Brieftaubenähnliche Rassetauben kennt man schon sehr lange. Sie waren sogar darart angesehen, dass sie eine eigene Gruppe in der Preisrichter-Ausbildung darstellten. Darin waren Rassen wie Genuine Homer, Show Homer und Exhibition Homer.  Sie alle hatten Brieftauben als ihre Ahnen und haben sich im Lauf der Zeit zu echten «Edelrassen» entwickelt.

Die meisten stammen aus England, also dem Mutterland der Tierzucht. Aber auch in anderen Ländern haben die Züchter ihre Brieftaubenvariante erschaffen. In Belgien den Show Antwerp und in Deutschland die Deutsche Schautaube – die unangefochtene Nummer eins. Mit dieser Rassenvielfalt waren die Züchter lange Zeit zufrieden. Von weiteren Brieftauben-Rassetauben wusste man so gut wie nichts. Die Show Racer und Giant Homer aus den Vereinigten Staaten kann man deshalb schon zu den alteingesessenen Rassen zählen.

In letzter Zeit hat sich ein Wettbewerb um die Züchtung neuer Rassen entwickelt
In den vergangenen Jahren kam nun Bewegung in die Sache. Eine Tatsache, die dem allgemeinen Trend nach neuen Rassen entspricht. So kamen Lütticher Barbet und die Niederländischen Schönheitsbrieftauben zu Standardehren. Aber damit noch nicht genug: Die Polnischen Ausstellungsbrieftauben haben diese Hürde ebenfalls genommen und die Ungarischen Schautauben stehen vor der Tür. Alle drei haben besondere Rassenmerkmale, die sie innerhalb der Gruppe einzigartig erscheinen lassen: Ein Jabot bei den «Lüttichern», Farben mit dem Eisfaktor bei den «Polnischen» und eine kurze Fussbefiederung bei den «Ungarn». Damit scheint sich bei den brieftaubenähnlichen Rassetauben ein richtiger Wettbewerb um die Züchter zu entwickeln. Auffallend ist hierbei, dass die Niederländischen Schönheitsbrieftauben auf dem besten Weg sind, diesen Wettbewerb zu gewinnen.

Dabei werden sehr viele Züchter die Rassenentwicklung aufmerksam verfolgen – gerade jene, die sie nicht züchten. Das scheint nur auf den ersten Blick etwas verwunderlich. Besonders informierte Züchter erkennen nämlich in den Niederländischen Schönheitsbrieftauben grosse Ähnlichkeiten zu den Deutschen Schautauben aus der Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, ehe sich deren Rassenmerkmale in vollere Köpfe entwickelt haben. Damals hiessen auch sie noch Schönheitsbrieftauben, sodass selbst im Namen eine Annäherung zu erkennen ist. Man darf also gespannt sein, wie sich die «Niederländer» entwickeln werden. Sie deshalb mit Vorurteilen zu überschütten, wäre unfair. Jede Rasse hat eine ehrliche Chance verdient. Die Züchterzahlen steigen stetig, was eindeutig für die Rasse spricht.

Die Niederländischen Schönheitsbrieftauben haben sich von allen genannten Rassen das Brieftaubenerbe am ehesten erhalten, und zwar nicht nur im Aussehen, sondern auch im Verhalten. Sie gehören zu den Rassen, die keinerlei Schwierigkeiten bei der Aufzucht ihrer Jungtiere haben. Zudem zeichnen sie eine sehr geregelte Eiablage und grosse Vitalität aus. Diese Unkompliziertheit macht sie gerade für Anfänger in der Taubenzucht ideal. Aber aufgepasst: Wer denkt, dass Niederländische Schönheitsbrieftauben deshalb einfach zu züchten sind, irrt. Natürlich braucht man sich um aussergewöhnliche Gefiederstrukturen keine Gedanken zu machen und die Vielzahl der Jungtiere pro Paar lässt schnelle Fortschritte in den Rassenmerkmalen erreichen. Anfänglich war die Rasse noch recht grob. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Sie haben sich zu einer sehr edlen Rassetaube entwickelt.

«Niederländer» kommen Brieftauben vom Aussehen und Verhalten her am nächsten
Als äusserst typische brieftaubenähnliche Rasse liegt sie auch zweifelsfrei in deren Grös-senrahmen, was als mittelgross bezeichnet wird. Dazu kommt die nötige Festheit im Körper, die zu fordern ist. Ein fester Brustmuskel darf es schon sein. Überhaupt muss die Brustwölbung deutlich vor dem Flügelbug liegen. In Brieftaubenmanier müssen die Flügel unbedingt fest anliegen und den Rücken absolut abdecken. Alles was hier auch nur im Geringsten Schwächen zeigt, muss deutlich zurückgestuft werden. Widerstrebt dies doch sehr stark dem Anspruch, der zu fordern ist. Die Schwingen dürfen nicht zu lang sein, was auch für das Schwanzgefieder gilt. Wird das erfüllt, stimmt in der Regel auch das Verhältnis von Schwingen- und Schwanzfederlänge.

