Sich genauer mit dem Thema zu befassen, was geschieht, wenn man den eignen Vierbeiner erlösen muss, kann schwierig sein. Dennoch hilft es teilweise genau zu wissen, was vor sich geht. Deshalb fragten wir bei Dr. med. vet. Helene Rohrbach, Leiterin der Pflege an der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern, nach, was passiert, wenn der Liebling eingeschläfert wird.   

Euthanasie erklärt  

Wie Vetsuisse erklärt, wird das Einschläfern in medizinischer Fachsprache Euthanasie genannt. Das Wort kommt aus dem Griechischen (eu: gut thanas: tod) und heisst zusammengefasst «guter Tod». Bei einer Euthanasie wird dem Tier eine Injektion von Medikamenten verabreicht, welche zum Tod führen. Laut Vetsuisse galt dieses Vorgehen lange für das veterinärmedizinische Fachpersonal als die einzig akzeptable Methode, mit welcher das Leben von Hunden und Katzen beendet werden könne. Doch in letzter Zeit finde ein Gesinnungswandel statt – neben der herkömmlichen Euthanasie werden Tiere zunehmend, wie der Mensch, während ihrer letzten Lebensphase begleitet und ihren Bedürfnissen entsprechend betreut. SpezialistInnen für Palliativmedizin begleiten alte und auch schwer kranke Tiere und ihre Familien während der Phase des Sterbens. 

Frau Rohrbach, wann schläfert man ein Tier ein? 

Tiere werden aus unterschiedlichen Gründen euthanasiert. Oft ist ein Tier schwer erkrankt oder verunfallt. Auch eine schlechte Prognose kann ein Grund für eine Euthanasie sein – insbesondere dann, wenn lebenswichtige Funktionen wie die Aufnahme von Nahrung oder auch Kot- und Urinabsatz nicht mehr in gewohnter Art und Weise möglich sind. 

Manchmal müssen Tiere aber auch aufgrund einer schweren, nicht therapierfähigen Verhaltensstörung oder aggressivem Verhalten euthanasiert werden. Schliesslich gibt es Tiere, welche sich in einem akuten Todeskampf befinden und nicht mehr zu retten sind; bei solchen verkürzt eine Euthanasie die Leidensdauer.

Wie funktioniert eine Euthanasie? Und was passiert genau?  

Je nach Tierart unterscheidet sich das medizinische Vorgehen erheblich. Generell erhält ein Tier als Erstes Medikamente, welche es müde machen, so dass es keine Schmerzen oder Angst mehr empfindet. Oft werden danach Medikamente appliziert, welche das Bewusstsein komplett ausschalten, wie dies für einen normalen chirurgischen Eingriff durchgeführt wird. Erst dann erhalten die Tiere eine hohe Dosis eines Medikamentes, welches dazu führt, dass nun das Herz stehen bleibt.  

An der Kleintierklinik der Universität Bern hospitalisierte Hunde und Katzen erhalten normalerweise neben starken Schmerzmitteln ein leichtes Beruhigungsmittel, bevor sie zu ihren BesitzerInnen in ein Sprechzimmer gebracht werden. Dort haben diese Zeit, sich in Ruhe von ihrem Tier zu verabschieden. Der Tierarzt oder die Tierärztin stösst später dazu, um den Hund oder die Katze wie oben beschrieben zu euthanasieren. Der für eine Euthanasie zugelassene Wirkstoff, Pentobarbital, wird normalerweise in den Blutkreislauf, in die Leber oder in die Niere injiziert. Der Tod tritt innert weniger Sekunden ein. 

Bei den allermeisten Hunden und Katzen läuft dieser Vorgang komplikationslos ab. Selten kommt es vor, dass sich ein Tier – trotz eingehaltenen medizinischen Protokolls und korrekter Dosierung – nach der Injektion mit dem zur Euthanasie führenden Wirkstoff nochmals akustisch bemerkbar macht oder stark atmet. Solche Zwischenfälle dauern aber normalerweise nur einige Sekunden.

Bekommen die Tiere etwas davon mit?   

Hunde und Katzen werden vor der eigentlichen Euthanasie mit Beruhigungsmitteln versorgt – bei Bedarf erhalten sie auch starke Schmerzmittel. Wir gehen nicht davon aus, dass Hunde und Katzen verstehen, was mit ihnen geschehen wird. Die starke Verbindung von domestizierten Tieren zu ihren Frauchen oder Herrchen lässt sie jedoch deren Anspannung, Trauer oder Angst spüren.

Haben Tiere Angst vor dem Einschläfern?  

