Kaum hörte Kater Jacko jeweils das Rasseln der Futterbüchse, kam er leichtfüssig die vielen Stufen heruntergerannt und stellte sich freudig-aufgeregt vor den Napf. Seit ein paar Monaten hat sich der Gang der neunjährigen Katze nun aber deutlich verändert: Statt ungestüm überwindet sie die Treppe nur noch zögerlich. Ist die Veränderung normal für eine alte Katze? Und gilt eine Katze mit neun Jahren überhaupt bereits als alt? 

«Ist eine Katze zwischen drei und sechs Jahre alt, ist sie in ihren besten Jahren», schrieben US-Tierärzte 2010 in einer Empfehlung zur Kategorisierung der felinen Lebensabschnitte. Mit sieben bis zehn Jahren gilt sie demnach als reif, mit elf bis 14 Jahren bereits als Senior und ab 15 Jahren als Greis. In den USA, so schätzt die American Veterinary Medical Association, sind über 20 Prozent der als Haustiere gehaltenen Katzen elf Jahre alt oder älter. Für die Schweiz gibt es laut der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin keine solchen Zahlen – die Situation dürfte aber ähnlich aussehen. 

Dünnes Fell und brüchige Krallen
Mit dem Älterwerden zeigt eine Katze viele Veränderungen, sei es in ihrem Verhalten, in ihrer körperlichen Verfassung oder Erscheinung. Dazu gehören beispielsweise verändertes Schlafverhalten, verändertes Verhalten gegenüber Menschen und anderen Haustieren, verringerte Mobilität oder Veränderungen im Pigment der Augen. Zu erkennen, welche dieser Veränderungen als normaler Alterungsprozess eingestuft werden können und welche als krankhaft, ist oft schwierig – und zwar nicht nur für Katzenhalter, sondern offenbar auch für Tierärzte.

Ein Team von Tierärzten aus den USA wollte Abhilfe schaffen und hat im letzten Jahr in einer Spezialausgabe des Fachmagazins «Journal of Feline Medicine and Surgery» zwei umfassende Abhandlungen veröffentlicht, die versuchen, die verschiedenen Veränderungen zu charakterisieren und zu definieren, welche davon zum normalen Alterungsprozess gehören und welche nicht. «Altern ist kein pathologischer Prozess», schreiben die Forscher. Obwohl es oft als solcher fehlgedeutet werde.

Auch wenn laut den Forschern noch mehr Wissen nötig ist, gibt es einige allgemein anerkannte Erkennungszeichnen, die als Orientierungshilfe dienen können. Zum Alterungsprozess bei Katzen gehören demnach weisse Haare im Fell und ein leichtes Ausdünnen des Fells sowie brüchige Krallen – aber keine Auswüchse oder Wunden. Ein leichter Verlust von Muskelmasse gehört zum Altern, hingegen kein übermässiger Gewichtsverlust und auch keine übermässige Gewichtszunahme. Die alte Katze bewegt sich immer noch leichtfüssig, ohne Schmerzen in den Gelenken, sie spielt und springt, obwohl die Sprünge aufgrund der Abnahme an Muskelmasse weniger hoch sein können. Die Verluste von Hör- und Sehvermögen sind nicht so gravierend, dass sie ihr Verhalten nachhaltig beeinflussen. Die Zähne sind nicht brüchig und es gibt keine Blutungen oder Entzündungen in der Mundhöhle. Minimale Änderungen in der Häufigkeit der Toilettengänge und ein wenig Appetitverlust sind noch kein Grund zur Sorge.

«Alte Katzen sind oft geliebte Familienmitglieder, ihre Besitzer wollen ihnen die bestmögliche Fürsorge bieten», halten die US-Forscher fest. Dies gelinge am besten, wenn die Besitzer von alten Büsi mit ihren Tieren alle sechs Monate zum Tierarzt zu einem Check-up gingen. 

«Damit sie besser und länger lebt»
Nicht ganz so weit gehen würde Marie Müller-Klauser, Vizepräsidentin der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin: «In der Schweiz empfehlen wir eine jährliche Kontrolle für Katzen ab neun Jahren.» Dabei sollten das Herz, das Gewicht, das Maul, das Fell und die Ohren untersucht werden, ein Bluttest gibt Auskunft über die Leber-, Nieren- und Schilddrüsenwerte und den Blutzuckerspiegel. «Damit hoffen wir, altersbedingte Krankheiten früh zu erkennen und behandeln zu können, damit die Katze besser und länger lebt», sagt Müller-Klauser. 

Wichtig sei, dass Katzenhalter ihre älteren Tiere gut beobachten. Denn Büsi liessen es sich oft nicht anmerken, wenn sie krank seien oder Schmerzen hätten. Laut Müller-Klauser ziehen sich Katzen, die Schmerzen haben, oft zurück. Schnelleres Atmen und ungewohnte Reaktionen beim Tragen können weitere Indizien sein, ebenso wenn die Katze weniger frisst oder sich weniger bewegt. «Es gibt Krankheiten, die sich sehr schnell entwickeln und es kommt vor, dass Katzenhalter zu spät kommen und wir nichts mehr tun können», sagt Müller-Klauser. Kommen sie aber regelmässig, werden sie von den Tierärzten auch darin «geschult», Beschwerden und Krankheiten frühzeitig zu erkennen. 

Für Kater Jacko steht demnächst sowieso ein Impf-Termin an. Seine Besitzerin will die Untersuchung nun auf den empfohlenen Alters-Check ausweiten.