferkurse für Tiere
Nothelferkurse für Haustiere gibt es auch in der Schweiz – wenn auch erst wenige. Zum Kurs in Balzers lud der liechtensteinische Tierschutzverein Pfötler in Zusammenarbeit mit der Tierschutzorganisation Network for Animal Protection (NetAP). Aufgrund des grossen Andrangs ist für 2018 bereits ein nächster Nothelferkurs geplant. Die Kurs-kosten betragen 65 Franken. Die Einnahmen kommen einem NetAP-Projekt zu, das sich für die Kastration wild lebender Katzen und Hunde einsetzt.
www.netap.ch

Danach geht es ums Anlegen eines Verbandes, wie es die Ärztin an Leikas Fuss demonstriert. «Er darf weder zu satt noch zu locker sitzen», sagt sie. Wichtig sei es ausserdem, die Zehenzwischenräume mit Watte zu polstern. Sie wickelt zudem Watte um den ganzen Fuss, bevor sie ihn mit einem selbst haftenden Elast umwickelt. Leika humpelt nun mit dem Verband herum, zeigt sich aber immer noch als sehr gutmütiges und geduldiges Opfer. 

Erst am Schluss, als die Veterinärin noch das Abtasten der Analdrüsen vorführen will, wird es Leika doch zu bunt. Ihren Hintern will sie nun wirklich nicht (auch noch) hinhalten. Kursleitung wie Teilnehmende nehmens mit Humor und Nachsicht. Schliesslich konnte Julie Schwechler die wichtigen Dinge an der gutmütigen Leika vorführen. «Sie ist die Traumpatientin eines jeden Veterinärs.» In der Praxis würden Behandlungen selten so unkompliziert vonstattengehen.