Die Gesundheit seines vierbeinigen Lieblings liegt jedem Tierhalter am Herzen. Und wer Gesundheit fördern will, landet neben Themen wie Haltung, Beschäftigung und Bewegung schnell bei der Ernährung. Was soll man füttern? Wie viel davon? Was ist gesund? Was schädlich? 

Jeder in der Katzennahrung enthaltene Nährstoff hat seine eigene Aufgabe, und ein Überschuss kann ebenso schädlich sein wie ein Mangel. Die drei Hauptkomponenten der Ernährung sind Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate. Hinzu kommen Mineralien und Vitamine. In allen Produkten, die mit «Alleinfuttermittel» gekennzeichnet sind, sind diese Stoffe für Tiere vom Welpenalter bis zur trächtigen oder säugenden Katze in ausreichender Menge enthalten. Das gilt sowohl für Trocken- als auch für Feuchtfutter. 

Dass ein Nährstoff zu gering dosiert ist, kommt nur gelegentlich aus produktionstechnischen Gründen vor. Dafür ist das Gegenteil zu einem Problem geworden. Vor allem bei den Mineralstoffen wie Kalzium, Phosphor, aber auch Magnesium oder Natrium sind die Hersteller sehr grosszügig mit den Mengen. Immer öfter sind Katzenhalter besorgt: Wenn Testergebnisse das Drei- oder Vierfache der empfohlenen Tagesmenge erreichen, ist das dann nicht ein Grund zur Sorge? Kann Futter am Ende das Tier sogar krank machen?

«Extrem überhöhte Dosierungen»
Mineralien sind anorganische Stoffe, die zwar keine Energie liefern, aber trotzdem überlebenswichtig sind. Man unterteilt sie in Mengenelemente wie Magnesium, Kalzium oder Phosphor und Spurenelemente wie Zink oder Eisen. Jedes Mineral hat spezielle Aufgaben im Körper. So wird Kalzium vor allem im Knochengewebe eingelagert, es spielt aber auch bei der Blutgerinnung eine Rolle und ist wichtig für die Nervenleitung. Magnesium gilt als Gegenspieler von Kalzium und aktiviert alle Reaktionen, bei denen Muskelenergie gebraucht wird. Die im Körper ablaufenden Prozesse sind enorm komplex.

«Wir kennen das Problem mit der extrem überhöhten Dosierung», sagt Christine Iben, Professorin für Tierernährung an der Vetmeduni Wien. «Bei Magnesium oder Natrium sehe ich es nicht ganz so dramatisch, aber vor allem bei Phosphor und Kalzium sind die Mengen oft enorm hoch.» Ob und wie sich das auswirke, werde derzeit intensiv erforscht. Zu viel Magnesium steht im Verdacht, die Bildung von Harnsteinen zu begünstigen, zu viel Kalzium kann einen Mangel an Spurenelementen wie Zink, Eisen oder Kupfer auslösen. Es hat ebenfalls Auswirkungen auf die Bildung von Harnsteinen und vor allem auf die Knochengesundheit. 

Ausgerechnet auf die Niere
Das Hauptaugenmerk der Tierärzte am Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik an der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München liegt aktuell auf dem Phosphor, denn zu viel davon dürfte genau jene Organe zusätzlich belasten, die bei Katzen ohnehin ein Schwachpunkt sind: die Nieren. Etwa 35 Prozent aller Katzen leiden ab dem siebten Lebensjahr unter einer Nierenschwäche, die in der Fachsprache «chronische Niereninsuffizienz» heisst und als CNI abgekürzt wird. Zu viel Phosphor treibt den Krankheitsverlauf voran. Vielleicht ist es sogar die Ursache für das häufige Auftreten von CNI. Eine aktuelle Untersuchung der Münchner Forscher ist im Februar im «Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition» erschienen. 

Unter anderem wurde die Ernährung von 16 Katzen mit chronischer Niereninsuffizienz mit der Ernährung 18 gleichaltriger gesunder Katzen verglichen. Ergebnis: Die Katzen mit CNI hatten vor der Diagnose signifikant höhere Aufnahmen an Phosphor als die gesunden Katzen in der Kontrollgruppe. 

Schon mehrfach wurden Artikel über negative Folgen für die Nierengesundheit durch zu viel Phosphor publiziert. Die Empfehlung des Verbandes der europäischen Tiernahrungsindustrie lautet, dass im Katzenfutter pro 100 Gramm Trockenmasse mindestens 0,59 Gramm Calcium und 0,5 Gramm Phosphor enthalten sein sollen. Der durchschnittliche Bedarf einer Katze liegt bei 160 mg pro Tag. Eine Obergrenze gibt es bisher nicht. «Bis zum 12-Fachen der empfohlenen Phosphormenge haben wir schon in Futtermitteln gefunden», berichtet Britta Dobenecker, Wissenschaftlerin und stellvertretende Leiterin des Lehrstuhls für Tierernährung und Diätetik der LMU München. 

Dabei spielt es keine Rolle, ob Trocken- oder Feuchtfutter getestet wurden. Doch ein überhöhter Wert allein ist nicht ausschlaggebend für die gesundheitlichen Auswirkungen bei den Katzen. Dobenecker: «Entscheidend ist, woher der Phosphor kommt. Stammt er aus natürlichen Quellen wie Knochen, ist die Überdosierung viel weniger problematisch als bei sogenannten anorganischen, zugesetzten Phosphaten.» Das macht es so kompliziert, Höchstgrenzen festzusetzen. 

Endlich Höchstgrenzen festlegen
Nächster Haken: Im Labor lässt sich nicht unterscheiden, welche Phosphoranteile im Futter aus welcher Quelle stammen. Dobenecker: «Da muss man schon die Hersteller fragen, was sie zugesetzt haben. Dass man an diese Informationen aber nicht immer leicht herankommt, kann sich wohl jeder leicht vorstellen.»

Trotz dieser Widrigkeiten laufen die Bemühungen auf Hochtouren, endlich Höchstgrenzen für Phosphor festzulegen. «Obwohl es auch auf die Quelle ankommt, tendieren wir derzeit zu der Aussage, dass man ab einer Erhöhung um das Sechsfache vorsichtig sein muss», so Dobenecker. Eine gewisse Überversorgung sei bei Alleinfutter immer da, um das breite Spektrum des unterschiedlichen Bedarfs möglichst gut abzudecken. Ziel sei aber die Etablierung einer geeigneten Labormethode zur Ermittlung des Gehaltes an kritischen Phosphaten sowie die Absenkung der Gehalte in den Futtermitteln in unkritische Bereiche. Dafür besteht akut ein hoher Bedarf an weiteren Forschungsergebnissen, woran die Gruppe um Dobenecker intensiv arbeitet.

Stellt sich die Frage: Warum nur geben Hersteller so viel Phosphor ins Katzenfutter? Die Gründe dafür sind rein technologische. Phosphate binden unter anderem Wasser, geben dem Katzenfutter eine angenehme Textur und verlängern die Haltbarkeit. Das gilt konsequenterweise auch für Hundefutter, dem ebenfalls zu hohe Phosphatmengen zugesetzt werden. Und weil es zu den Untersuchungen der Veterinäre in München passt, nehmen sie auch gleich Fertigprodukte für Menschen unter die Lupe. Dobenecker: «Auch da schaut es erschreckenderweise nicht anders aus – von Fertigpizza bis hin zu anderen Convenience-Produkten.» Mit bislang unklaren Auswirkungen auch auf die menschliche Nierengesundheit.