Egal ob Stubentiger oder Freigänger: Ihre Natur können Katzen nicht leugnen. Die eine jagt Fliegen in der Wohnung, die andere Mäuse im Wald. Was die beiden nach ihren Raubzügen in ihren Futternäpfen vorfinden, hat mit dem, was die Natur ihnen bieten würde, aber meist wenig zu tun. Mehr noch: Was im Napf von so mancher Katze landet, läuft ihrer Natur geradezu zuwider. 

Dieser Überzeugung ist zumindest Jennifer-Joanne Schmid. Die Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen aus Pratteln BL beschäftigt sich seit sieben Jahren mit der Frage, was die Vierbeiner im Napf brauchen. Trockenfutter, so ihr Fazit, gehört nicht dazu. Der Grund liegt in der Herkunft der Hauskatze. Sie stammt von der afrikanischen Wüstenkatze ab, deren Physiologie darauf ausgelegt ist, Feuchtigkeit über die Beute aufzunehmen, da sie von Natur aus nicht viel trinkt. «Daher macht es nur Sinn, ihr Nahrung anzubieten, die bereits circa 80 Prozent Feuchtigkeit enthält», sagt Schmid. 

Menü 1: Geflügel-Seelachs
Für ein Geflügel-Seelachs-Menü mischt man folgende Bestandteile zusammen:

200g Hühnermägen | 175g Trutenbrust | 175g Seelachs | 150g Hühnerkarkassen (geschnitten) | 115g Hühnerherzen | 100g Hühnerfett | 50g Karotten/Zucchini (geraspelt) | 35g Hühnerleber | 35g Grünlippmuschel (gefriergetrocknet) | ½ TL Lebertran (Tocopherol konserviert) | ½ TL Lachsöl (Tocopherol konserviert) | 1 EL Bierhefe

Von diesem Menü reicht man der Katze
je nach Gewicht täglich 100 bis 150 Gramm. Für eine Katze mit einem Körpergewicht zwischen 3 und 5 Kilogramm reicht die Mischung für sieben bis zehn Tage.

Futter aus dem Ozean 
Trockenfutter hingegen entziehe der Katze Feuchtigkeit. «Das führt im Alter häufig zu Blasen- und Nierenproblemen – das ist eine der häufigsten Todesursachen bei Katzen.» Doch auch industrielles Nassfutter könne mit seinen naturfremden Inhaltsstoffen wie Kohlenhydraten, Konservierungsstoffen und Geschmacksverstärkern zu gesundheitlichen Problemen wie Diabetes, Bauchspeicheldrüsenproblemen oder auch Allergien führen. 

Schmid setzt deshalb bei der Ernährung ihrer Katzen auf Barf, die Abkürzung für «biologisch artgerechte Rohfütterung». Die Fütterungsmethode orientiert sich an der natürlichen Beute der Katze, wie beispielsweise der Maus. Abgesehen vom Fell der Maus, das durch Ballaststoffe ersetzt wird, kommt bei einem Barf-Menü all das in den Napf, was die Katze beim Fressen einer Maus ebenfalls verspeisen würde: Fleisch, Fett, Knochen, Innereien und der Mageninhalt. 

Menü 2: Muschel-Rind
Für ein Muschel-Rind-Menü mischt man folgende Bestandteile zusammen:

500g Rindfleisch | 125g Miesmuscheln (gekocht beziehungsweise gelöst aus Schale) | 125g Jakobsmuscheln | 60g Rinderfett | 50g Rindermilz | 50g Rinderniere | 35g Rinderleber | 30g Süssmandeln (gemahlen) | 20g Flohsamen (gewässert) | 2,5 EL Bierhefe | 1 TL Knochenmehl (mit einem höheren Calcium- als Phosphorwert) | 1 TL Lachsöl (Tocopherol konserviert) | 1 Prise Seealgen.

Von diesem Menü reicht man der Katze
je nach Gewicht täglich 100 bis 150 Gramm. Für eine Katze mit einem Körpergewicht zwischen 3 und 5 Kilogramm reicht die Mischung für sieben bis zehn Tage.

Dafür werden keine ganzen Mäuse oder Vögel verfüttert, sondern die Inhaltsstoffe analog derjenigen einer Maus oder eines Vogels nachempfunden. Ein ausgewogenes Barf-Menü (siehe Kästen) besteht aus 50 Prozent Muskelfleisch, 15 bis 30 Prozent Fett, 15 Prozent fleischigen Knochen, 15 Prozent Innereien und 5 Prozent Ballaststoffen. «Wichtig ist, dass genügend Taurin enthalten ist, da Katzen den Stoff nicht in genügender Menge selber bilden können, ihn aber für die Produktion von Gallensäure zur Fettverdauung brauchen», erklärt Schmid. Dafür kann man entweder taurinreiches Fleisch wählen wie dunkles Trutenfleisch von den Schenkeln und Herzmuskeln, oder man verfüttert Miesmuscheln, Meerestiere oder Grünlippmuschelpulver. 

