A nnemarie M.* aus Reiden im Kanton Luzern hat sich bewusst für eine Norwegische Waldkatze entschieden. «Ich wollte eine Naturrasse, die möglichst gesund ist.» Im Nachhinein klingt dieser Wunsch wie ein schlechter Scherz. 

Bei einer Züchterin aus dem Mittelland fand M. das passende Tier, wie sie erzählt: «Das schwarz-weisse Büsi gefiel mir sofort.» Zwar schien es ihr am Besuchstermin etwas dünn. «Die Züchterin meinte aber, Weibchen seien immer etwas kleiner.» Die 70-jährige Rentnerin verliess sich auf diese Aussage – schliesslich handelte es sich bei der Frau um eine anerkannte Schweizer Züchterin mit 25-jähriger Erfahrung. Zudem stimmte die Chemie zum Tier: «Das Kätzchen schlief sogar auf meinem Arm ein», sagt M. «Ich hatte einfach das Gefühl, es will zu mir.»

Am 6. Januar war es dann so weit. Die Züchterin brachte M. das Büsi. «Dazu reichte sie mir ein Mittel zum Aufbau der Darmflora – es könne sein, dass das Tier wegen des Umzugs Stress bekomme.» Stutzig gemacht habe sie das nicht. «Ich habe der Züchterin vertraut.» Doch schon am nächsten Tag verschlechterte sich der Zustand des Tieres merklich. Es bekam Durchfall und verweigerte am Wochenende drauf auch das Futter. «Am Montag brachte ich das Büsi zum Tierarzt», so die Rentnerin. Dieser steckte umgehend eine Infusion und äusserte den Verdacht auf Darmparasiten. «Zu Hause habe ich die Züchterin umgehend per Mail informiert.» Vier Tag lang musste das inzwischen auf den Namen Hippygschpängschtli getaufte Büsi in der Tierklinik bleiben. 

Mühsamer Parasit

Tritrichomonas foetus ist einer der häufigsten Durchfallerreger bei Katzen. Es handelt sich um einen zitronenförmigen Parasit, der auf Schleimhäuten lebt. Betroffen sind meist junge Tiere. Sie stecken sich direkt beieinander an. Deshalb
tritt die Krankheit gehäuft in Tier-
heimen, Zuchten und Mehrkatzenhaushalten auf. Erkrankte Tiere erkennt man an übel riechenden Durchfällen. Bei manchen bleibt es dabei, andere magern ab und leiden unter heftigen Schmerzen. Die Behandlung ist zuweilen sehr mühselig, gerade in Mehrkatzenhaushalten, wo die Tiere einander immer wieder anstecken können.

Eine Kotuntersuchung zeigte, dass es am Darmparasiten Tritrichomonas litt (siehe Box). Dieser muss mit einem teuren Spezialmedikament behandelt werden, das es nur auf Bestellung gibt. Die kommenden drei Monate waren für M. sehr belastend. Da war zum einen das dauernde Hinterherwischen: «Der Kot war halt auch mal auf dem Teppich oder Sessel verschmiert.» Zum andern das Verabreichen der Medikamente: «Die Kapseln zu geben, war nicht leicht.» Neben dem zusätzlichen Aufwand und der Sorge ums Büsi, stiegen auch die Kosten. Die Behandlung durch den Tierarzt und die Medikamente beliefen sich auf knapp 1500 Franken. Das sind 200 Franken mehr, als die Norwegische Waldkatze kostete. 

Die Katze im Nachhinein angesteckt?
Bei der Züchterin stiess M. mit der Bitte, diese Kosten zu übernehmen, auf taube Ohren. «Sie sagte mir, weder die Infusion noch der Klinikaufenthalt seien nötig gewesen.» Zudem habe sie ihr vorgeworfen, das Kätzchen vielleicht selbst zusätzlich mit einem Virus angesteckt zu haben. M. ist enttäuscht: «Wo liegt denn der Unterschied zwischen vermeintlich seriösen Schweizer Züchtern und dubiosen Händlern aus dem Internet?» 

Beim Helvetischen Katzenverband (FFH), der grössten Organisation in der Schweiz, die sich mit Katzen und deren Zucht befasst, ist der Fall bekannt. Präsident Alfred Wittich sagt: «Wir versuchen, zu vermitteln.» Im Nachhinein sei es aber immer schwierig, den genauen Sachverhalt zu klären. Zudem könne der Verband gegen fehlbare Züchter zwar Sanktionen aussprechen. «Wenn es um Haftungsfragen geht, können wir aber nichts machen.» Hier gilt der jeweilige Kaufvertrag beziehungsweise das allgemeine Kaufrecht. Grundsätzlich ist es so, dass Tiere wie Sachen gehandelt werden. So unschön der rechtliche Begriff in diesem Zusammenhang auch klingt, so gilt: Sind die Tiere «mangelhaft» und wird der Mangel fristgerecht angezeigt, kann man sie zurückgeben.

Kranke Tiere gleich zurückbringen
Dazu rät auch Wittich in solchen Fällen dringend: «Kranke Tiere soll man gar nicht erst annehmen oder sie sofort zurückbringen.» Denn habe man erst einmal mit der Behandlung begonnen, gehe es schnell ins Geld. Danach zu beweisen, wann ein Tier krank wurde und welche Behandlungen tatsächlich nötig waren, sei nicht einfach. Zudem falle es einem mit der Zeit immer schwerer, ein lieb gewonnenes Tier wieder abzugeben.

Zurückgeben möchte auch M. ihr Büsi nicht. «Ich bin einfach nur froh, dass ich es durchgebracht habe.» Inzwischen ist die Züchterin einen Schritt auf M. zugegangen und hat ihr angeboten, 300 Franken für die Medikamente und die Kotuntersuchung zu übernehmen. Für die Rentnerin zwar nur ein Tropfen auf den heissen Stein – aber ein Anfang. 

* Name der Redaktion bekannt.