Vermutlich begann die Meerschweinchenhaltung in der Schweiz mit dem Naturforscher und Arzt Konrad Gessner, der von 1516 bis 1565 in Zürich lebte. Er unterhielt viele Kontakte mit Gelehrten in Europa und erhielt darum aus Augsburg zwei Meerschweinchen, die er in Zürich hielt und in seiner «Historia Animalium» abbildete und beschrieb. In diesem Werk vereinte er alle damals bekannten Tiere. Meerschweinchen kamen mit der Entdeckung Südamerikas nach Europa. Obwohl diese kleinen Nager eine lange Geschichte in Menschenhand haben, ist erst seit etwa drei Jahrzehnten klar, wie sie gehalten werden sollten. Noch vor 30 Jahren war es üblich, Meerschweinchen einzeln zu halten. Heute ist das gesetzlich verboten, denn es handelt sich um soziale Tiere, die in Gruppenverbänden leben. Darum sollten sie mindestens zu zweit in grossen Gehegen gehalten werden.

Eine Wohnung auf vier Etagen ist für die meisten Menschen beschwerlich, für Meerschweinchen aber interessant und abwechslungsreich. So wie beim Präsidenten der Standardkommission der Interessengemeinschaft Meerschweinchen, Markus Durrer. Er betreibt in Ebikon LU eine vierstöckige, ideale Meerschweinchenhaltung mit unterschiedlichen Gehegen.

Die Abteile sind mit Glas versehen, was Durrer ungehinderte Beobachtungsmöglichkeiten bietet. Die direkte Kontaktnahme ist dank teilweiser Vergitterung möglich. Durch das Gitter, das seitlich und an der Front angebracht ist, findet der Luftaustausch statt. Jeder Stock kann mit den anderen verbunden werden. Ein solches Haltungssystem erlaubt die Haltung einer Gruppe auf beispielsweise zwei Stöcken und eine getrennte Haltung von zwei Paaren auf je einem Boden. Meerschweinchen als Fluchttiere fühlen sich in den nach oben hin geschützten Abteilen wohl. Trotzdem bietet Durrer noch zusätzliche Unterschlupfmöglichkeiten im Gehege mit Rindenröhren und Holzhäuschen.

«Sie kehren immer wieder zurück»
Priska Küng, Präsidentin der IG Meerschweinchen Schweiz, sagt, dass Meerschweinchen in kleinem Stil durchaus in der Wohnung gezüchtet werden können. Sie weist aber darauf hin, dass Reinigungsarbeiten gerade in Wohnungen mühsam sein können. In Markus Durrers Garten hat es viel Platz und beispielhafte Anlagen. In rund drei Quadratmeter grossen Drahtgehegen am Boden, an die ein Schutzhaus angrenzt, ?leben jeweils Paare. Das Land ist steil, und die Gehege sind auch an Böschungen aufgestellt, was für die ursprünglichen Andenbewohner kein Problem darstellt. Manche Gehege liegen unten allerdings nicht ganz auf. Da besteht doch Ausbruchgefahr!

Durrer beruhigt: «Tatsächlich unternehmen die Meerschweinchen Ausflüge ausserhalb ihres Geheges. Doch sie kehren immer wieder dorthin zurück.» Dieses Verhalten zeigt, dass ein richtig gehaltenes Tier nicht gefangen ist, sondern Besitzer eines Territoriums, in dem es sich wohlfühlt und das ihm Sicherheit vermittelt. Meerschweinchen, die sich so verausgaben können, würden oft nicht acht Jahre alt, sondern stürben früher, sagt Durrer und fügt an, dass sie wohl eine kürzere Lebensspanne, aber eine bessere Lebensqualität gehabt hätten.

Zuoberst in Durrers Garten steht eine grosse Meerschweinchenanlage. Das Haus mit angrenzender Voliere bietet den kleinen Nagern alles, was sie benötigen. Sie finden zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten, können unterschiedliche Höhen erklimmen und sich zurückziehen. Im unteren Teil des Aussengeheges befindet sich eine kleine Türe. Verschmitzt sagt Durrer: «Ich will sie künftig öffnen und den Meerschweinchen Auslauf gewähren, natürlich nur unter Aufsicht.» Dass sie immer wieder zurückkommen, ist für ihn sicher. Dieses Verhalten zeigt, wie intelligent die kleinen Kerlchen sind.

