Posten Veganerinnen in den sozialen Medien, dass sie ihren Hund oder ihre Katze auf fleischlose Ernährung umgestellt haben, oder wird über neue vegetarische oder vegane Produkte für die Vierbeiner berichtet, quellen die Kommentarspalten über. Die Menschen würden ihre Essgewohnheiten einfach auf das Tier übertragen, schreiben die Gegner, dies sei ungesund und unmoralisch. Die Befürworter entgegnen, es sei ethisch, moralisch und ökologisch, auf alles Tierische zu verzichten.

Lässt man die Moral beiseite und schaut sich die Evolution an, kommen Forscherinnen und Forscher zu einem differenzierteren Befund. Von den weltweit 700 Millionen Hunden würden die meisten nicht von Menschen gefüttert, sondern leben auf der Strasse und fressen Abfälle, schreiben Wissenschaftler aus Kanada, England und Russland in ihrer Studie über die Entwicklung der hündischen Ernährung, die im Sommer im Magazin «Science Advances» erschien und für die Knochenfunde aus archäologischen Stätten in Sibirien analysiert wurden.

Im Zuge der Domestizierung sei der Hund zum Allesfresser geworden. In Eurasien begann dies vor 40 000 Jahren, als sich die Entwicklungslinien von Wolf und Hund abzweigten. In der Folge wurden Hunde immer kleiner. Von etwa 7000 vor Christus stammten die Knochen von 199 Hunden, gemäss denen sie damals durchschnittlich 16 Kilogramm wogen, während Wölfe auf 30 Kilogramm kommen. Kleinere und leichtere Hunde hätten weniger Beisskraft gehabt und keine grossen Beutetiere mehr gejagt, so die Forscher.

Hunde frassen, was der Mensch übrig liess

Aus diesem Grund hätten sie die Nähe der Menschen gesucht und Speiseabfälle gefunden. Die Daten der Isotopenanalyse zeigten, dass Hunde spätestens vor 7400 Jahren eine Abhängigkeit von Menschen entwickelten, schreiben die Forscher. Die Analyse zeigte ausserdem, dass der Lebensraum von Mensch und Hund sich in der Ernährung widerspiegle. Befand er sich an der Meeresküste, fand das Team Hinweise auf überwiegend fischhaltiges Futter. In den Weiten Sibiriens boten die Jäger und Sammler ihren Vierbeinern eine wolfsähnliche Ernährung.

Lebten die Hunde in Gebieten, wo Landwirte Ackerbau betrieben, frassen sie viel Hirse. Die Hunde passten sich dem Nahrungsangebot an und schafften es, Stärke besser zu verdauen. Und dies kann der beste Freund des Menschen bis heute. «Eine ausgewogene vegetarische und vegane Ernährung von Hunden mit hochwertigen Proteinen pflanzlicher Herkunft ist möglich», schreiben die Expertinnen für Ernährung bei Hunden und Katzen in einem Positionspapier der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin (SVK).

Zur Deckung des Bedarfs mit Vitaminen, Mineralstoffen und Bausteinen von Eiweiss beziehungsweise Protein, den essenziellen Aminosäuren, sind jedoch Ergänzungen nötig. Kalzium muss beigegeben werden, da pflanzliche Produkte zu wenig davon enthalten. Phosphor, Eisen, Zink und Kupfer sind darin gemäss SVK-Papier an Phytinsäure gebunden und für Hunde und Katzen schlecht verfügbar. Auch wenn tierische Eiweisse besser sind, gibt es pflanzliche Alternativen, mit denen Hunde die nötigen Aminosäuren erhalten. Am besten ist Sojaeiweiss.

«Die Verfütterung von Soja ist schon bei Nutztieren nicht zuletzt aus ökologischen Gründen problematisch», schreibt die Direktorin des Instituts für Tierernährung und Diätetik der Universität Zürich, Annette Liesegang, in einem Beitrag der «Wiener Tierärztlichen Monatsschrift». Ein absolutes Tabu sei die vegane Fütterung von Welpen und Junghunden. Welpen brauchen hochwertiges Protein für ihr Wachstum, und bei Junghunden können Wachstumsstörungen auftreten, wenn sie nicht genügend Mineralstoffe erhalten.

Veganes Futter macht Katzen krank

Es gibt gesundheitliche Gründe, Allergien etwa, bei denen eine Diät mit viel pflanzlichem Futter angezeigt ist. Aber vegane Ernährung kann zu Mangelerscheinungen führen mit Hautirritationen, Knorpel- und Knochenveränderungen, Blutarmut und Herzprobleme als Folgen. Insgesamt warnt Liesegang vor rein veganen Rationen, da sie die Tiere krank machten: «Sie sind abzulehnen, da sie nicht artgerecht und folglich tierschutzwidrig sind.»

Dies gilt speziell für Katzen, die einen 40 Prozent höheren Proteinbedarf haben als Hunde und wie ihre Vorfahren bis heute reine Fleischfresser sind. Da Fleisch leicht verdaulich ist, haben Katzen im Vergleich zu Pflanzenfressern einen eher kurzen Darm. Seine Länge reicht nicht aus, um komplexe Pflanzenkost zu verwerten. Verdauungsbeschwerden, Hautentzündungen oder Organschäden können die Folgen sein.

Das pflanzliche Futter kann Nieren und Leber überlasten. Es drohen eine Fettleber oder Nierensteine, die zu Leber- respektive Nierenversagen führen können. Erhöht ist das Diabetesrisiko, da pflanzliches Futter viele Kohlenhydrate enthält. Ausserdem fehlen Katzen Enzyme, die für die Verwertung unentbehrlich sind. Sie können die Nährstoffe aus veganem Futter gar nicht aufnehmen. Um ihren Bedarf an Nährstoffen zu decken, benötigen Katzen unbedingt tierische Produkte.

Synthetische Zusätze nötig

So brauchen Katzen speziell essenzielle Aminosäuren wie das Taurin, das in Pflanzen nicht vorkommt. Auch Vitamin A ist einzig in Fleisch, Milch oder Eiern enthalten. Da Katzen gemäss Liesegang Carotinoide nicht in Vitamin A umwandeln können, müssen sie es über ihre Nahrung aufnehmen. Auch essenzielle Fettsäuren wie die Arachidonsäure stellt der Katzenkörper nicht selber her. Sie kommen in tierischen Fetten vor, aber in Pflanzen nur in geringen Mengen. All diese Nährstoffe können synthetisch hergestellt werden. Der Mensch muss die Zutatenliste und Inhaltsstoffe des veganen Katzenfutters genau studieren.

Enthält es die notwendigen Mineralstoffe, Vitamine und Aminosäuren nicht, sind sie extra hinzuzufügen. Da stellt sich den SVK-Expertinnen um Liesegang die Frage nach dem Sinn einer solchen Fütterung, zumal sie kaum mit der ökologischen Ideologie des Veganismus zu vereinbaren sei. Ökologisch und ethisch sinnvoll sei dagegen die Verwertung von Schlachtnebenprodukten wie Innereien als Tierfutter, schreibt Liesegang.

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