Eigentlich war ein langer Ausritt geplant. Doch dann kommt wieder irgendetwas dazwischen. Aus dem langen Ausritt, wird – wenn überhaupt – noch eine hastige Runde durch den Wald, geprägt vom schlechten Gewissen: gegenüber dem Pferd und gegenüber allen anderen Verpflichtungen, denen man an diesem Tag wieder nicht gerecht geworden ist. 

Das geht offenbar vielen Pferdebesitzern so: Eine repräsentative Umfrage in der Schweiz hat ergeben, dass Pferde im Durchschnitt nur während rund 4 ½ Stunden pro Woche unter dem Sattel geritten oder vor den Wagen eingespannt werden. Diese Studie ist zwar schon fast 15 Jahre alt, und vor allem in Bezug auf die Haltung hat sich seither einiges geändert: Immer mehr Pferde leben in Offen- oder Freilaufställen und können sich tagsüber auch selber beschäftigen. Die Dauer des täglichen Umgangs mit Pferden dürfte sich seither jedoch nicht wesentlich erhöht haben. 

Die Bedürfnisse des modernen Menschen in einer weitgehend technisierten Welt haben sich stark verändert – die des Pferdes sind hingegen die gleichen geblieben. Für das Lauftier Pferd ist genügend Bewegung und damit Abwechslung und Beschäftigung lebenswichtig – es leidet körperlich und psychisch, wenn es sich nicht ausreichend bewegen kann oder bewegt wird. Verantwortungsvolle Pferdebesitzer sind sich dessen bewusst und finden deshalb auch Mittel und Wege, damit es dem Vierbeiner an nichts mangelt. Auf der Strecke bleiben sie dann meist selber, sie sind überlastet, gestresst, haben keine Zeit mehr für sich selber – und das Reiten wird vom heiss geliebten, entspannenden Hobby zu einer Belastung. 

Bevor es so weit kommt, muss die Notbremse gezogen und gehandelt werden. Das Zauberwort heisst «Zeitmanagement», also die Nutzung der zur Verfügung stehenden Zeit so weit zu optimieren, damit am Ende genügend davon übrig bleibt, für sich selber – und fürs Pferd. Ein effizientes Zeitmanagement hilft, die richtigen Prioritäten zu setzen und unwichtige «Zeitfresser» zu eliminieren.

Zeitmanagement beginnt mit einer sehr persönlichen und ehrlichen Bestandsaufnahme in den Lebensbereichen Arbeit, Familie / Privatleben und Pferd. Am besten listet man dazu einmal einen Tag lang oder noch besser eine ganze Woche lang, sämtliche Tätigkeiten und Aufgaben auf. Wer das mit minutengenauen Angaben macht, gewinnt wichtige Erkenntnisse darüber, wo die Stunden geblieben sind und wieso am Ende des Tages die Zeit fehlt, sein Hobby Reiten in Ruhe geniessen zu können.

Lernen zu delegieren 
Die erfassten Tätigkeiten werden nun nach den Kriterien Bedeutung und Dringlichkeit sortiert. Das geht zum Beispiel nach der sogenannten Eisenhower-Methode. Sämtliche Aufgaben werden in vier Kategorien eingeteilt: «wichtig», «dringend», «wichtig, aber nicht dringend» sowie «nicht wichtig und nicht dringend».

Die angenehmste dieser Gruppen ist die letzte: Tätigkeiten, die zwar schon ewig auf der «To-do-Liste» stehen, aber weder dringend noch wichtig und damit überflüssig sind. Im Lebensbereich «Pferd» fällt darunter etwa das Backen von Leckerli, das Suchen einer Schabracke, die zur Sommerreithose passt oder das Malen eines Namensschildes für die Boxentür. Diese Aufgaben kann man an freien Tagen oder in den Ferien erledigen.  

In der Kategorie «wichtig, aber nicht dringend» geht es um eine möglichst gute Planung: Der Hufschmied wird in den nächsten Wochen fällig? Also nicht bis zum letzten Augenblick warten, sondern rechtzeitig einen Termin vereinbaren, der in den Tagesablauf passt und sich im Idealfall mit etwas anderem kombinieren lässt.

Die wichtigen und dringenden Tätigkeiten sind im Beruf und im privaten Umfeld diejenigen, um die man sich sofort und selber kümmern muss. In Bezug auf das Pferd sind das die Grundbedürfnisse des Vierbeiners, wie Futter, Wasser, ein sauberer Stall, Pflege, regelmässiger Auslauf und Bewegung. Sie müssen täglich gewährleistet sein. Schafft man das nicht selber, muss man lernen zu delegieren. Wer sein Pferd selber versorgt hat und nun einer neuen, zeitintensiven Arbeit nachgeht, sollte sich überlegen, das Pferd in einen Pensionsstall zu geben, in dem seine Grundversorgung und auch der Weidegang gewährleistet sind. 

Zeitdiebe erkennen und ausschalten
Das Gleiche gilt für das Bewegen des Pferdes: Wer dafür nicht jeden Tag Zeit hat, muss sich Hilfe holen, beispielsweise eine zuverlässige Reitbeteiligung, die sich an vereinbarten Tagen um das Ross kümmert und einem selbst – ohne schlechtes Gewissen dem Pferd gegenüber – Luft für andere Tätigkeiten verschafft. Das tun auch Dienstleister wie «Pferdesitter», die von Stall zu Stall fahren und gegen Bezahlung das Bewegen des Pferdes übernehmen. Wer täglich mehrfach in den Stall fährt, um das Pferd auf die Weide zu bringen oder es ein- oder abzudecken, sollte überlegen, ob er diese Aufgaben gegen ein Taschengeld an ein Stallmädchen delegiert oder sich mit anderen Pferdebesitzern zusammenschliesst, unter denen die Aufgaben verteilt werden.  

Hat man durch das Setzen von Prioritäten und das Umverteilen der Alltagsaufgaben mehr Zeit für sich und für das Pferd gewonnen, gilt es diese nun zu verteidigen. Am besten geht das mit einem detaillierten Tagesplan oder einer «To-do-Liste», auf der alle anstehenden Aufgaben und Termine notiert werden – inklusive ein paar kleiner Zeitpolster für Unvorhergesehenes. Ein verblüffend simpler Trick ist übrigens auch das Erstellen einer «Not-to-do-Liste», auf der alle Dinge festgehalten werden, mit denen man am jeweiligen Tag keine Zeit verplempern will. Etwa das ständige Checken sozialer Netzwerke oder das Festquatschen auf der Stallgasse. Sind die heimlichen Zeitdiebe erst einmal erkannt, lassen sie sich leichter ausschalten.