Hunde und Katzen verstehen nicht, was mit ihnen geschehen wird. Insbesondere in einer Praxis oder Klinik können sie jedoch stark auf die ungewohnte Umgebung reagieren. Die Beruhigungs- und Schmerzmittel, welche Hunden und Katzen vor einer Euthanasie verabreicht werden, versetzen diese in einen Dämmerzustand, in welchem sie keine Angst und idealerweise keine Schmerzen verspüren. Da man jedoch nicht beweisen kann, inwiefern Tiere ein Bewusstsein haben, ist es für TierärztInnen wichtig, dass ein Haustier in diesem Moment von seiner Bezugsperson oder seinen Bezugspersonen begleitet wird – auch wenn dies schwierig und traurig ist.

Was kann man als Besitzerin oder Besitzer in diesem Moment tun, um das Tier zu unterstützen?  

Hunde und Katzen sind oft sehr stark an ihre Herrchen und Frauchen gebunden – gerade Hunde hängen vom Menschen als ihr Rudelführer ab. Wir empfehlen daher, Hunde und Katzen bei einer Euthanasie nach Möglichkeit zu begleiten: Sie zu kraulen, zu streicheln und ihnen Ruhe und Sicherheit zu vermitteln. Wir empfehlen zudem wärmstens, ein Tier nach Möglichkeit zu Hause euthanasieren zu lassen, damit der Transport und die fremde Umgebung in einer Praxis oder Klinik es nicht unnötig belasten. In vielen Fällen ist dies leider aber nicht möglich.  

Wie kann man sich und das Tier auf diesen Schritt vorbereiten?  

Ist eine Euthanasie das Resultat langer Abwägungen – was bei sehr alten Patienten oft der Fall ist – so haben die BesitzerInnen Zeit, sich emotional mit diesem Entscheid auseinanderzusetzen. Wird ein Termin zur Euthanasie im Voraus vereinbart, so ist es sicher empfehlenswert, das Tier nicht übermässig zu füttern, da direkt nach Eintritt des Todes oft spontaner Harn- und/oder Kotablass erfolgt. Die Hauptarbeit ist aber emotionaler Natur – das letzte Mal spazieren gehen, das letzte Mal füttern, das letzte Mal streicheln. Wichtig ist, dass man die Trauer zulässt, ihr Raum und Wort gibt, gerade auch im Umgang mit Kindern.  

Was sind die Kosten ungefähr für das Einschläfern?  

Die Kosten sind von der Tierart und Grösse des Tieres abhängig. Bei Hunden und Katzen belaufen sich die Kosten je nach Grösse auf ca. CHF 30-100. Für eine Kremation sind weitere Kosten von CHF 150-350 zu erwarten. 

Wie viel Überzeugung brauchen die Tierhalter, um ihre Lieblinge einzuschläfern?  

TierärztInnen sind verpflichtet, die BesitzerInnen von Patienten mit schlechter Prognose, im Todeskampf oder mit erheblichem Leidensrisiko darüber aufzuklären und ihnen gegebenenfalls eine Euthanasie zu empfehlen. Die Entscheidung über eine Euthanasie obliegt jedoch den BesitzerInnen.  

In seltenen Fällen weigern sich BesitzerInnen, ihr Tier euthanasieren zu lassen, obwohl dieses schwerste Schmerzen leidet oder jeden Moment einen qualvollen Tod erleiden kann. In solchen Fällen sind TierärztInnen verpflichtet, das Kantonale Veterinäramt zu informieren, damit dieses den Fall beurteilt. 

Wie werden TierärztInnen und Tiermedizinische-Praxis-Assistierende in der Ausbildung zu diesem Thema vorbereitet? Wird die emotionale Komponente auch behandelt? 

Angehende TierärztInnen erhalten im Rahmen ihres Studiums die medizinischen wie auch die menschlichen Aspekte vermittelt. Nebst Vorlesungen zu den korrekten Techniken, Wirkstoffen und Dosierungen werden auch Workshops zum Umgang mit trauernden BesitzerInnen angeboten.  

Eine Euthanasie kann auch für etablierte TierärztInnen belastend sein. Seit einiger Zeit existieren diverse Angebote, damit schwierige Erlebnisse mit Fachpersonen besprochen und verarbeitet werden können. Dazu gehören «SOSforVETs» des schweizerischen Fachverbandes der Tierärztinnen und Tierärzte, dass «HappyVetProject» oder auch «Not One More Vet». Auch im Rahmen der eigenen Praxis/Klinik hilft oft der Austausch mit BerufskollegInnen bei der Verarbeitung von schwierigen Situationen.

«Not One More Vet» Diese Organisation setzt sich für die mentale Gesundheit von Veterinärmedizinerinnen und -medizinern ein. Global hat die Berufsgruppe der TierärztInnen die höchste Suizidrate aller Berufsgruppen.