Die Körperhaltung muss waagerecht sein, was Auswirkungen auf die Rücken- und Schwanzlinie hat. Nur ganz leicht abfallend im Rücken und in Verlängerung das Schwanzgefieder wünscht man sich dies rassengerecht. Häufig sieht man Tauben, welche die Hinterpartie deutlich anziehen, was man auf keinen Fall dulden sollte. Füsse und Läufe sind unbefiedert, wobei die Schenkel deutlich sichtbar sein müssen. Im Vergleich zur Deutschen Schautaube ist der Stand aber nicht so frei.

Kräftig aus der Schulterpartie kommt der Hals, der sich zum Kopf hin deutlich verjüngen muss. Bei allem Wunsch nach Verjüngung darf die Halslinie aber nicht substanzlos werden. Das würde den Rassentyp nachhaltig stören, und zwar genauso wie es durch eine volle Kehle geschieht. Hier muss man genau beobachten und die Zucht entsprechend ausrichten.

Bei allen brieftaubenähnlichen Taubenrassen werden besondere Merkmale gefordert. Hier machen auch die Niederländischen Schönheitsbrieftauben keine Ausnahme. Für viele Züchter und auch Preisrichter war es zu Beginn gar nicht so einfach, sich die geforderten Merkmale einzuprägen. Dazu kommt auch bei dieser Rasse ein zum Teil ganz unterschiedlicher Zuchtstand, zwischen den einzelnen Farbenschlägen. Das heisst, dass man sich etwas «hineindenken» muss, will man die «Niederländer» richtig taxieren.

Das Kopfprofil sollte verschliffen und die Schnabelwarzen herzförmig sein
Zuerst schaut man sich das Kopfprofil von der Seite an, und zwar am besten, ohne die Taube in der Hand zu halten. Die Folge wäre nämlich, dass das Gefieder sehr stark angezogen wird, was die Konturen negativ beeinträchtigt. Die Bogenlinie muss von der Schnabelspitze ohne Unterbrechung bis hin zum Hinterkopf verlaufen. Der höchste Punkt ist idealerweise direkt über dem Auge. Aufpassen muss man, dass der Hinterkopf weder zu stark ausgebaut erscheint noch zu schnell abflacht. Hier haben einige «Niederländer» ihre Tücken. Sehr rassisch wirkt der Kopf, wenn er waagerecht getragen wird.

Betrachtet man von oben den Kopf, fällt einem der keilförmige Vorkopf ins Auge. Eine gute Keilfülle wird unbedingt angestrebt. Das bedeutet, dass der Keil seitlich nach dem Schnabelwinkel nicht eingebuchtet sein darf. Dieses als Kniff bezeichnete Merkmal ist ebenso verwerflich wie der Druck. Damit meint man die Unterbrechung der Bogenlinie nach den Warzen – also im Seitenprofil.

Ein spezieller Blick wird bei den Niederländischen Schönheitsbrieftauben auf den Schnabel und die Warzenform gelegt. Nicht zu lang sollte der Schnabel sein, da dann etwas von der gewünschten Substanz verlorengeht. Die Schnabelwarzen sollen im Idealfall eine Herzform zeigen. Das wird am besten erreicht, wenn kein Warzensteg zu sehen ist, die beiden Warzenhälften also nicht mehr als Einzelwarze zu erkennen sind. Besonders wichtig ist, dass die Warze schön ins Kopfprofil eingebaut ist, was eine glatte und feine Oberflächenstruktur voraussetzt. Vor allem ältere Tiere haben hier manchmal das Nachsehen. Aus diesem Grund sind Alttiere mit glatten und feinen Warzen besonders begehrt.

In älteren Abhandlungen zu den Homerrassen liest man von den üblichen Brieftaubenfarben. Diese Zeiten sind aber vorbei, da man mit zunehmendem Wissen um die Vererbung auch die Farbenschläge viel genauer bezeichnet. Wer sich dabei in der Farbvererbung auskennt, kann einzelne Farbenschläge zum Leben erwecken, die man sonst kaum zu Gesicht bekommt, aber anerkannt sind. Vor allem die Fahlfarbenschläge ohne Binden gehören dazu, da sie etwas substanzloser sind. Das heisst, dass sie im Körper und dem Kopfprofil feiner erscheinen. Um solche Farbenschläge immer wieder aufzupeppen, hat es sich bewährt, bindige oder auch gehämmerte Vertreter einzukreuzen. Dies gilt auch für die einfarbig Weissen, denen die Gescheckten immer wieder neues Leben einhauchen.

