Herr Betticher, am Sonntag, 22. Oktober, haben Sie eine Tiersegnung durchgeführt. Was für Tiere waren anwesend?

Vor allem Hunde waren da – 15 der Vierbeiner nahmen an der Messe teil. Ich habe gestaunt, wie ruhig sie sich die ganze Zeit über verhielten. Nur als es gegen das Ende der Messe ging, machte sich einer mit Bellen bemerkbar. Nun wusste ich, es ist die Zeit gekommen, die Messe mit einem «Amen» zu beschliessen. Zur Segnung kamen aber auch Katzen, ein Lama, ein Esel, und ein Kind brachte sogar seine Gottesanbeterinnen mit. Viele Kinder kamen nicht in Begleitung eines echten Tieres, sondern liessen ihre Plüschtiere segnen.

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Wie genau muss man sich eine solche Tiersegnung vorstellen, gehört auch eine Messe dazu?

Die Segnung ist ein Ritual, bei dem ich mit Weihwasser über jedem Tier ein Kreuzzeichen mache. Eine Messe gehört im Prinzip nicht dazu. Ich verbinde diese Benediktion, also die Danksagung an Gott für dieses Tier, jedoch immer gerne mit einer Messe. Das Ritual halten wir jeweils draussen ab. Dieses Jahr hatten wir grosses Wetterglück. Die Tiersegnung findet in der Pfarrei Bruder Klaus einmal jährlich statt. Ich lege jeweils einen Sonntag im Oktober dafür fest. Denn an den Todestag des Heiligen Franziskus von Assisi, des Fürsprechers der Tiere, wird am vierten Oktober erinnert.

Was bedeutet es für die Tiere und ihre Halterinnen, wenn sie den Segen empfangen?

Viele Leute aus dem Quartier kommen aus Tierliebe zur Tiersegnung, auch wenn sie sonst kaum je eine Messe besuchen. Damit die Tiere mit dem Segen Schutz und Gesundheit erhalten. Die Tiere fragen sich jeweils, was genau das soll. Viele schlecken irritiert mit der Zunge, wenn sie das Weihwasser spüren. Der Segen stellt eine Verbindung durch Gott mit dem Tier her.

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Herr Betticher, haben Sie einen besonderen Bezug zu Tieren?

Ich mag Hunde sehr gerne und hatte viele Jahre lang einen Rhodesian-Ridgeback-Rüden. Er war mir ein wundervoller Kollege, der alles verstand. Schön fand ich, dass mir bei den gemeinsamen Spaziergängen die Jahreszeiten viel mehr bewusst wurden und ich damit eine engere Verbindung zur Schöpfung erlebte. Momentan fehlt mir die Zeit für einen Hund. Sobald ich aber pensioniert bin, möchte ich wieder einen vierbeinigen Partner an meiner Seite.

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Finden in vielen Kirchgemeinden Tiersegnungen statt? Wie kann ich mich über Tiersegnungen orientieren?

In Bern sind wir, soweit ich weiss, die einzige Pfarrei, die Tiersegnungen durchführt. Und auch sonst sind Tiersegnungen in der Schweiz noch eher selten. In Italien beispielsweise finden viel mehr Tiersegnungen statt. Man kann sich im Internet informieren, ob in der eigenen Pfarrei dieses Ritual auch abgehalten wird, und sonst kann man gerne dazu anregen. Sorge zu den Tieren zu tragen ist sehr wichtig. Denn das bedeutet gleichzeitig eine Rückbesinnung auf die Natur und sich der Verantwortung gegenüber der Schöpfung bewusst zu werden.


Franz von Assisi (1181 – 1226)
wird in der römisch-katholischen Kirche als Heiliger verehrt und war Begründer des Franziskanerordens. Franz von Assisi lebte in Armut und kümmerte sich um Kranke. Er verbrachte die meiste Zeit in der Natur und hatte einen ganz besonderen Draht zu Tieren. Deshalb ist Assisi der Schutzpatron der Tiere.