Faszination Chamäleon
Zunehmendes Interesse an Chamäleon-Haltung: Experte Markus Grimm erklärt, was beachtet werden muss
Das Interesse an Chamäleons als Terrarientiere nimmt wieder zu, stellt Markus Grimm fest, der seit 16 Jahren Schulungen zum nötigen Sachkundeausweis für Chamäleons durchführt. Der Experte warnt vor einem leichtfertigen Kauf und betont, wie wichtig es ist, genau auf die Bedürfnisse des Einzeltiers einzugehen.
Eine blitzschnelle Zunge, zwei sich unabhängig voneinander bewegende Augen und eine wechselnde Farbe als Stimmungsanzeige: Dies sind nur drei von vielen faszinierenden Eigenschaften, die Chamäleons ausmachen.
Über 230 Arten des jahrmillionenalten Reptils sind bekannt. Sie bewohnen den ganzen afrikanischen Kontinent inklusive der Insel Madagaskar, kommen aber auch auf der arabischen Halbinsel, in Indien, Sri Lanka, im Mittelmeerraum und mittlerweile sogar in den US-Bundesstaaten Hawaii und Florida vor. Auf Hawaii und der spanischen Insel Gran Canaria werden sie inzwischen bekämpft, da sie schädlich für die einheimische Fauna sind.
Auch die private Haltung des Reptils stösst auf zunehmendes Interesse, weiss Chamäleon-Experte Markus Grimm. «Das Interesse an Terrarientieren generell, nicht nur an Chamäleons, nimmt wieder zu», sagt der Berner.
In Togo hat Grimm vor 35 Jahren sein erstes Chamäleon gefunden – eine Begegnung, die sein Leben nachhaltig prägte. Jahrelang hielt und züchtete er verschiedene Arten, darunter auch das Europäische oder Gewöhnliche Chamäleon (Chamaeleo chamaeleon). Die Erstnachzucht des Seychellen-Tigerchamäleons (Archaius tigris) brachte ihm 2004 den Alfred A. Schmidt-Preis für herausragende Zuchterfolge ein.
Heute hält Grimm zwar keine Chamäleons mehr, gibt sein Wissen aber an Interessierte weiter: So gibt er unter anderem Schulungen zum Sachkundenachweis Chamäleon. Dieser eintägige Kurs ist vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) anerkannt und seit 2008 Voraussetzung, um eine entsprechende Wildtierhaltebewilligung durch das kantonale Veterinäramt zu erhalten, die für eine Chamäleonhaltung als Terrarientier notwendig ist.
Wussten Sie schon? Die Zunge von Chamäleons schiesst in unter 0,07 Sekunden auf Beute – schneller als ein Wimpernschlag.
Steigendes Interesse
Während das Interesse an seinen Kursen vor und während der Corona-Pandemie eher stagnierte, habe es seit 2024 wieder zugenommen, erzählt Markus Grimm. «Ende März führte ich einen Kurs durch, an dem ganze 18 Leute teilgenommen haben – so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr!»
Für die Haltung von Chamäleons würden sich unterschiedlichste Menschen interessieren, sagt der gelernte Chemielaborant. «2023 gab ich eine Schulung, an der sogar ein Zwölfjähriger mit seiner Mutter teilgenommen hat.» Denn mündig muss man sein, um eine Wildtierhaltebewilligung zu erhalten.
Aus gutem Grund: «Vom Gesetzgeber wird das Chamäleon als «schwierig zu haltendes Tier» bezeichnet», erklärt der Experte. Damit sei er aber nicht hundertprozentig einverstanden. «Wie schwierig ein Tier zu halten ist, hängt davon ab, wie fest man auf die Bedürfnisse des Tieres eingeht.»
Oft werde auch gesagt, dass das Chamäleon kein Anfängertier sei. «Mit dieser Aussage bin ich nicht einverstanden, da für jeden Halter das erste Chamäleon ein Anfängertier ist», so Grimm. «Wie schwierig ein Tier zu halten ist, hängt von seinen Ansprüchen ab. Je komplexer diese sind, desto anspruchsvoller ist die Haltung.»
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Um einem Chamäleon ein ideales Terrarium zu bieten, ist viel Wissen notwendig. «Jede Art erfordert andere klimatische Bedingungen», betont der Berner. «Eines aus der Namib-Wüste benötigt zum Beispiel eine Nachtabkühlung auf fast 0 Grad.» Europäische Chamäleons haben wiederum ganz andere Voraussetzungen und führen eine Winterruhe.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Beleuchtung für das Reptil. Als Tetrachromaten haben Chamäleons vier verschiedene Photorezeptoren. Das heisst: «Sie sehen vierfarbig. Die vierte Farbe ist die UVA-Strahlung, die wir Menschen nicht sehen können.» Sonnenlichtähnliche Leuchtmittel sind für das optimale Farbsehen eines Chamäleons erforderlich. «Nur so wissen wir, ob das Tier alles richtig sehen kann.»
Der dritte Punkt, der bei der Haltung von Chamäleons wichtig ist, sei ihr Verhalten und ihre Stressanfälligkeit, betont der Experte. Schon die bewegten Bilder eines laufenden Fernsehers seien nicht optimal für das Reptil. «In der Natur können sie sich vor uns und Feinden verstecken. Die gleiche Möglichkeit muss man ihnen zwingend auch im Terrarium bieten.»
Dazu kommt ihre innerartliche Aggressivität: «Die meisten Chamäleons müssen einzeln gehalten werden. Hält man zwei zusammen, die sich nicht vertragen, kann es gut sein, dass eines nach einigen Tagen tot am Boden liegt.»
Augen auf beim Chamäleon-Kauf
Es gibt also viele Faktoren, die bei der Chamäleon-Haltung beachtet werden müssen. Dies habe an seinen Schulungen bereits dazu geführt, dass sich Teilnehmende noch während des Kurses gegen ein Chamäleon entschieden haben, erzählt Markus Grimm.
Wer aber den Sachkundeausweis in der Tasche hat, kann jederzeit eine Wildtierhaltebewilligung beantragen. Diese ist für den Kauf eines Chamäleons zwingend notwendig.
Doch wo erwirbt man die Reptilien eigentlich? Im Zoofachhandel und an Reptilienbörsen werden keine Chamäleons zum Verkauf angeboten, erklärt Grimm. Inserate in Verkaufsportalen seien jeweils mit Vorsicht zu geniessen und genau zu überprüfen.
Die beste Adresse sei jene eines seriösen Züchters. «Es ist wichtig, dass man das Tier im Vorfeld besichtigt und Rückschlüsse auf seine Gesundheit ziehen kann.» Dabei lohne es sich auch, seine Elterntiere anzuschauen. Und, unbedingt notwendig: «Bei einem Kauf in der Schweiz muss der Käufer einen Herkunftsnachweis dazu erhalten. Auch, wenn es aus dem Ausland stammt, braucht es ein entsprechendes CITES-Papier.»
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