Ausserdem setzt Schmid auf natürliche Nahrungsergänzungsmittel. Sie nennt einige Beispiele, wie man gewisse Nährstoffe abdecken könnte: Bierhefe und Sonnenblumenkerne bringen die nötigen Spurenelemente. Jodreicher Fisch oder Seealgen sorgen für die nötige Jodversorgung. Weizenkeimöl oder Geflügelmägen beinhalten Vitamin E, in Lebertran, Lachs, Thunfisch oder Hering holt sich die Katze Vitamin D, und Lachs oder Lachsöl sorgen für ausreichend Omega-3-Fettsäuren. 

Wer denke, das Einkaufen sei kompliziert, der irre, sagt Schmid. Die tierischen Bestandteile der einzelnen Menüs bekomme man in Tierbedarfsläden, bei Metzgern, in Barfshops oder teilweise sogar in Lebensmittelläden, wie zum Beispiel Geflügelmägen im Tiefkühlregal der Migros. Ebenso verhält es sich mit Ballaststoffen und den Nahrungsergänzungen: Sie findet man in Lebensmittelläden, Apotheken oder Drogerien. «Auch online gibt es mittlerweile entsprechend gut ausgestattete Shops», fügt Schmid an. Um insbesondere die tierischen Bestandteile haltbar zu machen, braucht es jedoch genügend Platz im Gefrierfach. 

Abwechslung ist das A und O
Dass das «Barfen», wie die Fütterungsmethode auch genannt wird, aufwendiger ist als einfach eine Dose zu öffnen, liegt auf der Hand. Besonders kompliziert ist es jedoch nicht, wie Schmid sagt. «Entweder man übernimmt die Verantwortung für seine Katze und beschäftigt sich näher mit dem Thema, oder man holt sich Unterstützung bei einer Ernährungsberaterin.» Wem die Zusammenstellung des Futters zu aufwendig sei, könne auch auf ausgewogene Barf-Menüs zurückgreifen wie beispielsweise die Katzen-Balance-Wurst von «buon viando», die alle tierischen Bestandteile beinhaltet. «Wichtig ist aber, dass man Abwechslung reinbringt.» Schmid empfiehlt deshalb hin und wieder auch Rind – beispielsweise mit Würsten mit 70 Prozent Rindfleisch und 30 Prozent Rinderherzen –  sowie Lachs und Geflügelmägen zu reichen. Sowieso sei die Abwechslung das A und O, da die Inhaltsstoffe von Nahrungsmitteln teilweise je nach Qualität bis zu 20 Prozent von den Richtwerten abweichen können. Man sollte deshalb immer zwischen zwei hellen Fleischsorten wie Huhn und Fisch und einer roten Fleischsorte wie etwa Rind abwechseln.

Schwieriger als die Zusammenstellung der Inhaltsstoffe sei die Umstellung der Katze auf die Rohfütterung. «Katzen sind Gewohnheitstiere und akzeptieren neues Futter meist nicht auf Anhieb», sagt Schmid. Der einfachste Weg sei deshalb, Katzen schon als Kitten Frischfleisch anzubieten und gar nicht erst mit Fertigfutter anzufangen. 

So gelingt die Umstellung
Ist die Katze nur an Fertigfutter gewöhnt, ist es zunächst wichtig, vom Trockenfutter wegzukommen. Schmid rät, es immer mehr mit Wasser aufzuweichen und nicht mehr tagsüber als Alternative rumstehen zu lassen. «Als Nächstes sollte man ein gutes Nassfutter suchen und das Trockenfutter nach und nach damit ersetzen.» Dann kann immer mehr gekochtes Fleisch hinzugefügt werden, das man immer weniger brät, bis es am Ende roh im Napf landet und akzeptiert wird. In einem nächsten Schritt werden langsam Innereien, Knochen und Nahrungsergänzungen daruntergemischt. Sobald die Katze das Frischfleisch akzeptiert, ist es wichtig, möglichst bald eine Taurinquelle sowie Ballaststoffe hinzuzufügen. 

«Man kann Glück haben und die Katze akzeptiert das neue Futter schnell», sagt Schmid. Dann kann man anfangen, mehr Abwechslung reinzubringen. Vom sogenannten «Teil-Barfen» rät die Expertin ab. Zwar könne ein gutes und natürliches Nassfutter zwischendurch als zusätzliches «Schmankerl» gereicht werden. Der dauerhafte Mix von Barf mit anderem Futter führe jedoch oft zu Verdauungsproblemen. 

Der Aufwand, sagt Schmid, lohne sich. «Die Umstellung auf Barf ist, auch wenn sie etwas länger dauert, auf jeden Fall gesundheitsfördernd.» Auch älteren Katzen könne die Umstellung noch weitere Jahre schenken. Je nach Gesundheitszustand und Akzeptanz der älteren Katzen gestalte sich das manchmal etwas schwierig. Schmid empfiehlt in diesem Fall, mit einem Ernährungsberater Kontakt aufzunehmen. 

Mehr Thema erfahren Sie auf Jennifer-Joanne Schmids Webseite.