Obwohl an erster Stelle die Figur und die Kopfpunkte stehen, braucht aufgrund der riesigen Zuchtfreude die Farbe und Zeichnung nicht total vernachlässigt zu werden. Ganz im Gegenteil: Der Standard beschreibt die einzelnen Farbenschläge recht detailliert.

Die Schwarzen, Roten und Gelben haben natürlich keine Lackfarbe, müssen aber dennoch möglichst intensiv gefärbt sein. Eben so, wie es im Brieftaubenrahmen möglich ist. Viel häufiger sind die dominant Roten und Gelben und deren Varianten. Besonders beliebt sind die Blaugrundigen. Hier muss intensiv darauf geachtet werden, dass die Rassenmerkmale äusserst typhaft ausgeprägt sind.

Besonders hübsch anzusehen sind die Schimmel, die alle ausnahmslos mit Binden gezüchtet werden. Diese Farbenschläge werden nicht rein gezüchtet, sondern in der Regel immer mit Vollfarbigen verpaart. Also Blauschimmel mit Blau mit schwarzen Binden, Rotfahl-Schimmel mit Rotfahl mit Binden und so weiter. Ein Züchter hat damit die Chance, mehrere Farbenschläge zu züchten und auch Ausstellungen zu bereichern, ohne rassische Einbussen hinnehmen zu müssen.

Die Vielzahl der Farbenschläge sorgt für bunte Kollektionen an Ausstellungen
Die Augenfarbe bei allen Farbenschlägen mit Ausnahme der Weissen ist laut Standard orangerot. Das kann aber so nicht ganz stimmen. Denn was ist mit den gescheckten Farbenschlägen? Es handelt sich um Fleckenschecken, deren Farb- zum Weissanteil bei etwa 50 zu 50 liegen soll. Haben sie weisses Kopfgefieder, ist mit Sicherheit auch deren Auge dunkel. Bei farbigem Kopfgefieder ist es dann orangerot. Hier sollte man sich doch am Standard der Deutschen Schautauben orientieren, wo alles genau geregelt ist. Schliesslich geschieht dies auch im Hinblick auf die zu tolerierende Grenze der Farbanteile, die bei 70 zu 30 liegt. Bei Fleckenschecken kann es sich aber immer nur um eine subjektive Einschätzung handeln. Klar ist aber, dass ein paar weisse Federn keinen Schecken machen.

Die ungeheure Vielzahl der Farbenschläge zieht nach sich, dass die Kollektionen bei den Ausstellungen zuweilen recht «bunt» aussehen. Das gilt auch für den Zuchtschlag, da sich viele Farbenschläge einfach ideal kombinieren lassen. Niederländische Schönheitsbrieftauben sind also nicht nur eine Rasse für denjenigen, der Brieftaubenabkömmlinge bevorzugt, sondern auch für denjenigen, der gerne mit Farbenschlägen experimentiert.

Farbenschläge en masse
Einfarbig in Weiss, Schwarz, Dun, Gelb, Rot, Blau ohne Binden, Blau mit schwarzen Binden, Blaugehämmert, Blau-Dunkelgehämmert, Blaufahl ohne Binden, Blaufahl mit dunklen Binden, Blaufahl-Gehämmert, Blaufahl-Dunkelgehämmert, Dominant Rot und Gelb, Rot- und Gelbfahl ohne oder mit Binden, Rotfahl- und Gelbfahl-Gehämmert, Rotfahl- und Gelbfahl-Dunkelgehämmert.
Diese Farbenschläge mit Ausnahme der Weissen gibt es auch in Gescheckt. Die Schimmelfarbigen werden in Blau mit schwarzen Binden, Blaufahl mit dunklen Binden sowie in Rotfahl und Gelbfahl mit Binden gezüchtet. Auf dem Anmeldebogen sind diese Farbenschläge einfach als «Blauschimmel» oder «Rotfahlschimmel» zu benennen.
Insgesamt sind es 49 anerkannte Farbenschläge.
Der zuständige Deutsche Sonderverein hat eine interessante Website, auf der sehr viele Farbenschläge abgebildet sind und die immer aktuell geführt wird.

[IMG 2-3]