Eine grosse Weide kommt dem natürlichen Lebensraum des Pferdes am nächsten. Das haben auch viele Pferdehalter erkannt. Sie gönnen ihren Vierbeinern zwischen Frühling und Herbst viel Zeit auf der Weide. Dabei müssen sie nicht vor jedem Sonnstrahl, jedem kühlen Lüftchen oder Regentropfen geschützt werden, denn das Pferd verfügt über eine ausgezeichnete Thermoregulation. Sein Organismus kommt sowohl mit hohen als auch tiefen Temperaturen gut zurecht, braucht aber immer wieder Kilmareize, um diese Eigenschaft zu trainieren und das Immunsystem zu stärken.

Werden Pferde allerdings dauerhaft im Freien gehalten, ohne zwischendurch in einen Stall gebracht zu werden, brauchen sie einen Schutz vor Insekten und ungemütlichen Wetterlagen. Die permanente Weidehaltung, die besonders in der Aufzucht von Jungtieren und auf Altersweiden beliebt ist, bedeutet nämlich nicht, dass die Pferde einfach auf der Wiese parkiert werden. Ältere Pferde sowie Fohlen kühlen schneller aus als Pferde mit reichlich Körperfett. Deshalb stellt auch eine naturnahe Haltungsform hohe Anforderungen an die Versorgung und Überwachung der Tiere.

In seiner «Fachinformation Tierschutz» schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): «Equiden, die dauerhaft im Freien gehalten werden, dürfen nicht einfach sich selbst überlassen werden, weil sie nicht weiterziehen können, wenn das Futter knapp oder die Witterungsbedingungen ungünstig werden.» Auf den zweiten Punkt geht das BLV noch konkreter ein und bezieht sich auf Artikel 36 der Tierschutzverordnung: «Pferde dürfen nicht über längere Zeit extremer Witterung schutzlos ausgesetzt sein.» Als extreme Witterung definiert das BLV Wetterperioden, die sich entweder durch Hitze und starke Sonneneinstrahlung oder Kälte in Verbindung mit Nässe und Wind auszeichnen. 

Sonnensegel oder Weidehütte?
«Werden Tiere unter solchen Bedingungen nicht eingestallt, so muss ein geeigneter natürlicher oder künstlicher Schutz zur Verfügung stehen, der allen Tieren gleichzeitig Platz und Schutz bietet. Es muss ein ausreichend trockener Liegeplatz vorhanden sein», heisst es im Tierschutzgesetz weiter. Und Pferde müssen sich auch vor Insekten zurückziehen können. Um dies zu gewährleisten, nimmt das Gesetz den Pferdebesitzer oder -halter in die Pflicht: «Ist im Sömmerungsgebiet bei extremer Witterung kein geeigneter Schutz vorhanden, so ist durch geeignete Massnahmen sicherzustellen, dass dem Ruhe- und Schutzbedarf der Tiere entsprochen wird.» 

Was unter einem geeigneten Schutz zu verstehen ist, hängt von diversen Faktoren ab: dem Gelände, auf dem die Weide liegt, der Grösse der Herde und ob sich die Pferde nur im Sommer oder ganzjährig auf der Weide aufhalten. Auf den typischen Wytweiden des Jura, dem Mosaik aus Weideflächen, kleinen Wäldchen und Baumgruppen, sind die im Sommer halbwild lebenden Herden Freibergerpferde gut vor der Witterung geschützt.

Werden Pferde auf Weiden ohne schützende Bäume, Sträucher, Hecken, Waldrandlage und Felsvorsprünge gehalten, muss ein Unterstand bereitgestellt werden. Für eine kleine Anzahl Pferde kann bereits ein Sonnensegel, ein mobiles Weidezelt oder ein einfacher Unterstand ohne Seitenwände ausreichend sein, vor allem, wenn die Möglichkeit besteht, die Pferde zeitweilig aufzustallen, zum Beispiel über Nacht oder während eines schweren Gewitters. 

Sind die Pferde das ganze Jahr bei Wind und Wetter draussen, dann steigen die Anforderungen an die Schutzvorrichtung. Sie muss so solide gebaut sein, dass sie starken Winden oder drückenden Schneelasten widersteht. Und sie muss gross genug sein, damit sämtliche Pferde darin gleichzeitig Schutz finden, sich aber auch niederlegen können. Die Zugangsöffnungen müssen ausreichend gross sein, damit ranghohe Tiere nicht den Eingang versperren können. Gleichzeitig sollten die Liegeplätz trocken bleiben und mit Stroh eingestreut werden, damit die Pferde beim Liegen nicht frieren. 

Eine ausreichende Belüftung verhindert, dass die Pferde ammoniakhaltige Luft einatmen oder im Sommer zu sehr schwitzen. In Bezug auf die Mindestabmessungen stellt der Gesetzgeber für einen Unterstand, in dem nicht gefüttert wird, die gleichen Bedingungen wie für einen Gruppenauslaufstall. Haben die Vierbeiner zum Beispiel ein Stockmass zwischen 148 und 162 Zentimeter, muss die Mindestraumhöhe 2,30 Meter betragen und pro Tier eine Fläche von mindestens sechs Quadratmetern zur Verfügung stehen. Die Gesamtfläche der Weidehütte entspricht somit der Summe der Mindestfläche für jedes Pferd oder Pony und die Raumhöhe richtet sich nach dem grössten Tier in der Gruppe.

Die Böden im und um den Unterstand müssen so beschaffen sein, dass sie die Gesundheit der Pferde nicht beeinträchtigen. Sie dürfen also weder zu morastig noch zu stark mit Kot und Harn versetzt sein, weil sonst schmerzhafte Infektionen im Huf- und Fesselbereich entstehen können. Wenn sich eine grosse Anzahl von Pferden häufig im Bereich des Witterungsschutzes aufhält, muss der Boden entsprechend befestigt werden.

Tierschutz kollidiert mit Raumplanung
Die Unterstände, Weidezelte oder Hütten können permanent errichtet oder mobil sein, man kann sie selber bauen, im Handel erwerben oder durch einen spezialisierten Stallbauer errichten lassen. Doch bevor gekauft, gebaut oder aufgestellt wird, muss man Kontakt mit der Bauverwaltung der Gemeinde, in der die Weide liegt, aufnehmen. Denn bereits einfache Unterstände gelten als Bauten und müssen bewilligt werden. Eine Genehmigung erhalten in der Regel nur Pferdehalter, deren Betrieb den Status eines landwirtschaftlichen Gewerbes hat. 

Das revidierte Raumplanungsgesetz, das 2014 in Kraft getreten ist, sah zwar einige Lockerungen in Bezug auf die Pferdehaltung in der Landwirtschaftszone vor, diese betreffen jedoch keine Infrastrukturbauten für die hobbymässige Pferdehaltung oder für Betriebe unter der Gewerbegrenze. Das trifft in der Schweiz allerdings auf einen Grossteil der Ställe zu, denen es de facto also nicht erlaubt ist einen Unterstand oder eine Weidehütte aufzustellen. Sie müssen damit auf eine permanente Weidehaltung verzichten. 

Aus Sicht des Tierschutzes ist das ganz klar ein Verlust, da diese natürliche Haltungsform für einige Pferde ideal ist. In der Praxis scheint es zumindest für die mobilen Unterstände und Weidezelte je nach Kanton und Gemeinde einen gewissen Ermessensspielraum zu geben, weshalb sich ein Nachfragen bei den zuständigen Behörden mit Hinweis auf das Pferdewohl unbedingt lohnt.