Vom Schutzhaus ins Aussengehege führt ein Holztunnel. Die Meerschweinchen hatten zuerst eine Rampe zur Verfügung, die sie aber nicht benutzten, wohl, weil sie sich darauf nicht so sicher fühlten. Darum ist es wichtig, ihnen viele Tunnel als Verbindungsstücke zu gewähren.

Vorsicht vor der Vermehrung
Durrers Meerschweinchenvoliere ist genug gross, dass darin auch Vögel gehalten werden könnten. Tatsächlich ist gemäss Priska Küng diese Haltungsform möglich – wenn täglich geputzt wird. Empfehlen möchte die Fachfrau diese Haltungsform allerdings nicht. Sie weist auf das Problem des Vogelkots hin, der auf die Meerschweinchen fällt. Sie habe die Beobachtung gemacht, dass Meerschweinchen, die in Vogelvolieren leben, oft anfälliger auf Milbenbefall seien.

Natürlich können nur gleichgeschlechtliche Meerschweinchen in der Gruppe gehalten werden oder aber Weibchen mit kastrierten Männchen. Markus Durrer rät davon ab, ein Männchen zusammen mit verschiedenen Weibchen zu halten. «Die Tiere vermehren sich unkontrolliert», sagt er.

Diese Erfahrung hat die Meerschweinchenhalterin und Züchterin Karin Rickli aus Walliswil bei Wangen BE gemacht. Sie hielt Meerschweinchen in einer grossen Voliere. Plötzlich vermehrten sich die kleinen Nager, da junge Männchen dabei waren. Zum Glück hatte Rickli sehr viel Platz und konnte all ihre Tiere behalten. Die erfahrene Meerschweinchenzüchterin Priska Küng sagt: «Ab einem Gewicht von 300 Gramm können Männchen schon zeugungsfähig sein.» Es ist darum wichtig, junge Männchen früh zu kastrieren. Tierärzte könnten diesen operativen Eingriff ab einem Gewicht von 250 Gramm vornehmen, sagt Küng. Bei einer Frühkastration unter einem Gewicht von 250 Gramm würden die Hoden mit einem Schnitt im Bauchraum herausgeholt.

Bei der gezielten Zucht wird auf das Aussehen der Meerschweinchen geachtet. Markus Durrer erklärt, dass die Rosettenmeerschweinchen acht lustige Haarrosetten haben müssen und dass die Farben im Fell gut verteilt in gleichen Verhältnissen vorkommen sollten. Ein Rosettenmeerschweinchen Durrers belegte an der Meerschweinchen-Tisch-Schau in Landshut vom 8. und 9. Oktober den ersten Rang. «Ich züchte nur, wenn ich auch verantwortungsvolle Abnehmer für die Tiere habe», sagt er. Bevor eine Meerschweinchen-Mutter Junge wirft, setzt er sie wieder zurück in die Gruppe. «Andere Meerschweinchen helfen bei der Aufzucht», sagt Durrer, der seine Tiere immer wieder fasziniert beobachtet.

Hinweise auf Anlässe und Ausstellungen

Ernährung von Meerschweinchen
Meerschweinchen dürfen nicht gleich wie Kaninchen ernährt werden. Während Kaninchen Vitamin C selber produzieren, sind Meerschweinchen darauf angewiesen, dieses Vitamin durch die Nahrung aufzunehmen. Markus Durrer reicht seinen Schützlingen darum ein spezielles Meerschweinchenfutter, das er mit getrocknetem Gemüse anreichert. Zudem füttert er seinen Meerschweinchen viel Gurken, Peperoni, übriges Gemüse und Gras. Frisches Wasser und gutes Heu stehen ihnen immer zur Verfügung. Gerade Heu sei die Hauptnahrung, betont auch Priska Küng, die Präsidentin der IG Meerschweinchen.